fpg197 – Selbstwirksamkeit im digitalen Umfeld – Interview mit Burkhard Bensmann
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Prof Burkhard Bensmann beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit den Themen Selbstführung und persönliche Wirksamkeit.
Unter anderem hat er das Modell der Sieben Felder der Selbstführung entwickelt. Mit seinem neusten Buch geht er dabei besonders auf die extrem gesteigerte Bedeutung des Internets ein.
Ich spreche mit ihm heute darüber, wie sich die Anforderungen an persönliche Wirksamkeit und Selbstführung durch das Internet verschärft haben und wie man es hinbekommt, die eigene Selbstwirksamkeit zu stärken.
Burkhard Bensmann
Burkhard Bensmann ist Unternehmensberater, Podcaster, Honorarprofessor und Buchautor. Er begleitet unter anderem Veränderungsprozesse in Organisationen und coacht Vorstände, Unternehmer und Geschäftsführer.
Seine Erkenntnisse legte er bisher in drei Fachbüchern und zahlreichen Artikeln dar. managerSeminare listet ihn als einen der Experten für Selbstführung. Sein neustes Buch ist gerade erschienen und trägt den Titel: „Wirksam handeln durch Selbstführung“
Hier also das spannendes Gespräch mit Prof Dr. Burkhard Bensmann.
Weiterführende Links
- Burhard Bensmann’s neustes Buch: „Wirksam handeln durch Selbstführung“
- Burkhard Bensmanns Unternehmen: LD21
- Burkhard Bensmanns Podcast: „Selbstführung und Leadership Development“
- Podcastfolge fpg 117: Selbstführung, persönlicher Erfolg als Führungskraft mit Vision, Mission und Zielen
Das transkribierte Gespräch mit Burkhard Bensmann
Geropp:
Burkard, in deinem neuen Buch schreibst du, dass sich die Anforderungen an persönliche Wirksamkeit verschärft haben.
Mich interessiert, wie definierst du persönliche Wirksamkeit und dann natürlich, was sind die Gründe für diese Verschärfung?
Bensmann:
Also wie definiere ich Wirksamkeit? Vielleicht mit dieser alten Unterscheidung, die, glaube ich, schon bei Peter Drucker war in den 60ern zwischen Effektivität und Effizienz.
Aber ich glaube, es hat was mit beidem zu tun. Also Effektivität, kennen wir ja, die richtigen Dinge tun. Und ich glaube, Effektivität und Wirksamkeit sind sehr dicht bei einander von der Wortbedeutung. Wir wollen etwas bewirken, wir wollen einen bestimmten, sehr guten Grad der Zielerreichung haben. Unsere zentrale Frage ist dann eben, inwieweit habe das beabsichtigte Ziel erreicht? Das wäre so ein Aspekt davon. Effizienz, die Dinge richtig tun.
Ich kann natürlich immer, laufe ja immer die Gefahr, dass ich die falsche Sache richtig tue und das ist dann so der Punkt, wo ich sage, Effizienz ist eher sowas wie, ist das wirtschaftlich? Oder ist es leistungsfähig oder solche Aspekte. Für mich ist Wirksamkeit eine kluge Kombination aus Effektivität, die richtigen Dinge für sich definieren und Effizienz, diese Dinge dann auch wirklich, ich sag mal, mit wenig Aufwand, aber sehr positivem Ergebnis auch zu erzielen. Und das eben im persönlichen Bereich, damit meine ich, erreiche ich meine Ziele?
Aber das beginnt schon damit, habe ich mir überhaupt die richtigen Ziele gesetzt, die ich auch erreichen kann? Das hat alles was mit Definition von persönlicher Wirksamkeit zu tun.
Geropp:
Also wenn ich es richtig verstehe, geht es vor allem eigentlich erstmal um die Effektivität. Richtig?
Bensmann:
Erstmal und das finde ich auch im Coaching immer einen wichtigen Punkt, den ich versuche mit den Leuten zu erarbeiten, finde erstmal heraus, was das Eigentliche ist. Alles ist laut, alles ist irgendwie Lärm und das wirklich Wichtige wird ja oft irgendwie verborgen unter so einer Schneedecke jetzt im Moment.
Und ich finde, die eine der Fragen ist, was will ich wirklich? Und die zweite Frage ist dann, was sind dann meine wichtigsten Aufgaben oder Hauptaufgaben oder Kernaufgaben auch in der Profession oder dem Beruf, in den Dingen, die ich tue oder auch im privaten Bereich. Also Effektivität ist absolut Nummer eins.
Geropp:
Das sehe ich genauso. Jetzt schreibst du ja, dass sich das verschärft hat, die Anforderungen an diese Wirksamkeit. Was sind die Gründe für diese Verschärfung und wie äußert sich das?
Bensmann:
Ja, ich glaube, du kennst es ja auch in der Arbeit mit Führungskräften, dass die Leute zum Teil, wenn sie mal ganz ehrlich sind, sagen, ich bin entweder unzufrieden mit dem, was ich erreicht habe, weil ich den Eindruck habe, ich bringe meine PS nicht an den Boden und ich beschäftige mich immer mit den falschen Sachen.
Also das können Dinge sein, die in der Persönlichkeit liegen oder auch in der momentanen Situation. Aber ich finde, viel stärker und viel wirksamer so Phänomene, wie Beschleunigung. Ich habe den Eindruck, wenn wir, ich sag mal, nicht nur Warengeschäfte, Börsenspekulation oder sonst was sehen, alles beschleunigt sich.
