fpg202 – AGWs statt AGBs – So funktionieren respektvolle Geschäftsbeziehungen – Interview mit Hendrik Habermann
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Heute spreche ich mit dem Unternehmer Hendrik Habermann. Er erklärt mir, warum er seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGBs zugungsten von AGWs abgeschafft hat und was das mit respektvollem Miteinander zu tun hat.
Unfaires Geschäftsgebahren
Kleine Unternehmen werden in Geschäftsbeziehungen häufig von großen Konzernen durch die verschiedensten Machenschaften an die Wand gedrückt oder ausgenutzt.
Ein Beispiel gefällig?
„Wenn Sie als Lieferant für uns tätig sein dürfen, dann ist ja wohl selbstverständlich, dass wir Ihre Rechnung erst nach 3 Monaten bezahlen. Sie müssen ja nicht mit uns arbeiten. Es gibt genügend andere.“
Auf der anderen Seite gilt dann aber bei dem gleichen Konzern:
„Ja selbstverständlich erwarten wir, dass unsere Rechnungen innerhalb von spätestens 30 Tagen bezahlt werden – besser noch 14 Tage. Wir sind ja schließlich keine Bank. Wo kämen wir denn da hin?“
Ne, is klar. Soviel zu fairem und respektvollem Miteinander zwischen Geschäftspartnern. Sie glauben ich übertreibe? Leider nein. Ich habe es von vielen Geschäftsführern genau so gehört und ich habe es auch selbst in meiner Konzernzeit so erfahren.
Da gibt es in großen Unternehmen teilweise sogar die Anforderung des zentralen Controllings an die Landesgesellschaften genau so zu verfahren. Da wird mit KPI’s gearbeitet, die den CashFlow so optimieren, also mit dem Geld der kleinen Lieferanten arbeiten.
Wenn Ihr Unternehmen so agieren sollte, also Lieferanten auspresst, indem sie Ihre Rechnungen erst nach 3 Monaten bezahlen und selbst aber von den eigenen Kunden Zahlungen von 30 Tagen oder weniger erwarten, dann bitte rufen Sie mich nicht an. Ich möchte mit solchen Unternehmen keine Geschäftsbeziehung unterhalten.
Mit meinem heutigen Interviewgast spreche ich über solche Geschäftsbeziehungen, denn natürlich geht es auch anders: respektvoll und fair.
Hendrik Habermann
Mein heutiger Interviewgast ist der Unternehmer Hendrik Habermann. Er war einer der ersten Teilnehmer der Online-Leadership-Platform und ist so also seit Anfang an mit dabei. Ich habe mich mit ihm während einiger Präsenztreffen der Online-Leadership-Platform intensiv über Geschäftsbeziehungen unterhalten.
Besonders spannend fand ich seine Einstellung zu AGBs, den sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ja eigentlich jedes Unternehmen haben muss. – Oder doch nicht?
AGWs: Allgemeine Geschäftswerte
Hendrik hat in seiner Unternehmensgruppe die AGBs abgeschafft und durch Allgemeine Geschäftswerte ersetzt. Er möchte damit ein neues Verständnis in Geschäftsbeziehungen etablieren. Es geht in seinem Ansatz um ein werteorientiertes Geschäftsverhältnis, das Mehrwerte für alle Geschäftspartner schafft.
Hendrik Habermann ist Unternehmer in der volatilen Werbe- und Werbemittelbranche. Er führt zusammen mit seinem Bruder eine Unternehmensgruppe. Zu den Unternehmen gehören habermann hoch zwei und das Unternehmen die t.ü.t.e.. Zudem lehrt Hendrik an der Fachhochschule Düsseldorf und ist Autor mehrerer Fachartikel und Bücher.
Freuen Sie sich mit mir auf ein spannendes Gespräch mit Hendrik Habermann:
Das transkribierte Interview mit Hendrik Habermann
Geropp:
Hendrik, was stört dich an AGBs und warum habt ihr sie in eurer Unternehmensgruppe abgeschafft und durch die allgemeinen Geschäftswerte ersetzt?
Habermann:
Also wir haben die vor allen Dingen abgeschafft, weil wir in unserer Lebenswirklichkeit gemerkt haben, die funktionieren gar nicht. Also es ist ja so, dass wenn man AGBs hat und in der Regel mit größeren Unternehmen arbeitet oder viel, dann ist es so, dass die ja auch AGBs haben.
Und dann steht irgendwie AGB gegen AGB und dann ist erstmal rechtlich die Frage, was zählt, nämlich eigentlich zählt dann gar nichts. Dann zählt sowieso das Gesetz.
Geropp:
Das heißt, der eine schickt sein, der andere schickt seine und sagt, „ja.“
Habermann:
Genau. Also früher war mal die Argumentation, dass man sagt, naja, wenn man zum Beispiel ein Angebot rausschicken, was freibleibend ist, dann ist das rechtlich ja gar nichts. Dann schickt jemand einen Auftrag zurück.
Das ist dann rechtlich eigentlich das Angebot und unsere Auftragsbestätigung ist die Annahme. Und wenn wir dann noch unsere Auftrags-AGBs dran packen, dann haben die auch zu gelten, weil wir quasi als letzter was gesagt haben und der hat nicht widersprochen. Aber der rechtliche Stand derzeit ist so, dass man sagt, die überkreuzen sich und dann gelten nur die Sachen, die übereinstimmend sind, ansonsten gilt das Gesetz.
Geropp:
Okay. Also eigentlich das ja recht sinnlos dann.
Habermann:
Man kann die zumindest so aushebeln. Und jetzt muss man sich die Frage stellen, bin ich jetzt zum Beispiel Einkäufer oder Verkäufer, habe ich das Thema Gefahrenübergang zum Beispiel und ich bin da in einer besseren Position, dann habe ich ja vielleicht sogar das Interesse, dass das Gesetz gilt.
