fpg203 – Führung von wissenschaftlichen Mitarbeitern in Unternehmen – Interview mit Rainer Erdmann
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Mit wissenschaftlichem Arbeiten verbinde ich genügend Muße und Zeit zu haben fürs Nachdenken und Ausprobieren. Ein Wissenschaftler an der Universität oder einer anderen akademischen Einrichtung hat üblicherweise diese Freiheit sich um neue Ideen und Theorien zu kümmern oder neue Methoden zu entwickeln und zu testen.
Dabei steht in der Regel nicht eine spätere Produktvermarktung im Vordergrund. Die Motivation dahinter ist vorrangig Erkenntnisgewinn – und das ist auch gut so.
Natürlich können und sollen aus der Forschung auch neue Innovationen für den Markt erwachsen. Aber im normalen Wissenschaftsbetrieb ist – oder zumindest sollte – das nicht der Fokus sein.
Ein Forschungsunternehmen oder ein Unternehmen, das den universitären Forschungsmarkt beschäftigt häufig eine Vielzahl von Mitarbeitern, die aus dem akademischen Umfeld kommen.
Autonomie und Freiraum
In einem Unternehmen ist es nun aber notwendig, profitable Produkte auf den Markt zu bringen. Sonst überlebt das Unternehmen nicht. Es ist ein Balanceakt. Zum Einen darf das Unternehmen die intrinsische Motivation der wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht zerstören. Es sollte ihnen deshalb genügend Autonomie und Freiraum geben.
Auf der andere Seite darf es aber die wirtschaftliche Umsetzung nicht aus dem Auge verlieren. Wie gelingt das?
Rainer Erdmann
Hierzu unterhalte ich mich heute mit Rainer Erdmann. Er ist seit über 20 Jahren geschäftsführender Gesellschafter der Firma PicoQuant in Berlin.
Kennengelernt haben wir uns bei Präsenztreffen der Online-Leadership-Platform und dort haben wir uns auch viel über diese Herausforderung unterhalten.
PicoQuant ist mit seinen 85 Mitarbeitern weltweit führend auf spezialisierten wissenschaftlichen Märkten im Bereich der Photonik.
PicoQuant entwickelt und produziert Laborgeräte für die Forschung im Bereich Photonik.
Die Podcastfolge auf Youtube
Weiterführende Links
- Webseite von PicoQuant
- Bewerbungen an PicoQuant
- Die Online-Leadership-Platform
- Kooperativer Führungsstil
- Umgang mit schwierigen Mitarbeitern
Das inspirierende Zitat
„Lass deinen Leuten Bewegungsfreiheit, aber stell sicher, dass sie wissen, wo die Zaungrenze verläuft. Verwechsle nicht Grenzen mit Zaumzeug.“
Kevin Leman
Das transkribierte Interview mit Rainer Erdmann
Geropp
Rainer, als geschäftsführender Gesellschafter leitest du erfolgreich nunmehr seit 20 Jahren ein wirklich hochspezialisiertes Unternehmen mit über 80 Mitarbeitern. Ein Großteil davon sind Wissenschaftler wie auch Ingenieure.
Was sind da für dich die besonderen Herausforderungen, gerade wenn es um das Thema Motivation und um das Thema Mitarbeiterführung geht?
Erdmann
Ja, Führung ist ja im Bereich Wissenschaft ein Wort, was früher fast nicht vorkam. Das heißt, wir sind gestartet fast in der Garage, jeder kannte sich, da war die Motivation gar kein Thema. Wir waren intrinsisch motiviert, wir wollten Probleme lösen, wir hatten Kontakte zu anderen Wissenschaftlern, die uns einfach die Ideen, die wir hatten, fast aus den Händen gerissen haben. Das war ein Selbstläufer.