Du tust etwas, du entwickelst ein Produkt und du denkst, du hast einen Markt dafür, aber Ruckzuck gibt es jemand anderes, der dasselbe Produkt hat und dann läufst du hinterher. Also Beschleunigung ist für mich ein Phänomen, was das schwieriger macht wirksam zu handeln.
Geropp:
Also das ist so auch, etwas zu verpassen, weil alles immer schneller ist?
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Dann springen die Leute auf Sachen an, ich glaube, ich habe das im Englischen mal gehört, bei denen, die Sucht nach dem Shiny Object. Also nach schnellen Lösungen oder sowas.
Bensmann:
Genau. Oder auch, je nachdem ob du das jetzt ausklicken musst, the next bis shit, sagt ja auch mancher. Sowas.
Der zweite Grund, den ich sehe, den ich auch im Buch beschreibe, ist natürlich nicht von mir, sondern etwas was andere auch feststellen, Soziologen feststellen, ist Fragmentierung. Also der elfte Finger, du weißt ja, ich spreche vom Smartphone als dem elften Finger.
Dieses angewachsene Gerät, was ja uns steuert, anstatt dass wir damit uns steuern oder uns unterstützen, das trägt ganz stark dazu bei, dass wir unseren Alltag extrem fragmentieren lassen, von außen steuern lassen, auf E-Mails reagieren und so weiter.
Also für mich ist ein zweiter Aspekt. Und da kann ich auch nur jedem der Zuhörerinnen und Zuhörer raten, da mal zu reflektieren, Fragmentierung im Alltag. Wann habe ich denn mal zwei Stunden oder drei Stunden Zeit für sowas, wie Deep Work.
Geropp:
Vielleicht kannst du mal noch definieren, was ist Deep Work für dich?
Bensmann:
Also für mich ist Deep Work, wenn man so will, der Unterschied zu einem fragmentierten Arbeitstag. Ein fragmentierter Arbeitstag wäre so, du gehst an den Schreibtisch, dann liest du erstmal deine E-Mails, dann reagierst du die E-Mails.
Dann kommt jemand rein und unterhält sich erstmal mit dir über die Ergebnisse im DFB-Pokal oder ähnliches dabei. Und am Abend fragst du dich, was habe ich eigentlich gemacht? Ich bin total fertig. Aber was habe ich eigentlich gemacht?
Das ist für viele Manager sicherlich die Regel, dass sie von Sitzung zu Sitzung laufen, aber das würde ich unter Shallow Work, wenn wir im Englischen bleiben, also auch flache Arbeit bezeichnen. Ich meine das nicht zwingend negativ. Du tauchst nicht sehr tief ein. Du gehst nicht an deine Ressourcen ran, wo du besonders kreativ bist. Du bist einfach nicht fokussiert, weil es zum Teil deine Arbeitsstruktur nicht zulässt.
Deep Work heißt, wir kennen ja den Begriff des Flow, also in diesen Flow kommen, Deep Work heißt, wir fokussieren uns total auf eine Arbeit, zum Beispiel ein Konzept schreiben oder wie ich jetzt gerade, ein Buch fertigstellen oder ähnliches. Und wir brauchen mindestens so im Schnitt jeder 20 Minuten, um in diesen Zustand, in diesen Flow-Zustand zu kommen, wo wir, ich sag mal, top fit Zugang zu unseren Ressourcen haben und richtig brillante, besondere Arbeit machen können.
Geropp:
Also das sind eigentlich die Sachen, also ich versuche es immer etwas anders zu beschreiben, aber es geht in die gleiche Richtung, dass ich sage, es sind die wirklich wichtigen Dinge, die dich weiterbringen langfristig.
Bensmann:
Genau. Aber eben auch der Zeitaspekt dabei. Also, dass du wissen musst, rein von deiner Physiologie, von deiner Biochemie, du brauchst, dein Hirn braucht 20 Minuten, um sich komplett hoch zu fahren, zu fokussieren und auch nicht mit der Störung zu rechnen. Weißt du, wenn du jetzt ein Smartphone auf den Tisch legst, das könnte jederzeit klingeln und dein Unterbewusstsein guckt sozusagen immer dahin.
Das ist alles nicht Deep Work, das ist alles wie so ein Sägezahn-Effekt. Mit der nächsten Störung müssen wir wieder neu anfangen. Und das hat mich sehr fasziniert. Ich habe unter anderem das Buch von Cal Newport dazu auch gelesen. Sehr spannend für Wissens-Arbeiter. Welche Rituale muss ich mir schaffen?
Wie sorge ich dafür, dass ich ungestört bin und mal richtig abtauchen kann? Reicht ja schon mal eine Stunde oder eine halbe Stunde. Pomodoro-Technik gibt es ja auch so. Wo du den Wecker stellst, der dann so aussah, wie eine Tomate. Daher kommt das ja.
Aber besser noch wirklich zwei oder drei Stunden und zur Not musst du halt das nicht im Büro machen, sondern vielleicht auch mal zuhause arbeiten oder wo immer du ungestört bist. Deep Work. Extrem wichtig.
Geropp:
Jetzt sagst du noch eine dritte Sache. Also das war jetzt die Beschleunigung, die Fragmentierung.
Bensmann:
Fragmentierung.
Geropp:
Und das Dritte?