Und das war so ein Ding, dass wir gesagt haben, eigentlich ist das ja bescheuert. Vor allen Dingen in der Praxis hat sich gezeigt, dass, wenn es mal zu Problemen gab, findet man in der Regel so eine Lösung, weil man zusammenarbeiten will. Ich kann mich an einen Fall erinnern, das waren ja immer größere Unternehmen, wo es dann hieß,
„Okay, Sie haben Recht. Und Sie kriegen das auch vor Gericht durch. Wenn Sie sich dafür entscheiden das zu machen, kriegen Sie nie wieder einen Auftrag. Wie entscheiden Sie sich?“
Und dann denkt man mal, okay, dann schlucke ich halt die Kröte, weil ich will ja weiter Geschäfte machen. Und das war so der Ansatz, dass wir gesagt haben, das ist eigentlich totaler Quatsch. Also ich klage die sowieso nicht durch, weil ich will ja nicht Recht haben, sondern irgendwo eine partnerschaftliche Beziehung haben. Die bringen nichts. Man kann die aushebeln, wenn jemand zum Beispiel sagt,
„Ich akzeptiere die nicht.“
Und es hat sich auch gezeigt, dass die Quatsch sind. Also die machen zum Beispiel Geschäfte schlechter, weil ich habe letztendlich eine ganz grobe Schablone, die natürlich, weil es eine grobe Schablone ist, auf Kosten des Einzelfalls oder auf Kosten der Einzelheiten geht und die soll irgendwie für alles gelten und damit gilt sie für nichts richtig.
Geropp:
Ja oder sie ist so lang, dass sie sowieso keiner mehr durchliest, weil das ist ja verschenkte Lebenszeit.
Habermann:
Das ist ja noch ein ganz anderer Punkt. Das ist ja noch ein ganz anderer Punkt. Also wir haben AGBs schon mal bekommen, wo wir nachgefragt haben, was das bedeutet. Konnte uns kaum einer erklären. Ich habe die immer gelesen.
Wir haben einmal, das fand ich sehr witzig, kriegen ja AGBs und dann hört das/ ein Satz fängt an, auf der nächsten Seite geht der nicht weiter. Habe ich gesagt, irgendwie, da fehlt was. Das Komische finde ich nur, das ist offensichtlich noch niemandem aufgefallen. Also und manche Sachen machen wirklich keinen Sinn. Also die sind bescheuert. Die haben nichts mit der Lebenswirklichkeit oder mit der Produktion oder mit dem zu tun, wie wir arbeiten.
Und deswegen finde ich es besser, wenn man sagt, Mensch, wie wollen wir eigentlich überhaupt miteinander umgehen und auf welcher Basis wollen wir arbeiten? Und es ist auch so, aus meiner Meinung, dass große Konzerne versuchen ihre Machtposition durchzusetzen.
Und es geht ja nicht darum, dass man sagt, wir wollen hier eine Lösung finden in der Praxis, um gute Geschäfte zu machen, sondern um uns Vorteile zu sichern. Und das auf Kosten der anderen. Und das fanden wir irgendwie bescheuert und haben gesagt, Mensch, das wollen wir nicht mehr machen und wir wollen auch, das steckt ja auch dahinter, mit denen, die darauf bestehen, gar nicht mehr arbeiten.
Wir wollen andere Partnerschaften haben. Wir wollen, dass wir wirklich wie Partner auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Und das hat mich gestört. Es war irgendwie ineffektiv, es war wirkungslos und damit sagen wir, „weg damit.“ Und vielleicht können wir ein Zeichen setzen, indem wir mit allgemeinen Geschäftswerten arbeiten und versuchen, das da rein zu bringen, was aus unserer Sicht wichtig ist.
Geropp:
Also sie sind zum einen viel kürzer. Sie sind verständlich. Und sie gehen eigentlich auf Prinzipien ein, wenn ich das richtig verstanden habe?
Habermann:
Genau. Genau. Sie gehen auf Prinzipien ein. Sie wollen eigentlich so eine Art Geisteshaltung dokumentieren, dass man sagt, Mensch, wir können nicht alles lösen, aber wenn es ein Problem gibt, dann lass uns mal drüber reden. Und dann lass uns Lösungen finden für das Problem. Was manchmal so ein Reflex war oder auch natürlich immer noch ist, da passiert irgendwas und dann kommen alle an und sagen, „Schadenersatz.“ Und wenn man fragt,
„Welchen Schaden habt ihr denn?“
Also einfaches Beispiel. Jemand bestellt was und sagt, „ich brauche das zu einem bestimmten Termin“, und man liefert einen Tag später und der sagt,
„Jetzt will ich von euch einen 10 Prozent Rabatt haben.“
und dann kommt raus, das ist für eine Messe gewesen, die ist eh in zwei Wochen. Gut, also hat er es einen Tag später bekommen, aber eigentlich ja wurscht. Also ist ja kein Schaden. Dann sagen wir,
„Was soll das?“
Also wir sind ja keine Versicherung und das möchten wir auch nicht. Es geht nicht darum, dass wenn man ein Problem hat, dass man drüber redet, dass man Lösungen findet, aber dieses, naja, ich habe Macht. Ich gucke überall, wo ich das ausnutzen kann, wollten wir nicht.
Geropp:
Ich glaube, das hast du natürlich vor allem bei den großen Unternehmungen, weil du da nicht mehr dieses auf Handschlag machst. Da ist nämlich, dass sie sagen, „weiß ich, heute mache ich mit dir den Vertrag. Morgen mache ich mit einem Kollegen, der ganz neu da ist. Der erinnert sich an nichts.“ Deswegen, glaube ich, wollen die alles schriftlich haben.
Habermann:
Die wollen alles schriftlich, aber die machen auch ihr eigenes Ding schlechter. Ich kann mich an eine Situation erinnern, wo die Dame aus dem Einkauf zu uns sagt,
„Okay, alles mit 3 Prozent Skonto.“
Da sage ich,
„Okay, aber ich meine, das muss ja finanziert werden, ich meine, Sie können sich doch denken, dass wir gerade, wenn wir individuell kalkulieren, sie können es ja gar nicht prüfen. Also natürlich ist es so, wenn wir gerade anfangen Geschäft zu machen und wir machen noch nicht viel Geschäft, warum kriegen Sie ein Bonbon von uns? Ich meine, Sie sind ja gar kein guter Kunde.“
Die dann auch sagt,
„Hör mal, wir brauchen nicht drüber diskutieren, machen Sie es einfach. Rechnen Sie es rein. Ich brauche das einfach, sonst kriege ich das nicht durch.“
Und ich habe mal mit einem Freund gesprochen, der in einem großen Konzern ist und habe gesagt, „ich verstehe den Schwachsinn nicht. Kannst du mir das erklären?“ Hat er gesagt, „ja, das kann ich dir erklären.“ Also es gibt Kosten aus Savings. Und die Einkäufer werden teilweise danach beurteilt, wie viele Punkte die sozusagen bekommen und ein Punktesystem geht über Skonti.