Das ändert sich natürlich, wenn man dann etwas größer wird, Strukturen schafft und nicht nur noch Wissenschaftler beschäftigt. Wir haben ganz viele Mitarbeiter direkt am Ende ihres Ausbildungsweges für uns gewinnen können. Sehr viele kommen aus dem universitären Bereich, promoviert, was zwar als Berufserfahrung in gewissem Sinne angesehen wird, aber die haben nie was anderes gesehen als den Elfenbeinturm. Jetzt kommt man ins wahre Leben und wird auch mit Dingen, die kommerziell wichtig sind, konfrontiert. Und das ist schon eine Herausforderung.
Auf der einen Seite auch den Freiraum zu geben, Kreativität walten zu lassen, das ist ganz wichtig für unsere Produkte, wir bewegen uns ja an der Weltspitze in Nischenmärkten, für sehr anspruchsvolle Anwendungen. Auf der anderen Seite aber zu sagen, wenn dein Kunde dafür bezahlt, dann muss das auch zum Termin fertig sein, dann müssen die Anforderungen so sein, wie abgesprochen.
Ja, und das sollte auch lange und gut funktionieren. Und das ist so, an der Uni, ich tüftle ein Leben lang oder lange, nachts mache ich mein Experiment, schreibe ein Paper und dann kommt die nächste Herausforderung. Da geht im Unternehmen die Arbeit erst richtig los. Und das ist schon eine Herausforderung, Leute aus dem akademischen Bereich da heranzuführen.
Geropp
Das heißt, wenn die bei euch anfangen, so direkt von der Uni, ist das erstmal auch wie so ein gewisser Praxisschock für die. Kann man das so sagen?
Erdmann
Ja, gewisser Kulturschock, an der Uni komme ich auch mittags und arbeite nachts, das stört da nicht wirklich, weil viele sind auf sich allein gestellt oder haben keine Arbeitsgruppen. Im Unternehmens, zumindestens, wenn man dann die erste Entwicklungsstufe erfolgreich gemeistert hat, Spezialisten hat, ist Teamarbeit ganz wichtig, ist Kommunikation ganz wichtig.
Und das ist dann auch der erste Aha-Effekt, wenn die sich daran gewöhnt haben, dass es schon um neun das erste Meeting gibt, und man da auch vorbereitet kommt. Wie hilfreich das ist. Wenn ich meine Elektronik nicht selber entwickle und auch nicht selber konstruiere, und im Extremfall an der Fräsbank stehe, was zwar einmal Spaß macht, aber nicht 20 Mal. Ja, Kulturschock, Praxisschock ist eine gute Beschreibung.
Geropp
Wie macht ihr das genau? Also wie bekommst du den Spagat hin, den Mitarbeitern dann auf der einen Seite diese für Freigeister, für Forschung für so die Freiraum und Autonomie einzuräumen, sodass die forschen und Neues ausprobieren können, was ja für die Innovation auch ganz wichtig ist, und auf der anderen Seite aber die, ja, die wirtschaftliche Umsetzung nicht aus dem Auge zu verlieren.
Ich meine, ihr seid ja, du sagtest schon, ein Unternehmen, das muss profitabel am Markt, auch wenn die Kunden Universitäten sind, aber das muss da profitabel agieren müssen. Also, reine, tolle Forschungs- und Entwicklungsergebnisse reichen ja nicht aus. Jetzt, was machst du denn mit einem, der aber das nicht so einsieht? Wie kriegst du das hin?
Erdmann
Spagat ist ein sehr schönes Akronym. Wenn ich jetzt überlege, das sportliche Spagat zu machen, dann fällt mir das ohne Übung schwer, und ich werde es auch nie mehr lernen. In dem mentalen Spagat hoffe ich, dass ich irgendwann mal wirklich gut auf den Boden komme. Aber auch das ist schwer, und ehrlich gesagt, den perfekten Weg haben wir noch nicht gefunden.