Bensmann:
Das Dritte, was ich zumindest auch im Buch beschreibe, bestimmt gibt es noch weitere Phänomene, die dazu beitragen, dass persönliche Wirksamkeit heute sehr gefährdet ist, ist für mich insgesamt Unberechenbarkeit. Also wenn wir uns, du kennst das ja sicherlich auch, wenn wir uns vor zehn, 15, 20 Jahren Management-Strategie-Sitzungen in Erinnerung rufen, ja dann hat man so auf 15 Jahre geplant. Das war die langfristige Strategie.
Und wenn ich mir heute so jemand, wie Peter Kruse, dem Management-Denker, der leider verstorben ist, dem Bremer, in Erinnerung rufe, der sagt,
„Wir fahren auf Sicht. Wir fahren auf Sicht. Und wenn Nebel ist, dann können wir nur hoffen, dass wir nicht irgendwo auflaufen dabei. Oder wir sind dabei quasi auf Probe zu handeln und zu gucken, wenn wir das tun, was hat das für eine Wirkung. Okay. Können wir das weitermachen?“
Nein. Also müssen wir korrigieren. Und das meine ich mit Unberechenbarkeit. Die Dinge sind verknüpft. Sie sind unsicher. Wenn du vor 30 Jahren eine Karriere angefangen hast, dann hast du eine Wahrscheinlichkeit gehabt, dass du im selben Unternehmen weiter aufsteigst.
Das ist heute nicht mehr so. Das ist überhaupt nicht so. Ich will das gar nicht bedauern, weil ich entwickele mich ja weiter, wie die anderen auch, aber wohl dem, der sich auch bei dieser Unberechenbarkeit selber flexibel hält. Also wir fahren auf Sicht.
Geropp:
Das ist natürlich auch manchmal in gewisser Weise ein Widerspruch, wenn wir sagen, persönliche Wirksamkeit messe ich daran, dass ich meine Ziele erreiche. Wie setze ich denn Ziele, wenn alles unberechenbar ist?
Bensmann:
Genau. Das ist auch einer der Punkte, wo ich mir denke, die Art, wie wir mit Zielen umgehen, müssen wir kritisch überdenken, ohne dass, also ich zumindest habe noch keine Lösung dafür, aber ich arbeite zum Beispiel in Strategie-Klausuren noch stärker als früher schon mit Szenarien.
Geropp:
Ja. Mit Optionen.
Bensmann:
Dass man wirklich sagt, wenn sich das verstärkt, dann können wir das machen. Wenn sich das nicht verstärkt, müssen wir dies machen oder als drittes Szenario oder viertes arbeiten wir damit. Und damit auch flexibel im Kopf zu bleiben. Ich glaube, das hilft.
Das gilt genauso übrigens für die persönlichen Szenarien. Also keine Ahnung, wenn dein Traumbild ist, du willst fünf Kinder in die Welt setzen und auf einem großen Bauernhof leben, du dann aber irgendwie von deinem Partner oder Partnerin getrennt bist, dann brauchst du halt irgendwie andere Ziele. Das manische Festhalten alleine führt nicht dazu, dass wir die Ziele erreichen. Im Gegenteil.
Geropp:
Ja, ich arbeite dann auch lieber gerne dann, was diese langfristigen Sachen angeht, mit einem Bild, einer Vision, die eher emotional gefüllt ist, die verschiedene Arten von Zielen zulässt dann.
Bensmann:
Ja. Das halte ich für sehr klug, weil für mich gibt es auch sowas, wie den Terror der falschen Ziele. Also dass Menschen, sagen wir mal, sich super gut mit getting things done oder sonst was super organisiert haben vermeintlich, aber ein so starres Konstrukt von sich selbst auch haben, dem sie genügen müssen.
Die haben vielleicht die strengen Eltern dann durch ihr eigenes Zielsystem ersetzt. Das ist nicht wirklich das eigene und das hilft ihnen auch nicht im Sinne eines Management-Tools, sich selbst auf Kurs zu bringen, uns auf Kurs zu halten. Oder auch den Kurs zu verändern natürlich.
Geropp:
Ja, das leuchtet mir ein. Burkhard, wie bekomme ich es denn hin als Führungskraft jetzt, trotz dieser Verschärfung, trotz dieser Schwierigkeiten, Beschleunigung, Fragmentierung und Unberechenbarkeit, wie bekomme ich es hin, meine Selbstwirksamkeit zu stärken?
Bensmann:
Das ist natürlich eine sehr komplexe Frage. Ich glaube, am Anfang steht, wie fast immer bei allen solchen Fragen, die Anamnese, wenn man so will. Also die Selbstuntersuchung, die Analyse meines Zustands. Wo bin ich eigentlich im Moment? Wie beurteile ich den Zustand?
Vielleicht, wie bei so einer persönlichen Planungsklausur zurückzuschauen, also am besten irgendwie auf die Nordsee-Insel gehen und eine Auszeit nehmen und mal eine Rückschau halten. Also das wäre für mich Schritt eins. Wie kann ich meine Selbstwirksamkeit verstärken? Dann würde ich erstmal sagen, wo bist du denn im Moment? Mach doch mal eine Positionsbestimmung.
Geropp:
Also ganz kurz. Im Prinzip ist es erstmal überhaupt zu sagen, nimm dir eine Auszeit dafür?
Bensmann:
Exakt, exakt. Also ich werde nicht müde, ich hatte jetzt auch ein kurzes Video mal wieder bei meinem Podcast da zusätzlich noch mal eingestellt über eine persönliche Planungszeit. Ich halte das für elementar wichtig.