Das heißt, wenn die sagen können, ich habe einen bestimmten Prozentsatz über Skonti, kriegen die mehr Bonus. Das heißt, natürlich bezahlt der Konzern nicht weniger, aber der Einkäufer kriegt mehr Bonus. Also deswegen lohnt es sich dann für den.
Geropp:
Wie siehst du das denn oder was ist deine Erfahrung da, welche Risiken hat das denn für dich, wie auch für die andere Partei, wenn man sich statt auf AGBs dann auf AGWs einlässt?
Habermann:
Natürlich hat man das Risiko, dass man manchmal einen Fall hat, wo man denkt, eigentlich wären die AGBs ja jetzt gar nicht schlecht gewesen, weil, jetzt haben wir doch irgendwie so ein bisschen Streit.
Aber ich denke, man muss das insgesamt sehen und sagen, macht es insgesamt mehr Sinn damit ein Zeichen zu setzen, damit vielleicht auch eine andere Klientel anzuziehen, als die Fälle, wo man sagt, Mensch ich sollte die haben und ich sehe es nicht so, dass man sagt, es geht eben Sicherheit verloren, ganz im Gegenteil.
Für mich macht es das Ganze einfacher. Wir brauchen eben nicht mehr drüber diskutieren, was gilt jetzt oder nicht. Aber ich habe mir gesagt, das ist eine Geisteshaltung insofern, dass wir sagen, wir verpflichten uns über Probleme zu reden und auch den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Lasst uns wirklich Lösungs-orientiert denken. Also ich gehe ja direkt hin und sage,
„Mensch, wir haben das nicht. Wir wollen miteinander arbeiten und wenn eben ein Problem ist, dann reden wir drüber und wir finden auch eine Lösung.“
Das klappt in der Regel ganz gut. Ich habe es ja gerade eben gesagt, in der Praxis läuft es ja eh so, weil ich klage meine AGBs nicht durch, wenn ich mir da ein gutes Geschäft mit kaputt mache.
Geropp:
Vor allem, wenn es eine langfristige Beziehung war, dann macht das gar keinen Sinn.
Habermann:
Macht gar keinen Sinn. Und ich habe überhaupt keinen Sinn Beziehungen kaputt zu machen oder Beziehungen aufs Spiel zu setzen. Tue ich letztendlich, wenn ich in eine Auseinandersetzung gehe. Wenn ich anfange zu argumentieren, wenn ich sage, ich bin im Recht, dann ist ja der andere automatisch nicht im Recht.
Das geht immer auf Kosten der Beziehung und da habe ich kein Interesse dran, sondern wir wollen kooperativ sein. Wir wollen die Interessen des anderen verstehen. Wir wollen einen Ausgleich finden und wir verpflichten uns ja selber, indem wir diesen Rahmen wegnehmen. Also hat es Risiken? Ich glaube, nicht wirklich.
Klar, wenn man jetzt irgendwo ein bisschen streitet oder wenn so ein Fall ist und man hat jetzt seinen eigenen Gerichtsstand nicht durchgesetzt, dann muss man ein bisschen weiter fahren und so. Aber noch mal, der andere hat ja auch seinen Gerichtsstand drinstehen und dann ist sowieso Gesetz und dann gilt eh BGB, also deswegen ist das wurscht.
Geropp:
Das ist unkritisch. Ja.
Habermann:
Ich sehe nicht, dass das uns Nachteile gebracht hat.
Geropp:
Okay.
Habermann:
Im Gegenteil. Die Risiken sind, aus meiner Sicht, für unser Geschäft, für unsere Lebenswirklichkeit zu vernachlässigen.
Geropp:
Welche Reaktion denn insbesondere so gerade von Großunternehmen hat es denn in der Vergangenheit jetzt gegeben, wenn ihr euch dafür entschieden habt, nicht mehr auf ABGs zu gehen. Habt ihr, ganz offen gesagt, Aufträge verloren?
Habermann:
Nein, wir haben, was Großunternehmen angeht überhaupt keine Aufträge verloren. Ich unterstelle auch mal, dass die meisten von denen das sowieso nicht zur Kenntnis nehmen, weil die interessiert das ja sowieso nicht, was andere machen.
Weil die sagen, okay, das sind unsere AGBs und die müsst ihr akzeptieren. Es ist ja auch so, dass wenn du Ausschreibungen zum Beispiel bekommst über Internet-Plattformen, du mittlerweile bei einigen erst die AGBs bestätigen musst, damit du überhaupt dir die Ausschreibung angucken kannst.
Geropp:
Okay.
Habermann:
Und du kannst auch nicht, der Trick wäre sonst, dass du sagst, okay, ich gucke mir da die Ausschreibung an, schicke denen aber jetzt mein Angebot zu und meine AGBs, dann haben wir wieder irgendwie so, habe ich meine reingebracht. Kannst du gar nicht, weil du kannst nur im System die Preise hinterlegen immer unter diesem Rahmen oder unter diesem Mantel der AGBs.
Ich glaube nicht, dass das Großunternehmen beeindruckt hat, weil ich unterstelle, die meisten haben es gar nicht wahrgenommen. Also denen ist das wurscht. Die interessieren sich nicht dafür. Es ist eher so, dass wir auch ein Zeichen natürlich nach innen setzen wollen und sagen, Mensch, wen wollen wir eigentlich als Kunden haben? Und wie wollen wir überhaupt Geschäfte machen? Und hat das Wirkung und dass auch in dem Kreis, mit dem wir arbeiten, bei denen, wo wir uns ein bisschen drüber unterhalten, was ja auch dann oft Mittelstand ist, dass das da den einen oder anderen zum Nachdenken bringt.
Und wenn wir auch in der Diskussion sind, dass da manche sagen, „eigentlich hast du Recht, eigentlich ist das ja, ich habe die mal gemacht.“ Wie auch oft im Mittelstand, wie hat man die gemacht? Man guckt irgendwie, was haben die anderen geschrieben und macht das dann auch, weil man will selber nicht ein paar Tausend Euro ausgeben um die zu formulieren. Ist eigentlich kritisch, weil eigentlich ist das Urheberrechtsverletzung einfach irgendwelche AGBs abzuschreiben.
Nein, also von Großunternehmen kam da nichts. Aufträge haben wir nicht verloren. Jetzt ist ja auch so, dass wir natürlich sagen, wir fänden es eigentlich schöner, wenn wir anders kommunizieren, weil wir auch glauben, dass wir dann dem Projekt gerechter werden können.