Es gibt ja so die zwei Extreme, auf der anderen Seite, alles, wenn es wirtschaftlich bedacht wird, zu sagen, gutes Projektmanagement, gutes Planung ist die Hälfte des Erfolges. Und dann neigt man schnell dazu, wenn man merkt, dass auf der Motivationsseite das eine oder andere verloren geht, vor drei Jahren haben wir uns intensiv mit dem Innovationsprozess beschäftigt, der ist auch wichtig, auch das in der Größe, wir sind nun über 80 Mitarbeiter, in gewissem Sinne zu kanalisieren, weil bei den vielen Mitarbeitern gibt es so viele unterschiedliche Ideen, denen kann man nicht allen nachgehen.
Aber zu sagen, ja, dann habt ihr halt fünf Prozent, zehn Prozent eurer Zeit, Google hatte mal 20 Prozent, macht es auch nicht mehr so, spielt mal, die kann man nicht in den Kalender eintragen. Also, über reine Zeitbudgets geht das nicht. Das ist Kultur, sagen wir jetzt auch wieder, so ein Mindset, zu wissen, bei allen Verplanungen, die nötig sind, wie finden wir die Freiräume, schaffen wir auch eine Umgebung, die halt nicht nach sterilem Labor oder Denkfabrik aussieht, sondern ein bisschen gemütlicher ist. Du bist ja auch als Freigeist oft mal im Café unterwegs oder holst dir Inspiration an anderen Orten. Auch die Möglichkeit, mal an einem anderen Ort zu arbeiten,
Geropp
Das haben eure Leute ja, dass die sagen
Erdmann
Das sind Dinge, die wir jetzt ausprobieren, ja, wir sind hier in Adlershof an einem der Top Ten Forschungscampus der Welt, allerdings sind unsere Rahmenbedingungen, sich mit dem Unternehmen digital mit hoher Bandbreite zu verbinden, waren bis diese Woche eng limitiert. Wir haben jetzt endlich ausreichend Bandbreite, dass auch mehr als drei Mitarbeiter mal von außer Haus arbeiten können. Aber das sind so Dinge, die
Geropp
Die kommen.
Erdmann
Die wir schrittweise ausprobieren. Haben wir sicherlich auch Fehler gemacht, ich denke auch, nicht jeden Mitarbeiter haben wir bisher erreicht, weil es auch Leute gibt, die brauchen Rahmenbedingungen, da muss man sich erstmal aufeinander einstellen.
Geropp
Aber die Möglichkeit, dass ein Mitarbeiter sagt: „Also, ich tüftel da an einer Sache jetzt, ich mache mal einen Tag Homeoffice, um da an der Sache dranzubleiben“, ist das für euch schon möglich?
Erdmann
Das ist jetzt seit einem Jahr ausgerollt, testweise, hat ein paar technische Probleme/ auch bei Mitarbeitergewinnung war das ein Thema, zu sagen, gut, wenn du pendelst, und das war zu Beginn offen ausgesprochen, mal ein Tag zu Hause, dass du erst Montagabends losfährst, das sind Dinge, das geht nicht auf jeder Stelle, das ganze Jahr über, aber es ist wichtig. Gerade so im Bereich Kreativität hilft es schon, wenn man dieses Instrument zur Verfügung hat.
Das sind Dinge, die dann eins zu eins auf Teamebene, auf Bereichsebene mit den Führungskräften abgestimmt werden. Aber ich bin froh, dass wir jetzt die technischen Voraussetzungen haben, und auch eine gewisse interne Zurückhaltung, wie funktioniert das dann mit der Kommunikation, überwinden konnten. Die Menschen sind aufgeschlossen, und es wird zögerlich angenommen.
Geropp
Okay. Jetzt weiß ich aus eigener Erfahrung wie schwierig es, also mir als Ingenieur gefallen ist, meine Fachaufgaben zu delegieren, und mich dann auf die Führungsrolle einzulassen. Ich denke, das ist bei den Leuten, die du hast, bei Wissenschaftlern, überhaupt nicht anders. Führung ist da dann wichtig, aber das Operative ist meistens halt immer dringender.