Wenn wir immer nur Manager sind, wenn wir immer nur so kurzzeitig entscheiden, ich meine, du sagst es ja auch, gönnst dir ja selbst eben auch diese Auszeit. Ich glaube, für ein wirksames Leben ist der Rückzug aus dem Fluss des Alltags also extrem wichtig. Das machen wir ja beide. Da sind wir ja Prediger. Genau.
Also insofern, das wäre Punkt eins. Und Punkt zwei wäre für mich, ich habe da ja die sieben Felder, die wir damals schon mal diskutiert haben. Also dass ich anfange, zum Beispiel checke, wie weit gilt eigentlich meine Vision noch. Das passt dann auch gut zu dem, was wir eben gesagt haben. Oder muss ich meine Vision verändern, weil sich die Welt verändert hat oder meine Lebenssituation sich verändert hat? Und die zweite Frage, die damit zusammenhängt, auch meine Mission. Weiß ich überhaupt, warum ich auf der Welt bin? Also habe ich dafür eine klare Erklärung?
Geropp:
Ich sollte mich es zu mindestens immer wieder mich fragen. Was sind so die Besonderheiten, die ich der Welt geben kann, weil dann wird es spannend. Dann habe ich eine Aufgabe.
Bensmann:
Ja und du bist auch stabiler. Also das ist so einer der Punkte, wo ich auch sage, das hat mich auch interessiert nach einigen Jahren wieder mal ein Buch über diese sieben Felder auch zu schreiben.
Wir haben ja bei den Ergebnissen der, zum Beispiel, positiven Psychologie, haben wir ja einfach auch Hinweise darauf, dass ein gutes, stabiles Grundkonzept, also so eine Art Glaube, das kann religiös sein, das kann aber auch ein anderer sein, dass sowas, eben die Mission, warum bin ich da, eine Erklärung meines Sinns einfach mich viel stabiler macht und auch gesundheitlich viel robuster letztlich macht.
Also das wäre für mich ein zweiter Punkt zu sagen, wo auch immer ich im Moment bin, in welcher Phase, ist mir meine Mission klar? Kann ich darauf mir selbst eine Antwort geben und in den Spiegel schauen und sagen, „ja das ist in Ordnung. Das ist meine Erklärung, warum ich da bin.“ Und daran glaube ich auch. Ich glaube, das ist ein zweiter Punkt. Und da haben manche Leute so erfolgreich sie auch nach außen sind, ich glaube, da haben sie ein bisschen Nachholbedarf, da hinzuschauen.
Geropp:
In dem Zusammenhang habe ich in deinem Buch einen sehr schönen Spruch von dir gelesen. Den fand ich sehr treffend. Ist mir aber so bisher noch nicht so untergekommen. Jetzt gibt es ja viele, die sagen, mach doch deine Begeisterung, deine Leidenschaft zu deiner Arbeit.
Dann musst du nie wieder arbeiten. Und du schreibst, deswegen finde ich das sehr bemerkenswert, wenn wir unser Hobby zum Beruf machen, also unsere Begeisterung, unsere Leidenschaft leben, dann brauchen wir noch ein neues Hobby.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Sprich doch da mal drüber, weil das finde ich sehr pointiert.
Bensmann:
Gerne. Also ich bin unter anderem drauf gekommen durch ein Interview, was ich mal geführt habe mit dem Mitgründer des Museums Prototyp Thomas König in Hamburg. Auto-Museum. Und der hat tatsächlich sein Hobby zum Beruf gemacht.
Er hat immer gerne an Autos geschraubt und fand das immer toll, wenn die Leute sich dann da trafen in der Schrauberbude. Und der hat das, soweit ich weiß, einzige private, auf Dauer wirklich sich selbst tragende, Auto-Museum geschaffen oder zumindest eines unter wenigen dabei. Und von dem stammt das. Der auch gesagt hat,
„Ich bin dann irgendwann an den Punkt gekommen, dass ich mich so sehr sozusagen fokussiere und mit meiner eigenen Arbeit identifiziere, dass da auch nichts anderes mehr blieb. Also wo kann ich mich mal erholen? Wo kann ich mal ein anderer sein beispielsweise?“
Das ist genau der Punkt. Ich habe da sehr drüber nachgedacht auch und ich habe dann auch andere Führungskräfte gefragt. Es gibt, Gott sei Dank, eine Tendenz seit ein paar Jahren, die ich wieder wahrnehme, dass der Begriff des Hobbys wieder ernster genommen wird, auch unter Führungskräften. Früher war das verpönt. Also wenn du ein Hobby hattest, dann musstest du das irgendwie integrieren in deine Arbeit. Und natürlich auf dem Golfplatz dein ganzes Business machen oder sowas.
Heute kommt da für mich zumindest bei einigen, so eine Trendwende rein. Dass man sagt, Hobby ist Hobby. Und wenn ich als Hobby Sport habe und Marathon laufe, dann möchte ich mich dabei bitte erholen und nicht meine Knie ruinieren. Also ich halte es für wichtig und das sage ich im Coaching auch gerne und auch sonst in der Beratung, checke einfach mal, ob du einen Bereich hast, außerhalb deines Berufes, indem du komplett aufgehst und die Zeit vergisst und auch in einem Flow bist und vielleicht etwas machst, was anders ist als das, was du im Beruf machst. Für Männer ist das übrigens zunehmend in den letzten 20 Jahren Kochen. Ist auch so ein Trend.
Geropp:
Ja. Stimmt.