Geropp:
Ja. Ja.
Habermann:
Aber wenn auch langjährige Kunden, da machen wir das Geschäft nach wie vor, wie früher. Das heißt, die schicken uns dann mit ihren AGBs, mit IHREN AGBs die Aufträge und die wickeln wir so ab. Und mit vielen kann man ja auch dann reden, wenn man die Leute gut kennt oder wenn man eine Beziehung hat. Aber uns geht es da mehr um die Geisteshaltung zu ändern und so ein Mindset.
Geropp:
Was musstet ihr denn jetzt intern ändern? Oder was hat sich intern geändert? Also beispielsweise beim Verständnis eurer Mitarbeiter, wie die damit umgehen? Oder auch in euren Prozessen, wenn ihr diese AGWs einführt?
Habermann:
In den Prozessen, was sich generell ändert oder was sich geändert hat, dass erstens das Verständnis, glaube ich, wie wir zusammenarbeiten wollen, wie wir Partnerschaft definieren, was das auch für uns bedeutet, auch da so ein bisschen das Visier runter zu nehmen.
Das hat ein bisschen dafür sensibilisiert und dass wir sagen, wenn wir keine AGBs haben und vielleicht manche Dinge ausschließen, sollten wir eigentlich noch mehr Wert darauf legen, was ist im Prozess wichtig? Was könnte überhaupt zu Fehlern führen?
Wie können wir das vermeiden? Das bedeutet, dass man besser prüft, dass man mehr Checklisten hat, dass man früher anspricht, was irgendwie kritisch sein könnte, weil wir von vorneherein Probleme vermeiden wollen, weil wir Auseinandersetzungen vermeiden wollen, weil wir proaktiver hingehen wollen, um zu sagen, „schau mal, da könnte es Probleme geben“, oder aber auch, „das ist vielleicht eine Konstellation, wie auch immer die ist, die könnte für uns ein bisschen schwierig sein, welche Lösung können wir da finden?“
Geropp:
Also es geht darum, dass alles quasi mehr fokussiert drauf ist auf dieses Partnerschaftliche, nicht, „wie müssen wir uns absichern?“, sondern wie kriegen wir hin, dass der Fehler gar nicht auftritt. Oder was machen wir, wie gehen wir kooperativ mit dem Kunden um?
Habermann:
Genauso ist es. Also du hast gerade das Wort gesagt, es geht wirklich um das Thema Kooperation. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass wir versuchen Lösungen zu finden, dass wir nur Beziehungen haben wollen und Geschäfte machen wollen, von denen beide Seiten profitieren. Wir wollen einen Profit haben. Wir wollen gewinnen. Wir wollen, dass es nachher besser ist als vorher. Und wir wollen, dass das auch für andere ist. Und das ist aber auch eine Sache, die sich durchzieht durchs Leben.
Also ich will ja nicht, dass meine Frau bei mir ist, weil sie keinen besseren findet. Ich möchte ja, dass sie auch freiwillig bei mir ist und so ist das mit jedem Mitarbeiter. Die sollen nicht hier arbeiten, weil sie keinen anderen Job finden, sondern die sollen sich bewusst dafür entscheiden. Und es geht wirklich darum, wenn wir sagen, wir haben einen Konflikt, dass wir sagen, was hat der andere für Interessen? Und wie kann ich dem anderen helfen, seine Interessen zu wahren und gleichzeitig meine auch?
Das ist die Aufgabe, um die es geht und in der Regel ist das möglich. Das ist auch mein Verständnis von wirklicher Verhandlung. Verhandlung ist ja nicht Preis drücken oder feilschen, sondern Verhandlung ist zu sagen, wie kriege ich einen Interessenausgleich hin? Wie kann ich beides berücksichtigen? Weil dann gewinnen beide. Das ist schwierig. Da muss ich manchmal suchen. Da brauche ich vor allen Dingen Kreativität. Da muss ich Optionen schaffen und da muss ich Angebote machen und da muss ich miteinander reden. Ich muss mir die Zeit nehmen, aber ich habe danach eine bessere Beziehung und ich habe danach eine fruchtbareres Geschäft. Und darum geht es. Und das ist die Grundaussage.
Geropp:
Was ich dabei sehr schön finde, ist, dass diese allgemeinen Geschäftswerte eigentlich noch fast mehr nach innen strahlen als nach außen. Dass man sagt, wie hat keine AGBs? Aber wie soll das denn gehen? Und dass man darüber in die Diskussion auch dann mit den Mitarbeitern kommt. Dass man sagt, ja das machen wir, weil/ Das ist uns wichtig.
Habermann:
Ja. Also manchmal wird es vergessen auch. Dass wir sagen, wo sind denn unsere AGBs? Aber wir haben keine mehr. Ach so. Aber ja, also es ist ja schon jetzt seit fast zwei Jahren der Fall. Aber ja, es geht, großes Wort, aber dass man so einen Mentalitätswandel oder Kulturwandel schon das ein bisschen einläuten. Ich habe die Frage vorhin gesagt, wie wollen wir eigentlich arbeiten? Das ist so ein bisschen das, was dahinter steht.
Und wir wollen auch diese Kunden nicht mehr, die sagen, „nein, das geht nicht“, und wir haben das ja an den AGWs auch formuliert, dass wir sagen, Mensch, wenn wir ein Problem haben, dann reden wir drüber und finden eine Lösung für das Kernproblem. Wir gehen auf partnerschaftlicher Ebene miteinander um. Und da steht ja auch drin, wenn Sie das nicht wollen, dann glaube ich, dann kriegen wir sowieso noch ganz andere Probleme. Gehen Sie direkt woanders hin. Das ist für uns besser. Für uns beide ist das besser. Also wir wollen Sie nicht als Kunden haben.
Geropp:
Bitte rufen Sie uns nicht an.
Habermann:
Ja. Genau. Aber es ist auch ein Verständnis dahinter, dass, als Beispiel, was ist ein Kunde? Also wir versuchen Begriffe für uns zu definieren. Was ist ein Kunde? Ein Kunde ist nicht jemand, der was kaufen will. Ein Kunde ist ein Mitglied unserer Zielgruppe. Und jemand, der sagt, „nein, ich suche jemanden, den ich im Grunde auspressen kann und ich habe einen Liefertermin, den kann eigentlich keiner halten, aber komm, dann mach du das, weil im Grunde genommen bist du ja meine Versicherung, weil, wenn es nicht klappt, dann musst du Konventionalstrafe zahlen oder ich mache einen Deckungskauf auf deine Kosten oder denke mir irgendwas aus.“ Nein, wollen wir nicht. Wir sind keine Versicherung.