Und das Problem dann ist halt gerade für uns Techniker oder Wissenschaftler, das Fachliche macht ja auch noch richtig Spaß. Das heißt, wie bekommen deine Führungskräfte, und wie bekommst du, du kommst ja auch aus dem Umfeld, diese Balance hin, zwischen sich wirklich um die Führung zu kümmern auf der einen Seite und das operative Tagesgeschäft und Fachaufgaben auf der anderen Seite, die Balance da hinzukriegen. Welche Tipps hast du da, und wie setzen das deine eigenen Leute um?
Erdmann
Ja, ich glaube, da hast du den Finger in die Wunde gelegt. Wir sind halt organisch gewachsen. Die besten Entwickler, die am meisten vorangebracht haben, sind dann automatisch auch mit Leitungsaufgaben betraut worden, haben angefangen zu organisieren, zu managen, haben dann auch signalisiert: Bis hier und nicht weiter, weil ich Fachkraft möchte gerne als Experte weiter tätig sein. Da spielte das Wort Führung, weil wir haben wirklich gemanagt, müssen wir ganz klar sagen, rückblickend, weil das andere, das Technische, das verlockt.
Ich bin Physiker, inzwischen aber auch aus einem gewissen Zwang wird bei mir jetzt der Abstand am größten, nichtsdestotrotz passiert es bestimmt in fünf Prozent der Fälle, dass ich dann versuche halt noch mal technisch in die Diskussion mit einzusteigen, wo es vielleicht schlau wäre, den Mund zu halten, weil die Experten inzwischen doch fitter sind.
Es ist schwierig, ja, welche Tipps? Mal auf Anregungen von außen hören. Da, in den Netzwerken/ es ist ja nichts, was wir alleine als Problem haben. Wie lösen das andere? Und da war halt, ich glaube es ist jetzt dreieinhalb, vier Jahre her, ist dein Buch mit: „Die Katze ist aus dem Haus, die Mäuse tanzen“, ne, das, so die kleine interne Bibel zum Thema Leadership…
Geropp
Das freut mich.
Erdmann
// hier mal einer anbrachte, so, das klang schon ein bisschen anders, für uns. Aber wir sind dann auch nicht so gestartet: Ab morgen machen wir alles anders. Sondern haben im Bereich der Leitungskräfte diskutiert, und mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Leadership-Plattform, mit den da ja auch verfügbaren Interviews und Lektionen war eine gute Methode da einzusteigen.
Dann haben wir auch mal einen Coach ins Haus geholt, der dann an Praxisbeispielen, das ist, glaube ich, noch mal ganz wichtig, der dann so genau dieses Thema durchspielt, auch als Rollenspiel, wo es einen in den Fingern juckt, als Fachkraft zu agieren, aber es besser wäre, einen Mitarbeiter zu führen, ihn auch einmal in den Fehler, sozusagen, der übersichtlich ist, reinlaufen zu lassen, und nicht immer alles besser zu wissen. Aber das ist ein langwieriger Prozess.
Wie gesagt, regelmäßig einen draufschauen zu lassen, zu glaube, ich mache da zwei Seminare und dann kann ich es, das funktioniert, glaube ich, überhaupt nicht. Und mit Gleichgesinnten austauschen. Die Mastermind-Plattform, die wir da hatten, auch eine gute Idee.
Geropp
Ja, oder die Präsenztreffen, wo man sich auch dann mit anderen trifft, das stimmt, ja. Also, das merke ich halt überall auch so, das ist genau das, was du jetzt auch sagst. A, die Regelmäßigkeit, und nicht zu glauben, das geht von null auf hundert. Man braucht da Zeit, auch die ganze Organisation braucht ja Zeit, um sich darauf einzustellen, wenn man so eine Veränderung vornimmt.