Bensmann:
Dass Männer da Späßchen dran haben. Für mich ist da, du kennst es ja auch, das Schrauben an alten Autos oder sowas. Da vergesse ich die Zeit und da, da kann ich abschalten. Also deswegen der Tipp an die Hörerinnen und Hörer, ich halte es nicht für so klug, das Hobby zum Beruf zu machen und dann kein Hobby mehr zu haben. Wenn das passiert, ist das gut, aber dann braucht man was Neues.
Geropp:
Das finde ich sehr schön. Kann ich auch absolut unterstützen. Ja.
Bensmann:
Vielleicht noch ein Ding, Bernd. Ich bin, früher habe ich mal gesagt, Leidenschaft ist super. Das ist mir auch bei der Arbeit im Rückzug, als ich an dem Buch geschrieben habe, noch mal deutlich geworden, ich finde Leidenschaft gar nicht mehr so gut, den Begriff. Das ist so ähnlich, wie für eine Sache brennen oder sowas. Ich finde die Bilder gar nicht so schön.
Also Leidenschaft, sag ich jetzt ketzerisch, ist das, was Leiden schafft. Und das kann gut sein, wenn du dich manchmal wie ein Sportler sozusagen in die nächste Ebene bringst, das ist okay. Aber ich empfehle eigentlich weniger von Leidenschaft zu sprechen und mehr von Begeisterung. Vielleicht ist das nur eine semantische Unterscheidung, aber ich würde eher vom Geist kommen, was begeistert mich wirklich. Nur als Vorschlag.
Geropp:
Würdest du sagen, Leidenschaft hat dann eher dieses negative, verbissene, es gibt nichts anderes mehr, ist es dass, was dich daran stört?
Bensmann:
Ja. Genau. Und auch so, was selbst und andere ausbeuten, wo ich dann denke, dem wird alles untergeordnet und ich vermute mal so eher aus der klassischen Philosophie, ist eher so der Begriff des, was ist das richtige Maß in dem Zusammenhang.
Geropp:
Ja. Okay.
Bensmann:
Und da finde ich dann den Begriff Begeisterung einfach so zum Nachdenken ganz spannend zu gucken, was begeistert mich auch wirklich. Und was begeistert, Führung ist ja auch Begeisterung anderer und Selbstmotivation damit ja auch. Also ist jetzt einfach nur mal ein Vorschlag. Vielleicht gehe ich da auch gerade ein bisschen, vielleicht bin ich da auch zu pingelig. Ich weiß es nicht.
Geropp:
Ja, also wenn du es in die Richtung bewertest, dass du sagst, es muss noch was anderes da sein, sonst kann es zumindest in die Richtung gehen, dass es ungesund wird, kann ich das nachvollziehen. Burkhard, wir haben vorhin schon drüber gesprochen, mit deinem elften Finger, diesem iPhone oder dem Smartphone. Heutzutage werden ja immer mehr auch Messenger-Systeme eingesetzt.
Gerade in so jungen Unternehmen, Startups wird zum Beispiel sowas wie Slack gerne zur internen Kommunikation in Projekten eingesetzt. Und da wird ein Loblied drauf gesungen. Ich kann es teilweise auch nur bedingt nachvollziehen, denn es gibt ja auch negative Stengen. Und bei dir habe ich jetzt das erste Mal diesen Begriff Slacklash gehört. Also ein Wortspiel aus Slack und Backlash, also Rückschlag. Sprich doch mal drüber, was hat es damit genau auf sich?
Bensmann:
Also gefunden habe ich den Begriff vor einer Weile. Ich denke mal, das müsste so ein Jahr her sein. Ich glaube, es war Wired Magazine oder Fast Company Magazine. Ich glaube, es war Wired Magazine in der amerikanischen Ausgabe. Und da ging es darum, dass die beschrieben haben, dass in vielen Unternehmen zwar solche Messenger-Systeme eingeführt sind, übrigens auch gerade unter dem Aspekt interne Kommunikation zu fördern, die Wirksamkeit des Teams zu fördern und solche Geschichten.
Und dass die Leute festgestellt haben, das ist nicht der Kanal, in dem kommuniziert wird, sondern das sind viele Kanäle, die da stattfinden, viele Gruppen, die da drin sind und parallel kommuniziert man auf den anderen Kanälen ja auch noch weiter. Und wohlmöglich schickt man sich noch WhatsApp oder SMSen und sonst was dabei.
Und der Artikel beschrieb sehr, sehr anschaulich, dass einfach viele Leute den Kanal voll haben, drastisch gesagt, und sich davon befreien und einfach sagen, was haben wir uns da angetan? Wir sind nicht effektiver, sondern wir sind zum Teil trivialer in unserer Kommunikation. Also ich stelle eh fest, wie wahrscheinlich viele andere auch, dass die Art, wie E-Mails geschrieben werden zum Teil so schlecht und so oberflächlich ist und so wenig nachgedacht ist, dass ich ja dadurch, ich kann es ja auch über SMS genauso oberflächlich kommunizieren, dass ich dadurch eigentlich gar nicht das Medium, den Weg gar nicht verdammen muss, sondern meine Art sorgfältig zu kommunizieren und drüber nachzudenken, was ich eigentlich will und was ich damit anrichte so ungefähr. Und das stellen offensichtliche viele Unternehmen fest, dass diese Phänomene noch mal multipliziert diese Problematik.