Und wenn wir als Beispiel, so Sachen kommen ja vor, wir sagen, wir können produzieren in acht Wochen und wir kriegen aber drei Wochen zu spät Druckdaten und haben dann nur fünf Wochen, dann sagen wir auch, wir geben alles, aber wenn es nicht funktioniert, nein, dann eben nicht. Also dann kriegt der sonst gar nichts, aber ihr müsst auch ein Risiko eingehen. Ihr seid ja auch zu spät und wir tun, was wir können. Wir machen alles transparent. Aber wir wollen dann nicht da sein, die euch noch helfen den Karren aus dem Dreck zu ziehen und dann von euch noch im Grunde genommen gesagt bekommen, das habt ihr aber schlecht gemacht. Also wir sind hier nicht der Fußabtreter.
Geropp:
Würdest du sagen, dass in eurer Unternehmensgruppe ihr hauptsächlich mit kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammenarbeitet oder klappt das auch wirklich mit den Großen, die unpersönlich unter Umständen dann sind.
Habermann:
Es ist so, dass wir immer sehr großen Wert darauf gelegt haben, wirklich eine persönliche Beziehung aufzubauen. Und eine Beziehung zu haben, die dann eben auch belastbar ist, wo man über Probleme sprechen kann.
Das funktioniert in der Regel sehr gut. Letztendlich arbeiten auch in den großen Unternehmen nur Menschen. Was heißt nur? Gott sei Dank arbeiten da Menschen, mit denen das möglich ist. Wir machen ja eben auch oft die Erfahrung, ich habe vorhin dieses Beispiel von dieser Einkäuferin genannt, dass die selber sagen,
„Mensch, mich gängelt das eigentlich. Das legt mir Fesseln an und es macht es mir schwer.“
Ich will dir auch ein Beispiel geben, wie das schlechter sein kann. Stell dir vor, ein großes Unternehmen gibt einem relativ kleinen Unternehmen einen kleinen Auftrag. Probeauftrag funktioniert alles super und sagt 60 Tage Zahlungsziel oder 120 Tage Zahlungsziel, je nachdem wie es auch ganz unüblich ist.
Geropp:
Ja.
Habermann:
Und dann sagt das kleine Unternehmen, „kein Problem. Kriege ich hin. Ist für meine Größe in Ordnung.“ Jetzt schlägt das Ding ein, wie eine Bombe. Und dann sagen die, verzehnfachen oder verhundertfachen wir das. Das ist eine ganz andere Situation. Du hast das Produkt geklärt. Du hast die Prozesse klar. Alles ist super, aber der Kleine sagt vielleicht, „das kann ich nicht finanzieren. Du machst mir ganz andere Probleme.“ Und jetzt kann man aber nicht hingehen und sagen, können wir da eine Lösung für finden oder was können wir machen?
Weil, beharrt jemand auf seine AGBs und sagt, nein, das müssen wir aber so machen. Anders ist das nicht darstellbar. Der schneidet sich ja ins eigene Fleisch. Macht sich ja selber Probleme, wenn er sagt, da ist einer, mit dem klappt das gut. Wir haben das Produkt schon entwickelt.
Geropp:
Na gut, aber in der Automotive Industrie, so wie ich das mitgekriegt habe, bei Lieferanten ist das ja Gang und Gäbe in manchen Bereichen.
Habermann:
Das ist Gang und Gäbe und das war ja bei uns teilweise auch so, dass wir immer mehr davon hatten und das war dann auch der Grund, die Reißleine zu ziehen und zu sagen, wir wollen mit denen gar nicht mehr arbeiten.
Also es ist aus meiner Sicht vollkommen falsch zu glauben, dass die großen Kunden gleichzeitig die Besten sind. Die spielen ihre Macht aus, auch über die AGBs und die machen auf eine Art und Weise Geschäft, wie wir kein Geschäft machen wollen. Für uns passt das nicht. Wenn jemand sagt, das ist super, dann soll er das machen. Dann sind die beiden doch glücklich miteinander. Ich will mich daran nicht beteiligen. Ich will Kunden haben, mit denen es mir Spaß macht zu arbeiten und wo wir sagen, da schwimmen wir irgendwie auf einer Wellenlänge.
Aber noch mal, wir machen schon die Erfahrung, dass viele Ansprechpartner zu uns sagen, ich brauche es eigentlich nicht und ich würde gerne auch anders arbeiten, im Grunde schränkt es mich auch ein.
Geropp:
Glaubst du denn, dass, wenn du das so sagst, dass jetzt in Zukunft immer mehr Unternehmen eurem Beispiel folgen werden und die AGBs durch AGWs ersetzen oder woran liegt das, dass es da noch keine Veränderungen gegeben hat?
Habermann:
Das ist schwierig. Also wir kennen ein paar, die das auch machen. Und ich freue mich auch darüber, dass sich ein paar von uns haben inspirieren lassen, das zu machen, weil sie die gleiche Erfahrung machen und sagen, also theoretisch hört sich das ja sinnvoll an, aber praktisch ist das total bescheuert das zu machen. Also bringt gar nichts.
Geropp:
Das mit den AGBs?
Habermann:
Genau. Also die auch sagen, komm AGBs weg. Das ist Quatsch. AGWs reicht und ich suche mir da meine Kunden raus und versuche so eine Art Community aufzubauen, in der ich tätig bin, wo wir sagen, da kommen wir gut klar. Auf der anderen Seite haben wir natürlich immer mehr Prozesse. Auf der anderen Seite versuchen wir Dinge zu standardisieren und zu automatisieren.
Und AGBs sind ja ein Teil von diesem Ganzen. Ich glaube, dass wir generell eine Entwicklung haben in den nächsten Jahren, wo wir sagen, wir gehen immer mehr in Nischen, in Details, in Subkulturen rein. Und ich glaube, dass es Branchen oder vielleicht irgendwelche Cluster geben wird, wo man sagt, da ist das vollkommen üblich, auch mehr, als es vielleicht jetzt noch per Handschlag zu arbeiten, per Zuruf zu arbeiten, weil die Kultur, wie auch immer die gestaltet ist, das zulässt und eben notwendig macht auch. Und es wird auch welche geben, wo das noch weniger der Fall sein wird, wo das ganz anders abgewickelt wird.