Erdmann
Ja, und dann auch akzeptieren, wir haben dann so einen Führungsleitfaden aufgestellt, den haben wir auch an die Wand gehängt, und dann reicht es schon, wenn sich einer nur mal rumdreht, und so mit dem Finger in die Richtung zeigt, und da steht halt drauf: Fehler passieren. Und das ist bei dem, wenn man so eine Prozessänderung oder eine Änderung in der Herangehensweise angeht, da wird es überall Überschwinger geben, und dann auch Zuhören, und wenn man Glück hat, und man hat gute Mitarbeiter, und die haben wir, die dann auch Feedback geben, was ja dann schon kritisches Feedback ist:
„Ihr habt das aber übertrieben, oder habt euch vergalloppiert.“
Da die nötige Ruhe zu bewahren und zuzuhören, und nicht gleich zu argumentieren, was man sich da alles Gutes bei gedacht hat, sondern einfach mal zuzuhören und sacken zu lassen. Und dann auch den Mut zu haben, zu korrigieren. Wenn mal eine Sache in der Theorie gut klang, aber gerade für das Unternehmen nicht passt.
Geropp
Ja. Die Anforderungen an deine Mitarbeiter in eurem Unternehmen, du hast es vorhin ja schon gesagt, als ihr vor 20 Jahren angefangen habt, war da eine kleine Gruppe, jetzt seid ihr eine größere, aber es hat sich ja auch viel verändert, hinsichtlich neuen Technologien und ob jetzt agiles Vorgehen, was weiß ich nicht alles. Was würdest du sagen, wie haben sich die Anforderungen und auch jetzt die Arbeit deiner Mitarbeiter verändert, und wo geht für euch die Reise hin?
Erdmann
Na, ich glaube, was jeden trifft, wenn er wächst, ist dieser Übergang von der Einzelkämpfertätigkeit, wo so eine implizite Planung im Kopf stattfindet, und auch überraschend erfolgreich ist, zu einer guten Teamarbeit und einer wirklich, als mir vor 15 Jahren unserer Informatiker gesagt haben, ein Drittel der Zeit geht in Planung, da habe ich mich auch mit anderen angeguckt und gesagt: Als Experimentator, da gehst du ins Labor und fängst an, und machst das iterativ.
Da war viel Wahres dran und ist viel Wahres dran. Und das ist halt im Bereich Teamarbeit, dass man sich dort auch spezialisiert, und akzeptiert, dass vier Mitarbeiter nicht so viel schaffen wie drei, rein von der Menge her, aber die Qualität wird eine ganz andere, wenn man Anforderungen sauber spezifiziert, einen vernünftigen Projektplan macht, und die Meilensteine ernstnimmt.
Weil das böse Ende kommt eh, auch, wenn man es am Anfang versucht, wegzudrücken. Also, da eine ehrliche Kultur in der Projektarbeit. Und wenn das dann noch in Richtung Matrix geht, dass man viele Spezialisten aus unterschiedlichen Bereichen braucht, das ist eine deutliche Veränderung.
Geropp
Ja, das glaube ich.
Erdmann
Eine andere ist, auf emotionale Art, Softskills, junge Leute, die heute an unsere Tür klopfen, sind ganz anders sozialisiert.
Geropp
Wie genau meinst du das?
Erdmann
Die sind mit modernen Medien und Social Media aufgewachsen, die haben ein ganz anderes Selbstverständnis von Work-Life Balance. Wir haben versucht gutes Projektmanagement klassischer Art einzuführen, agiler Scrum, im IT Bereich aufgekommen und durchaus erfolgreich, ist bei Hardwareentwicklung nicht ganz so einfach einführbar, aber da haben wir jetzt halt auch zwei, drei junge Kollegen, die immer wieder an den Ketten zerren und sagen:
„Macht doch mal!“
Und in begrenztem Maße versuchen wir die Ratschläge auch anzunehmen, und die Herausforderung ist, die wünschen sich viel mehr, verständlicherweise, und diese Balance hinzubekommen, zu signalisieren, wir greifen behutsam auf, aber bitte habt Verständnis, inzwischen ist die Struktur halt auch relativ gut etabliert, wir können nicht alles auf den Kopf stellen.