Geropp:
Also die Problematik, die wir eigentlich schon die ganze Zeit haben, seit wir E-Mails haben, positive wie negative Eigenschaften. Also dass dann zum Beispiel, ach ich schreibe einfach an alle, diese Sachen sich nicht genau überlegt. Was für einen Betreff nehme ich und so weiter.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Und das wird noch mal potenziert, wenn ich jetzt diese ganzen Messenger-Systeme habe. Also ich werde noch krasser in diese ja teilweise pseudo-Kommunikation reingezogen. Vermeintlich extrem schnell, aber irgendwie nicht sauber durchdacht.
Bensmann:
Genau. Und da hast du auch wieder Beschleunigung dabei. Aber Beschleunigung eigentlich im Sinne von ich habe eine Unklarheit und die streue ich jetzt noch beschleunigt in die Welt, sodass ich die Unklarheit dann auch vervielfache so ungefähr. Ist natürlich dramatisch.
Ich bin auch noch mal drauf gekommen in einem relativ neuen Buch, was ich gelesen habe von Markus Albers, dem Journalisten, der aber auch selber eine Firma hat, ich habe darüber auch ihn im Podcast mal befragt. Und er sagte, er hat das als Chef im eigenen Unternehmen erlebt einfach, dass er auch dachte, das ist schlau, sowas einzuführen und dann aber nicht oder erst später dann realisiert hat, welche Nebeneffekte das hat.
Also von daher, ich bin sehr skeptisch. Ich würde sagen, wir müssen uns immer die Frage stellen, was ist wirklich hilfreich für uns? Was ist wirksam? Wo ist ein vernünftiges Verhältnis von Investment an Zeit und Outcome sozusagen an Klärung, Unterstützung, Projektemanagement und so weiter. Ich kann, das habe ich auch geschrieben im Buch, kann jedem Unternehmens-Besitzer, Inhaber nur raten, Achtung, das war jetzt, glaube ich, auch die Zwischenüberschrift Achtung Tool sozusagen, Social Media Tool oder Collaboration Tool habe ich, glaube ich, geschrieben.
Geropp:
Collaboration Tool. Ja.
Bensmann:
Seid achtsam da.
Geropp:
Ich meine, die Tools an sich sind ja eigentlich auch toll. Also ich habe auch jetzt in Projekten auch schon Slag genutzt und das gefällt mir. Ich glaube, die größte Herausforderung ist, dass wir selbst das Tool bedienen und dass das Tool nicht von uns fordert ständig on zu sein.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Das heißt, es gibt Zeiten, da nutze ich das. Und es gibt Zeiten, da nutze ich das überhaupt nicht. Und ich werde mich auch nicht, ähnlich wie bei E-Mails, die Pling hochkommen, das gibt es dann nicht.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Ein Punkt, der hat mir auch noch sehr gefallen, den du geschrieben hast, der passt dazu. Das ist Rastlosigkeit ist eine wirksame Art der Selbstsabotage. Und du hast das beschrieben, dass du gern mehr Mut zur Muße hättest. Und das ist gerade, wenn man, das beobachte ich bei mir selbst auch, in der heutigen Zeit mit Smartphones am Mann gar nicht so einfach umzusetzen, weil wir es nicht mehr gewohnt sind Langeweile zu ertragen.
Mir ist jetzt erst wieder, ich war eben gerade Brötchen kaufen, da war eine ewig lange Schlange. Das erste, was ich mache ich ziehe mein Ding raus. Da sind noch zehn Leute vor mir. Natürlich schaue ich mir an, habe ich eine E-Mail bekommen? Gehe ich in Facebook rein. Was passiert auf Twitter? Weil, ich kann es nicht ertragen in der Schlange nichts zu tun. Was rätst du den Menschen um wieder mehr Muße zu bekommen?
Bensmann:
Ja, also ich glaube, was hilft, ist zu schauen, was wissen wir eigentlich, also was sagt uns die Wissenschaft? Was wir gelernt haben aus ganz vielen Untersuchungen der letzten Jahre ist einfach, dass das Smartphone mit dazu beiträgt, dass wir unseren Alltag fragmentieren. Das hatten wir ja vorhin schon mal. Und das alleine sorgt schon mal dafür, dass wir nicht besonders wirksam sind, weil wir, wie gesagt, uns dann wieder, wie heißt das so schön, von Hölzchen auf Stöcksken kommen.
Also wir lassen uns eigentlich von dem, was gerade zufällig hoch poppt wieder ablenken und folgen dann dem Weg bis der nächste ein Stöckchen wirft und dann folgen wir dem nächsten Stöckchen wieder. Das ist der eine Punkt. Aber der andere Punkt ist vielleicht sogar noch dramatischer, weil er nicht nur wirtschaftlich ist. Das, was Alexander Markowitz und andere Forscher rausgefunden haben, ist einfach, es macht uns unzufriedener. Und das finde ich, das ist eine krasse Geschichte.
Also unsere Lebenszufriedenheit nimmt ab. Diese vielen Pseudo-Kommunikationen führen nicht dazu, dass man das Gefühl hat, man ist qualitativ in irgendeinem Freundeskreis angekommen und pflegt den, sondern ich habe eigentlich eher den Eindruck, ich verpasse immer irgendetwas. Oder die Party findet gerade ohne mich statt. Oder. Oder. Oder. Und das ist für mich so ein Punkt, wo ich sage, Achtung. Sind wir jetzt Unternehmer oder sind wir Unternommene? Und wenn man für sich sagt, Moment, ich bin natürlich Unternehmer in eigener Sache und ich sorge dafür mich selbst auszurichten, was ich wirklich will, dann setze ich einen Stopp gegen diese Rastlosigkeit. Und einen Stopp zu setzen, das ist eben gerade, sind Tätigkeiten der Muße und das sind Tätigkeiten, wo man sich vielleicht auch in so einer Schlange erwischt und sich selbst sagt, nein, du ziehst das Telefon jetzt nicht raus und du beobachtest dich einfach mal, wie du dich fühlst dabei?