Wo man auch ganz andere Regeln braucht. Also ich glaube, es wird in beide Richtungen gehen. Ich glaube es gibt ein paar Bereiche, wo es mehr sein wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die zum Beispiel regional tätig sind, wo man sich kennt, wo die Beziehungen andere sind, dass das lange dauert im Bereich der großen Konzerne, international weltweit tätig, kann ich mir das eher nicht vorstellen, dass das da Schule machen wird. Aber das ist ja auch nicht unbedingt das, was mich jetzt so interessiert.
Geropp:
Hendrik, ich erlebe dich als jemand, der sich sehr intensiv mit Partnerschaft, respektvollem Miteinander beschäftigt, wie wir es ja jetzt hier sehen bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen. Aber das gleiche gilt ja auch für Unternehmer und den Mitarbeitern.
Ich kenne dich jetzt seit drei, vier Jahren und habe da viel auch so mitbekommen von dir. Was sind für dich die wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen aus den letzten Jahren? Was ist für dich entscheidend, um als Unternehmer erfolgreich Mitarbeiter zu führen?
Habermann:
Ein wesentlicher Punkt ist, dass ich davon überzeugt bin, dass die meisten Schwierigkeiten, die wir haben, Kommunikationsschwierigkeiten sind. Ich würde sagen, 95 Prozent der Probleme sind Kommunikationsprobleme. Das ist insofern eine interessante Erkenntnis, weil die Leute sind ja nicht zu doof oder es ist ja nicht so, dass sie nicht wollen oder so, sondern man muss einfach drüber reden. Um drüber zu reden, muss man eine klare Vorstellung davon haben, was man eigentlich tut oder wo man hin will oder wie man bestimmte Begriffe definiert. Gerade mal dieses Beispiel angebracht, so was ist überhaupt ein Kunde? Wenn wir miteinander umgehen und ich sage zum Beispiel, ich möchte, dass jemand Verantwortung übernimmt, was genau ist Verantwortung? Also wenn wir einfach nur an der Oberfläche bleiben und diese Begriffe nicht definieren, macht das extrem Schwierigkeiten.
Das heißt, die Erkenntnis oder das, was ich auch versucht habe viel zu machen, ist einfach mal Dinge zu hinterfragen. In den letzten zwei bis drei Jahren mal nachzudenken und zu sagen, was meine ich eigentlich damit und eine ganz banale Frage zu stellen, was ist eigentlich gut? Also was ist bei uns die Definition eines guten Ergebnisses oder eines guten Zustandes? Was wollen wir wirklich erreichen? Weil ich bei vielen Dingen festgestellt habe, dass ich eigentlich an der Oberfläche bin, für mich das überhaupt nicht ganz eindeutig definiert habe und da sind die Kommunikationsschwierigkeiten ja vorprogrammiert, weil ich kann es noch nicht mal selber vermitteln. Also wirklich eine klare Vorstellung davon, wo gehen wir überhaupt hin?
Geropp:
Also, wenn ich dich richtig verstehe, geht es erstmal eigentlich um die Klarheit im Kopf für mich selbst zu bekommen?
Habermann:
Vollkommen richtig. Also ich habe/ Wir gehen ins Büro und wollen wir gut arbeiten. Oder wir wollen irgendwie ein gutes Leben haben und wir wollen gute Entscheidungen treffen.
Und wenn man sich, so wie ich das erlebt habe mit dem Entscheidungen auseinandersetzt, dann sagt man, okay, ich will gute Entscheidungen treffen, aber dann muss ich eine Wertigkeit reinbringen. Ich kann nur eine gute Entscheidung treffen, wenn ich eine Referenz habe, mit der ich das vergleichen kann.
Also ich muss ein Ziel haben. Und dann muss ich eine Vorstellung von Qualität haben, weil, wenn ich zu dir sage, sollen wir einen guten Urlaub machen, bist du sofort dabei. Aber wenn wir jetzt mal ins Detail gehen und dann sagst du, „guter Urlaub ist Wandern“, ich sage, „guter Urlaub ist Segeln“, dann sagen wir „oh, das ist aber komisch. Da sind wir ja vollkommen auseinander.“ Wir müssen diese Dinge abklären auf einer Basis, die eindeutig sein muss. Sie muss so genau sein, so detailgenau sein, dass man sagt, es ist eindeutig. Und dann ist es verständlich. Und dann kann ein Unternehmer oder ein Mitarbeiter zum Beispiel sagen, okay, kann ich mich mit identifizieren. Finde ich gut oder finde ich nicht gut.
Aber dieses ganz im Trüben fischen, an der Oberfläche sein, das ist wie Vorgesetzte, die reinkommen und sagen, die Zahlen sind schlecht, jetzt muss mal was passieren. Was soll das heißen? Oder jemand kommt und sagt, ja sind Fehler passiert, jetzt müssen wir Gas geben. Das ist einfach nur hohles Gelaber. Also damit kann man ja nichts anfangen.
Geropp:
Das heißt, du musst dir aber die Zeit nehmen, dich mit deinen Mitarbeitern genau dort, also erstmal musst du dir Zeit nehmen, dir Klarheit, damit du die Klarheit hast, was bedeutet der Begriff Vertrauen, Kunde, Ziele, Qualität und dann musst du es ja auch mit deinen Mitarbeitern besprechen, sodass deine Erwartungen quasi klar werden bei den Mitarbeitern. Ach das meint der damit.
Habermann:
Genau. Also und das ist das, was sich dann operativ sozusagen niederschlägt oder was wir gemacht haben, indem wir sehr viel sagen, wir schreiben das jetzt mal auf. Wir bringen Eindeutigkeit rein, indem wir es verschriftlichen mit dem Anspruch, dass das ein Fünfjähriger versteht, weil dann sagen wir, dann versteht es eigentlich jeder. Also das wir Regeln aufschreiben. Dass wir Handbücher entwickeln. Das wir Checklisten, Tutorials, Screencapture, Videos entwickeln, die wirklich eindeutig erstmal macht, was wir überhaupt hier erreichen wollen oder was wir machen wollen. Weil wenn es nicht eindeutig ist, kann es ja eben nicht funktionieren.