Geropp
Das heißt, ihr übernehmt die Sachen wie agiles Vorgehen behutsam, sagen wir es mal so, dort, wo es für euch/ wo ihr glaubt, da passt das gut rein?
Erdmann
Das ist jetzt gerade im Softwarebereich, die laufenden Projekte haben es noch nicht, aber es wird offen diskutiert, lässt sich das beim nächsten Mal einsetzen, oder lassen sich zumindestens gewisse Untermengen davon einsetzen. Es ist auch interessant zu beobachten, wie sich dann die Mitarbeiter nach einem Jahr selber noch mal positionieren.
Die sagen, ja, also, wenn wir die guten Dinge aus beiden Welten zusammenbringen können/ weil ich merke jetzt auch, im Vergleich zu den vielen Sprints die wir hatten, und Umwegen, die wir da gegangen sind, so wie ihr es macht ist auch nicht schlecht. Das ist aber ganz spannend zu beobachten. Wie sich da Leute, die direkt von der Ausbildung kommen und welche mit viel Berufserfahrung, wie die sich so positionieren.
Geropp
Okay.
Erdmann
Die Leute, die schon viel anderes erlebt haben, und einer meiner Sprüche ist: Besser oder anders, das hängt sehr stark vom Betrachtungswinkel ab. Und wer so aus dem akademischen Elfenbeinturm kommt, der möchte vieles besser machen. Wer schon zwei, drei Arbeitsstellen hinter sich hat, der ist erstmal schon deutlich zufriedener hier und stellt dann fest:
„Ja, ihr macht das anders, das ist spannend, gefällt mir auch, ich habe hier noch einen Vorschlag, denkt mal drüber nach, ob es besser ist, weiß ich gar nicht.“
Das ist dann, da spricht die Erfahrung mit, aber diese Mischung aus Erfahrung älterer Kollegen und jungen, dynamischen Leuten, die ist spannend und bringt einen weiter.
Geropp
Wenn ihr jetzt Mitarbeiter sucht, worauf achtet ihr besonders, also wenn ihr neue Leute einstellt? Und was ist dir da besonders wichtig?
Erdmann
Ich glaube, da hat sich im Laufe der Zeit auch der Blick, mein Blick aber auch der Bereichsleiter, die ja jetzt hauptsächlich ihre Mitarbeiter suchen, dahingehend gewandelt, früher stand das Fachliche, der absolute Experte, ganz stark im Vordergrund. Inzwischen sagen wir, die Persönlichkeit, der Mensch, manchmal steht es dann unter Softskills, aber ich schaue mir ganz, ganz intensiv immer das Ende der Lebensläufe an.
Was machen die Leute sonst? Wie engagieren sie sich in ihrer Freizeit, wie engagieren sie sich gesellschaftlich? Wie kommunikationsstark sind sie? Diese inneren Eigenschaften, die lernt man als Mensch mit 30, 40 Jahren kaum noch.
Geropp
Beziehungsweise man wird sie nicht ändern, ne, oder nicht sehr stark. #00:21:14-9#
Erdmann
Man wird sich nicht ändern, man kann sich anpassen. Fachwissen kann man auch mit 50 und 60 noch erwerben. Aber ich hatte eingangs gesagt, diese Teamarbeit ist jetzt so wichtig geworden für uns, und deswegen kommt es auf die Persönlichkeit sehr stark an.