Und dann merkt man vielleicht an sich selbst, dass man schon nervös wird, dass man ungeduldig wird und sonst was, aber so zur Menschwerdung und um seine eigenen Social Skills auch zu entwickeln, geht es nicht über Social Media, sondern eher über Selbstbeobachtung und auch Selbsterziehung, wenn man so will.
Und in solchen Situationen dann einfach da zu sein und nicht schon wieder im sozialen Raum irgendwo in den Medien rum zu daddeln. Also das ist für mich einer der Punkte, das ist nicht nur Social Media. Ich glaube, das ist überhaupt so eine Manie, dass wir glauben, wir dürfen uns nicht dabei erwischen lassen, dass wir gerade nichts tun.
Also wenn du durch die Unternehmen gehst, gerade in Deutschland ist es ja immer noch so der Fall, du hast ja irgendwelche Großraumbürolösungen oder was weiß ich, so Offices, wo man reingucken kann, ja in Herrgotts Namen, du kannst doch nicht nur einfach da sitzen und aus dem Fenster gucken. Das ist doch schon verdächtig.
Geropp:
Ja, das stimmt.
Bensmann:
Wir haben doch die Kultur des beschäftigt Tuns.
Geropp:
Ich habe, ich glaube, in einem der letzten Kapitel bei dir, machst du, hast du einen Vorschlag für einen Mediencheck. Das heißt, du gehst eigentlich alle Sachen durch, was du liest online.
Oder auch, was weiß ich, wie viel Fernsehen du schaust und machst so eine Aufnahme quasi über einen Monat. Und schreibst dahinter, wie wichtig ist mir das eigentlich? Vielleicht kannst du da noch mal drauf eingehen? Das fand ich auch eine sehr gute Herangehensweise.
Bensmann:
Auch wieder diese Anamnese, diese Ist-Analyse ist für mich bei dem, was ich Social Media Diät oder eben nur Media Diät nenne. Ganz wichtiger Bestandteil, also erstmal rauszufinden, wo geht eigentlich meine Zeit und wo geht meine Aufmerksamkeit hin.
Und dann stelle ich fest, ich gehöre auch zu den Leuten, die dann gerne mal ein bisschen rumsurfen und dann bin ich halt doch bei FAZ.de und dann gehe ich zu spiegel.de oder ich will mal gerade was suchen im Internet und recherchiere ganz konzentriert. Dann habe ich aber nach drei Klicks vergessen, was ich eigentlich will.
Geropp:
Bin ich ja froh, dass es nicht nur mir so geht.
Bensmann:
Ja so. Und das mir als Spezialisten für Selbstführung. Also ich bin da der Schuster mit den abgelaufenen Ansätzen und darum interessiert mich das Thema auch einfach so. Also was tue ich selbst. Was rate ich meinen Coaching-Kunden auch.
Schreibt doch mal bitte, ähnlich wie beim Zeitmanagement einfach wir das ja machen, wir nehmen uns eine Woche oder mehrere Wochen und schreiben auf, wo wir einfach etwas mehr Überblick darüber kriegen, was mache ich eigentlich? Denn ich mache ja viele Sachen einfach so und registriere das gar nicht mehr. Es ist ja ganz unbewusst ganz viel auch. Und da ein bisschen mehr Herr im eigenen Haus zu werden oder auch darauf zu achten, was zwischen den beiden Ohren passiert und verarbeitet wird, das ist das, wo ich sage, Media-Diät oder Medien-Diät machen.
Und das bezieht sich halt nicht nur auf so Sachen, die, in Anführungszeichen, negativ sind, sondern durchaus auch so Sachen, wie nutze ich die Mediatheken zum Beispiel, um mir abends irgendwie einen unterhaltsamen Krimi oder sowas runterzuziehen. Das gehört für mich genauso dazu. Und dann ist man manchmal überrascht, manchmal auch mit einem schlechten Gewissen, muss man vielleicht gar nicht haben, dass da einfach viel Zeit verdaddelt wird, aber man nicht unbedingt zufriedener ist.
Geropp:
Ja. Ja. Ja. Ich meine, wenn man es verdaddelt und man ist wirklich ehrlich damit zufrieden, dann ist das ja in Ordnung.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Aber ich empfinde das genauso, wenn ich das zu viel mache, werde ich unzufrieden.
Bensmann:
Genau.
Geropp:
Es befriedigt nicht. Man ärgert sich über sich selber.
Bensmann:
Ja. Genau. Und dann kannst du theoretisch besser etwas anderes machen oder sogar praktisch, indem du aufstehst und keine Ahnung, im Zweifel den Abwasch machst oder sonst was. In vielen Fällen bist du dann zufriedener einfach. Aber erstmal Selbstbeobachtung. Das ist eben der Punkt dieser Inventur, wenn man so will.
Geropp:
Also jetzt allgemein, nicht nur bei diesen Sachen sonst, aber wenn ich sowas verändern will, jetzt habe ich erkannt, okay, ich mache da etwas, eine Gewohnheit, die möchte ich gerne verändern. Ich schaue zu viel Fernsehen zum Beispiel oder zu viel Mediathek, weiß der Teufel.