Geropp:
Da würde ich kurz mal einhaken. Du sagst, Regeln. Verstehe ich. Das ist ja wie nach ISO sonst wie kann man alles Mögliche beschreiben. Wie weit führst du bei dir in der Unternehmensgruppe dann mit Regeln und wie weit mit Prinzipien? Weil die Geschäftswerte basieren ja sehr stark eher auf Prinzipien.
Habermann:
Ja, stimmt. Es geht prinzipiell um das Thema Ergebnisse. Das versuchen wir in den Fokus zu stellen, den Output möglichst radikal und wir definieren das für uns, indem wir über Zuständigkeiten reden. Es gibt zum Beispiel bei uns im Bereich der Mitarbeiter oder der Stellenprofile keine Aufgaben mehr. Also die Aufgaben haben wir komplett weg genommen und dann versuchen alles in Zuständigkeiten zu definieren.
Das bedeutet nicht mehr, was mache ich als Mitarbeiter, was mache ich auf meiner Stelle, sondern die Formulierung ist, ich sorge dafür, dass/ Oder ich bin dafür zuständig, dass/ Und dann sprechen wir über ein Ergebnis und sprechen über einen Zustand. Der große Unterschied ist, was ja bei uns in diesem Prozess der Klarheit rausgekommen ist, dass du bei einer Handlung etwas tust, was nicht zielführend sein könnte. Wenn du aber dich auf das Ergebnis konzentrierst, also auf den Zustand und der Zustand ist nie eine Handlung, das heißt, es ist nie ein Verb, dann ist es so, dass man sagt, okay, ich sorge dafür, dass ein bestimmtes Ergebnis erreicht wird, aber der Weg wird mir freigestellt. Das heißt, die Handlung, die ist in meinem Verantwortungsbereich, in dem ich handeln kann.
Damit fokussieren wir auf die Ergebnisse und damit eben eigentlich weg von diesen Regeln. Dieses Regeln galt auch mehr für einen etwas größeren Bereich, also wie wollen wir Dinge machen? Wie wollen wir miteinander arbeiten?
Geropp:
Also die Prozessbeschreibung.
Habermann:
Und auch Definitionen zum Beispiel. Um zu sagen, jetzt haben wir Einigkeit, jetzt können alle darauf hin arbeiten und das wird teilweise ins Detail runtergebrochen. Also als Beispiel, wir sagen, können wir uns darauf einigen, dass wir zuverlässig miteinander arbeiten? Sagen alle ja.
Dann sagen wir, jetzt lasst uns aber auch eine Definition für zuverlässig finden. Und die Definition, die wir haben, die bedeutet, zuverlässig sein bedeutet sich an Absprachen zu halten oder unverzüglich zu kommunizieren. Weil natürlich ist das so, dass manchmal Dinge nicht klappen, aber ich sage sofort Bescheid unverzüglich, kann ich nicht erreichen. Das Ergebnis ist nicht machbar. Die Erwartungen, die wir hatten, waren unrealistisch. Muss ich Erwartungen anpassen. Kann auch sein. Aber so können wir miteinander arbeiten. Das heißt, dieses ganze Thema Klarheit, was sich dann ja in Sachen wie Handbüchern, Beschreibungen und so weiter niederspiegelt, das war sehr zentral für uns. Mit der Erkenntnis, dass eben Kommunikation total wichtig ist.
Und eine Erkenntnis auch, die ich insgesamt habe, wo ich mittlerweile von überzeugt bin, ich glaube, dass Erfolg zwingend System braucht. Und System sind eben, System bedeutet Rhythmus und bedeutet Regel. Also dass ich im Grunde genommen abstrahiere und sage, okay, wie kann ich Muster schaffen? Wie kann ich bestimmte Vorgänge schaffen, um einen Rahmen zu geben, in dem Leistung überhaupt möglich ist. Also wenn wir uns immer wieder alles neu erarbeiten müssen, wenn wir immer wieder neu nachdenken müssen, wie machen wir das? Wenn wir keine Muster übertragen können, dann können wir nicht erfolgreich sein.
Ich glaube, dass alles, was irgendwie Erfolg hat, Regeln hat. Und ich war sehr erstaunt, ich habe das dann mal gelesen über einen Maler, sehr bekannter Maler, der seinen Tag komplett getaktet hat. Der steht immer um fünf Uhr auf, dann macht der Frühstück, dann geht der in sein Atelier. Um 10:00 Uhr dann geht er mit seinem Hund. Danach macht er Mittag. Dann legt er sich eine Stunde hin. Und so, das ist also vollkommen strukturiert. Und mir ist das aufgefallen ein bisschen, wenn man Biografien liest oder sich mit Leuten beschäftigt, die erfolgreich sind, was immer man genau unter Erfolg definiert, dass man sagt, die haben alle einen Rhythmus und die haben alle Regeln sich selber auferlegt.
Geropp:
Für sich selbst Regeln auferlegt.
Habermann:
Genau. Wie die das machen. Wenn ich in den Tag hinein lebe, dann glaube ich, dass das schwierig ist wirklich erfolgreich zu sein, genau wie ein Unternehmen, wenn nicht das ineinandergreift und ein System baut, also ein System aus den verschiedenen Komponenten, glaube ich, dass das schwierig ist.
Geropp:
Aber die Schwierigkeit hierbei, die ich jetzt so ein bisschen sehe, ist, du sagst auf der einen Seite haben wir Prinzipien, auf der anderen Seite auch Regeln. Da die Balance zu finden, wie weit muss ich runter regeln und wie weit arbeite ich mit Prinzipien?
Habermann:
Also diesen Konflikt, glaube ich, werden wir nicht aufgelöst bekommen.
Geropp:
Es ist ein Dilemma, was bleibt.
Habermann:
Genau. Das ist institutionalisiert. Also auf der einen Seite wollen wir möglichst frei sein. Das stimmt schon. Und sagen, Mensch, wir haben ja eigentlich so eine Art Vision, wie wir arbeiten wollen. Wie stellen wir uns, wenn wir wünsch dir was spielen würden, eigentlich so das Arbeitsleben vor? Auf der anderen Seite müssen wir das operational, operativ irgendwie lösen. Wir müssen es operationalisieren. Und da müssen wir Regeln für machen. Und da gehen wir teilweise sehr ins Detail. Das stimmt. Also wie kann man das lösen? Ich glaube letztendlich nur, dass man sagt, haben wir da ein gutes Gefühl bei? Beißt sich das oder merken wir, wir gehen in eine Überregulierung rein? Oder merken, wir verraten eigentlich unsere Prinzipien damit.