Geropp
Das heißt, wenn ihr so sucht, worauf achtest du dann, wenn sich jemand bewirbt? Sagst du, okay, was macht der in seiner Freizeit, um so ein Gesamtbild zu bekommen, oder wie gehst du da vor?
Erdmann
Ja, der Lebenslauf gibt schon, oder ich sage mal die Bewerbungsunterlagen an sich geben schon ein bisschen zwischen den Zeilen Wissen her. Und dort fallen halt bei uns die Leute mit den gebrochenen Lebensläufen, mit den unvollständigen nicht aus dem Raster, und ich glaube, das ist der große Vorteil, den wir haben, dass die Konzerne noch so klassisch agieren. Zumindestens haben wir dann oft den Eindruck, wenn man so fragt: „Wo habt ihr euch sonst beworben?“ „Ja, da wurde ich nie eingeladen.“
Wir haben auch einige Menschen 55 plus jetzt eingestellt, die sind ganz wertvoll mit ihrer Erfahrung. Das ist so die Papierform. Also dort würde ich nicht einfach nach Stromlinienförmigkeit schauen. Das ist eher das Falsche. Dann sind wir jetzt verstärkt dazu übergegangen, auch die Leute zum Kennenlerngespräch einzuladen, rein weg vom Wording her ist das für die Atmosphäre besser, dort in den ersten Gesprächen auch wirklich zu sehen, wie ist die Chemie, mal im privaten Familien-, Freizeitbereich sich zu unterhalten, was für Sorgen da sind, und nicht die Prüfungssituation, die wir, glaube ich, am Anfang zu stark gemacht haben, das Fachliche zu prüfen.
Das ist auch Gegenstand, aber das ist dann wirklich nur im zweiten Gespräch, wo dann die fachlichen Aspekte ganz stark im Vordergrund stehen.
Geropp
Okay. Verstehe ich. Was würdest du denn momentan sagen ist deine größte Herausforderung, du als Geschäftsführer? Und wie gehst du damit um?
Erdmann
Na, die geht schon in Richtung Mitarbeiter, Mitarbeitersuche. Ich hatte ja zwischenzeitlich erwähnt, die perfekten Führungskräfte sind noch nicht vorhanden, weil wir auf ganz vielen Positionen die Mischung haben aus Fachkraft, und das möchte ich auch respektieren, wer 20 Jahre hier ist und sein Herzblut in die Produkte gesteckt hat, die sprechen wirklich von „Meine Babys“, selbst wenn die jetzt erwachsen sind, weil manche Produkte sind so alt, und sind immer noch stabil am Markt, die möchte ich ihnen nicht wegnehmen.
Geropp
Ja, das verstehe ich.
Erdmann
Ich selber musste mich dann irgendwann entscheiden, dass ich also im Physiklabor nicht mehr ganz so viel verstehe, von der Applikation noch einiges, und mehr das Wissenschaftsmarketing betreibe und auf Konferenzen noch aktiv bin.
Aber wir haben jetzt noch mal zwei Führungspositionen ausgeschrieben, die also dicht an der Geschäftsleitung angesiedelt sind, und das Bindeglied zwischen den nach wie vor fachlich orientierten Bereichsleitern, die für den kleinen Teil, den die, also die Hälfte ihrer Zeit ungefähr, für Führung aufbringen können, hervorragende Arbeit leisten. Aber wir haben beide gemerkt, die Geschäftsleitung als auch die Bereichsleiter, da bleibt was auf der Strecke. Aber…
Geropp
Das heißt, ihr sucht jetzt Leute, bewusst von außen, die, sagen wir mal, gar nicht so tief dann in diesem Fachlichen bei euch drin sind, und seht das als Vorteil, weil die können sich ja dann wirklich nur durch Führung erfolgreich sein, die fachliche Tiefe fehlt ihnen dann ja, ne?