Jetzt braucht es ja eine gewisse Disziplin um mich zu verändern. Wie viel Disziplin braucht es für so eine persönliche Veränderung und was mache ich denn, wenn ich der Meinung bin, dass ich keine Disziplin habe?
Bensmann:
Also da müssen wir jetzt natürlich an verschiedenen Ecken anfangen zu arbeiten. Ich nehme mal nicht das Schwierigere, wenn du der Meinung bist, du hast keine, das ist ja so ein Glaubenssatz, wo man wahrscheinlich viele Gründe auch dazu findet, müsste man auch angehen. Ich fange mal auf der anderen Seite an. Ich glaube und das habe ich auch schon öfter gesagt mal, ich glaube, dass Disziplin überbewertet wird.
Dass wir es uns darum auch ein bisschen leicht machen, indem wir sagen, „habe aber keine Disziplin, dann brauche ich auch gar nicht damit anfangen.“ Disziplin ist wichtig, wenn ich auch so Konzepte, wie Roy Baumeister, Igo de Plieschen und solche Geschichten anschaue. Disziplin ist wichtig, wenn wir für uns sagen, ich muss ein Ritual oder eine Gewohnheit verändern.
Also ich will jetzt nicht, wie immer, vom Rauchen, nicht mehr Rauchen sprechen oder sowas, aber vielleicht früher aufstehen oder morgens meine wichtigsten Aufgaben mir erst vor Augen führen, bevor ich jetzt E-Mails schreibe oder sowas. Disziplin brauchen wir ungefähr so als dicker Daumen, brauchen wir für die ersten zwei oder drei Monate, wenn wir etwas bei uns verändern wollen, eine andere Gewohnheit einführen wollen. Disziplin brauchen wir danach kaum noch.
Und ein Beispiel, was ich anderer Stelle ja auch schon mal gebracht habe, das ist wie mit dem Zähneputzen. Also unsere Eltern mussten uns ein bisschen dazu nötigen, dass wir uns die Zähne putzen, aber mittlerweile haben wir das so bei uns eingepflanzt, das ist normal.
Geropp:
Das ist eine Gewohnheit geworden. Die kommt automatisch.
Bensmann:
Genau. Und wir wissen rational obendrein, dass das hilfreich ist, damit uns die Zähne nicht ausfallen und so weiter. Aber wir denken nicht drüber nach und wir brauchen auch wenig Disziplin oder wenig Willensaufwand sozusagen, um diese Gewohnheit weiterzuführen.
Ich glaube, der Punkt ist, wir müssen uns klar machen, jedenfalls ist das hilfreich, wenn wir das machen, dass wir eigentlich über die ersten Wochen hinweg kommen müssen. Dafür brauchen wir Disziplin. Ich glaube, was uns hilft ist, aber das ist auch, wenn man so will, alte Erkenntnis, dass wir schon uns eine Antwort geben müssen, wofür ist das eigentlich gut. Und dass das auch nicht dieses wofür ist das gut auch nicht irgendwie, damit wir nicht 85, sondern 89 werden, weil die Belohnung ist zu weit weg.
Wir müssen uns sicherlich irgendwie sowas wie eine Möhre hinhängen, die so eher mittelfristig taugt. Oder wir müssen uns dann, das kennst du ja auch, solche Konstrukte, einen Lernhelfer suchen. Also keine Ahnung, sich über jemand anderes erklären und sagen, du, übrigens ich stehe jetzt jeden Morgen auf. Ich mache sowas ganz trivial mit meinen Coaching-Kunden. Ich hatte jetzt gerade einen neuen Coaching-Kunden, der hat gesagt, „Mensch, ich will aber ihnen berichten müssen, dass ich jetzt mehr Sport mache.“ Habe ich gesagt, „kein Thema.
Schicken Sie mir eine SMS einmal die Woche, wie viel Kilometer Sie laufen und wie viel Zeit Sie dafür brauchen.“ Das macht der jetzt. So und jede Wette, dass er in spätestens zwei Monaten, das für ihn vollkommen normal ist, auf diese Art und Weise eben Sport zu machen. Also insofern ja es braucht Disziplin, aber ich glaube, dass Disziplin als Begriff oft überbewertet wird und damit auch schon viel leichter zu einer Entschuldigung taugt. Das braucht es aber nicht.
Geropp:
Braucht es nicht. Burkhard, ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch. Das war wieder sehr erhellend, fand ich. Und was die Selbstwirksamkeit angeht, kann ich auch jedem nur empfehlen sich dein Buch mal zu Gemüte zu führen.
Ich habe es dir vorhin schon gesagt, mir gefällt bei deinem Buch besonders gut, es ist kein Schmöker über 500 Seiten, sondern es ist sehr praktisch geschrieben. Man kann das auch wirklich gut lesen und ich weiß jetzt nicht, wie viel Seiten es sind, ich habe es, glaube ich, in eineinhalb Stunden gelesen und es hat richtig Spaß gemacht. Genauso muss das sein. Vielen Dank für das schöne Gespräch Burkard.
Bensmann:
Danke. Bernd, ich danke auch dir und ich grüße einfach noch mal alle Hörerinnen und Hörer und sage frisch ans Werk, was die Selbstwirksamkeit betrifft.
Geropp:
Wunderbar. Danke dir.
Das inspirierende Zitat
„Dem wird befohlen, der sich nicht selber gehorchen kann.“
Friedrich Wilhelm Nietzsche
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