Geropp:
Hast du Mitarbeiter verloren aufgrund deiner Reise in den letzten zwei, drei Jahren, die da nicht mitgehen konnten?
Habermann:
Ja. Ja. Also haben wir schon. Es ist so, dass es dann auch in diesen Entwicklungen teilweise zu Konflikten kam. Das hat man schon gemerkt. Als wir zum Beispiel gesagt haben, wir wollen mehr in Aufgaben, uns von den Aufgaben lösen und mehr in Zuständigkeiten denken, war schon so, dass jemand gesagt hat, „nein also, ich mache das hier so, aber ob da jetzt ein Ergebnis kommt oder nicht, da habe ich nichts mit zu tun.“
Geropp:
Also es geht darum Verantwortung zu übernehmen und das wollte derjenige nicht?
Habermann:
Ganz klar Verantwortung. Genau. Das wir uns ja auch darüber ausgetauscht haben, was bedeutet Verantwortung. Verantwortung bedeutet für mich ja vor allen Dingen die Konsequenzen für Ergebnisse zu tragen und zu akzeptieren, dass man Entscheidungsraum hat und dann entscheidet man oder man entscheidet sich dafür nicht zu entscheiden oder man entscheidet sich dafür zu handeln oder eben nicht zu handeln. Ist genau wie ich, als Geschäftsführer, habe Mitarbeiter, weil ich mich dafür entschieden habe, das nicht selber zu machen. Ich könnte, ich entscheide mich aber dagegen. Wer ist nach außen verantwortlich? Ich. Ich könnte ja handeln.
Also es ist ja in meinem Bereich ist das ja möglich. Und so hat jeder Mitarbeiter eben seinen Verantwortungsbereich, wo er handeln kann und das aber dann eben sich entscheidet nicht zu tun, das nicht so im Detail zu kontrollieren, wie auch immer, und da hat man dann schon gemerkt, dass das nicht überall auf Resonanz gestoßen ist.
Und da gab es dann auch Konflikte. Und da haben wir auch Mitarbeiter verloren. Ja. Die aus meiner Sicht nicht bereit waren die Verantwortung zu übernehmen, sondern sehr einfach gesagt, für ihr Bemühen bezahlt werden wollten. Und das ist natürlich schwierig auf Dauer, weil das ist sehr einfach. Das ist billig. Das kostet ja nichts. Das kann man immer sagen. Und man hat dann auch immer jemanden, dem man eben die Verantwortung dann in die Schuhe schieben kann und hat gesagt,
„Nein, ich muss das nur machen. Ich schreibe Angebote, aber ob jetzt der Kunde kauft oder nicht, da habe ich gar keinen Einfluss drauf.“
Geropp:
Ja, ich glaube, das ist ganz wichtig, gerade in einer zunehmenden Welt, wo wir sind, wo es sehr komplex immer mehr wird. Ich kann nicht alles vorplanen. Ich kann nicht alles.
Deswegen finde ich das gut mit den Prinzipien und auch bei Regeln auf die Ergebnisse zu schauen und die Verantwortlichkeiten zu geben. Wenn ich das nicht mache, ganz ehrlich, dann brauche ich den Mitarbeiter eigentlich nicht.
Habermann:
Richtig. Und es ist so, ist ganz interessant für uns, dass man auch gemerkt hat in der Beschäftigung, es hat sich so auf ein paar Punkte eigentlich ja runtergebrochen, dass man gesagt hat, so ganz zentral überhaupt ist die Grundeinstellung der Person, bin ich eher Täter oder bin ich eher Opfer? Also im Sinne von kann ich, bin ich das Ergebnis meines Umfeldes?
Oder habe ich mir das Umfeld geschaffen aufgrund meiner Persönlichkeit oder auf meine Art? Also das ist ein riesen großer Punkt. Bin ich eher, kann ich handeln, kann ich Einfluss nehmen auf die Welt? Kann ich diese Delle ins Universum schlagen oder wie auch immer oder kann ich es eigentlich nicht?
Geropp:
Bin ich auch selbst bestimmt oder nicht? Ich bin ja fremdbestimmt, ich kann ja nicht.
Habermann:
Verantwortung, keine Verantwortung. Ich habe es gerade eben Täter oder Opfer genannt. Täter, also positiv konnotiert. Das ist ein riesen großer Punkt. Und ein anderer Punkt, der zentral ist, auch für unser Verständnis für den Umgang mit Kunden, für unser Auftreten, ist das Thema Selbstwertgefühl.
Ich glaube, dass eins der zentralsten Punkte überhaupt ist, bei denen Dinge scheitern, bei denen Konflikte entstehen, die darüber entscheiden, wie treten wir Kunden gegenüber? Wie verhandeln wir? Wie positionieren wir uns? Also das ist einer der wesentlichen Punkte überhaupt jeder Persönlichkeit. Was habe ich für ein Selbstwertgefühl? Wie sehe ich mich? Wie positioniere ich mich auch im Vergleich zu anderen Leuten? Welches Bild habe ich von mir selber?
Geropp:
Hendrik, ich bedanke mich recht herzlich für dieses sehr aufschlussreiche Gespräch. Vor allem jetzt zum Schluss mit den Werten und mit den Prinzipien und Regeln, wie du das Unternehmen jetzt oder deine Unternehmensgruppe führst, das passt wunderbar zu diesen allgemeinen Geschäftswerten. Das hat mir super gefallen.
Habermann:
Freue ich mich sehr. Also wir sind noch nicht, unser Weg ist nicht zu Ende. Bei uns ist nicht alles super. Das betone ich auch immer gerne, aber wir haben uns aber auf den Weg gemacht. Wir haben eine Vorstellung davon, wo wir hin wollen. Wir freuen uns, wenn wir Unterstützung bekommen und wir lernen auch noch.
Geropp:
Vielen Dank, Hendrik.
Habermann:
Sehr gerne.
Weiterführende Links
- Webseite von Hendrik Habermann
- Die AGB’S/ AGW’s des Unternehmens Habermann hoch zwei
- habermann hoch – Agentur für gegenständliche Kommunikation
- Das Unternehmen t.ü.t.e.
- Die Online-Leadership-Platform
Das inspirierende Zitat
„Antragsteller, die ein Antragsformular wünschen, müssen ein Antragsformular ausfüllen.“
Es stand in einer Regierungsverordnung des Senats der Stadt Berlin
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