Erdmann
Genau. Wir suchen jetzt ganz konkret einen Marketingleiter, wo wir sagen, auf wissenschaftlich-technischem Gebiet, da sind wir Weltspitze, und da haben wir auch Applikationsspezialisten im Vertrieb, und auch im Marketing Leute, die wirklich promoviert haben und für uns Texte schreiben.
Jetzt suchen wir einen, der methodisch gut gelernt hat, ideal an zwei, drei verschiedenen Positionen, um auch die Unterschiedlichkeit verschiedener Modelle kennengelernt zu haben, der sagt: „Ich bring auch euer Marketing auf Weltspitze, ich bin in der Lage, die komplexen Dinge, die ihr herstellt in eine einfach greifbare, schöne bildliche Sprache zu übersetzen.“ Und er hat in seinem Team Leute, die ihm das fehlende Fachwissen zur Seite stellen.
Geropp
Das heißt, so einer, der muss gut kommunizieren können, der muss auch so ein bisschen die Politik verstehen und die Strömung mitkriegen, um erfolgreich da sein zu können.
Erdmann
Genau. Der muss so viel, also, Verständnis entwickeln, aber das erwarten wir auch nicht in zwei bis drei Monaten, sondern in zwei bis drei Jahren, dass er dann schon mit Kunden, potentiellen Kooperationspartnern, gut kommunizieren kann, vermittelt, wo liegen die Stärken von PicoQuant, aber er muss nicht das Detail verstehen.
Ein bisschen mehr Detailverständnis auf der zweiten Position Entwicklungsleitung. Wir haben drei interne Entwicklungsbereiche, die ich im Moment noch direkt führe. Und dort jemanden zu haben, der mit den Werkzeugen gut vertraut ist, der da die Projektleiter unterstützen kann, der Multiprojektmanagement, die Ressourcenverteilung ist wahrscheinlich in jedem Unternehmen eine Herausforderung. Aber auf der anderen Seite, was wir eingangs hatten, auch im Innovationsprozess in der Lage ist, da die zwei Facetten abzubilden, die Freiräume zu schaffen, eine Innovationskultur weiter zu entwickeln
Geropp
Das heißt, da ist wirklich euer Ziel, jetzt zu sagen: Mensch, wir brauchen so einen, von extern einen Marketingleiter, von extern einen Entwicklungsleiter, der das, was wir da aufgebaut haben und auch die Leute, richtig führen kann. Führen wirklich im Sinne von mitnehmen. Und deswegen müssen das auch von außen zwei Leute sein.
Das kann ich gut verstehen. Das heißt, wenn sich da jemand angesprochen fühlt, jetzt im Podcast, sollte er sich am besten bei euch direkt melden. Ich verlinke PicoQuant und die ganze Website und die Sachen ja sowieso hier im Podcast. Rainer, ich bedanke mich recht herzlich für das Interview, hat mir viel Spaß gemacht. Und man sieht, dass auch ein wissenschaftlich orientertes Unternehmen ähnliche Probleme hat, wie die ganzen anderen Unternehmen. Vielen Dank, Rainer.
Erdmann
Ja. Ich danke dir, Bernd, es war spannend, auch mal noch mal diese Facette von deiner Tätigkeit kennenzulernen. Ich habe ja schon einige Dinge gemeinsam mit dir gemacht. Ja, und wie du gesagt hast, wir würden uns freuen, wenn jetzt in der nächsten Phase unserer Unternehmensentwicklung sich jemand anschließen möchte.
Das ist mit Sicherheit eine spannende Aufgabe, international, wir sind ja auf die Tätigkeit gar nicht so eingekommen, schaut auf unsere Website, da seht ihr, auf welchen Bereichen wir uns bewegen, und das ist mit Sicherheit eine superspannende, motivierende Geschichte, dich mal bei uns zu melden. Danke an dich Bernd, für das Interview.
Geropp
Gerne.
Erdmann
Und ich denke, wir sehen uns bald wieder.
Geropp
Alles klar. Bis dann. Tschüss Rainer.
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