fpg207 – Was tun, wenn Ihr Unternehmen übernommen wird? – Interview mit Judith Geiss
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Heute sprechen wir über Firmenübernahmen. Worauf können Sie sich als Führungskraft einstellen, wenn Ihr Arbeitgeber ein mittelständisches Unternehmen ist und plötzlich von einem amerikanischen Konzern aufgekauft wird?
Der deutsche Mittelstand ist eine Erfolgsgeschichte. Die Mehrheit – und zwar genau 61 % – der deutschen Beschäftigen arbeiten in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen. Meist sind diese Unternehmen in privater Hand – teilweise schon seit Generationen.
Aber jedes Jahr werden einige dieser Unternehmen auch verkauft – beispielsweise an einen Wettbewerber oder einen Investor oder an ein größeres Unternehmen im Ausland.
Amerikanische Unternehmensübernahmen
Laut Schätzungen werden jedes Jahr etwa 130 bis 140 deutsche Mittelständische Unternehmen von großen amerikanischen Firmen übernommen.
Für die deutschen Mitarbeiter ist das häufig ein Schock. Sie wissen nicht genau, was da auf sie zukommt. Die Verunsicherung ist groß, weiß man doch, dass die amerikanische Mentalität des Hire and Fire eine ganz andere ist als die in unserer deutschen sozialen Marktwirtschaft. Da prallen zwei Kulturen aufeinander und da ist es verständlich, das die Mitarbeiter verunsichert sind.
Judith Geiss
Über amerikanische Übernahmen unterhalte ich mich heute mit Judith Geiss. Sie ist Inhaberin der Beratungsgesellschaft „The Bridge“ und hat sich auf die Betreuung von mittelständischen Unternehmen spezialisiert, die von einem amerikanischen Unternehmen akquiriert werden.
Ihre Aufgabe ist es im Übernahmeprozess Brücken zwischen zwei Unternehmenskulturen zu bauen. Vor Jahren war sie persönlich von solch einer Übernahme betroffen, hat da viel gelernt und kennt sich somit sehr gut damit aus. Heute hilft sie mit diesem Wissen betroffenen Unternehmen und deren Mitarbeitern.
Ich unterhalte mich mit Ihr über typische Unterschiede zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Management, über die Veränderungen, die sich bei einer solchen Übernahme ergeben und welche Tipps sie hat für die Mitarbeiter und Führungskräfte, um mit der Übernahme erfolgreich umzugehen.
Freuen Sie sich mit mir auf das Interview mit Judith Geiss.
Weiterführende Links
- Webseite von Judith Geiss
- Hier geht es zum White Paper:
„7 notwendige Schritte damit ihr Team im Übernahmeprozess zusammenhält.“ - 106 amerikanische Vokabeln, Abkürzungen und Redewendungen
Das transkribierte Interview mit Judith Geiss
Geropp
Judith, was kommt auf die Mitarbeiter normalerweise zu, wenn ein mittelständisches Unternehmen von so einem amerikanischen Unternehmen übernommen wird? Vor allem, was verändert sich für die Mitarbeiter in der Wahrnehmung?
Geiss
Also ich glaube im ersten Schritt ist folgendes einfach, dass sie erstmal ein bisschen in Schockstarre verfallen. Das heißt, momentan erstmal gar nicht wissen, was passiert denn hier überhaupt. Also es ist sehr oft so gerade im Mittelstand, viele Jahre sind die Mitarbeiter schon vor Ort, arbeiten dort. Also Klassiker, Ausbildung dort gemacht und sind noch länger dort und so. Und dann ist es einfach erstmal ein Schreck, weil, wie du ja auch weißt, die Mitarbeiter erfahren es nicht unbedingt zuerst. Dann ist es halt erstmal zurechtfinden. Gucken, wie geht es jetzt weiter. Die Kommunikation suchen auch mit der Führungskraft. Also ich erlebe das oft, dass dann halt plötzlich gar nicht mehr gesprochen wird. Und das finde ich einfach schade, weil ich einfach denke, dass die Kommunikation da sehr helfen würde.
Geropp
Aber dazu müssen es die Führungskräfte natürlich auch selber wissen. Die müssen auch wissen, was sie sagen können oder?
Geiss
Ja, das stimmt. Die wissen auch nicht immer alles, aber ich denke, dass empfiehlst du ja auch, dass man dann im Endeffekt auch mal sagen kann, ich weiß es einfach nicht. Also ich gehe in mein Büro, wie mein, also ich kann es von damals von meiner Geschichte als mein Arbeitgeber übernommen wurde, ja, plötzlich war der Chef verschwunden und dann gab es irgendwie Mails. Mail. Mails. Mails
Geropp
Ja okay, das ist natürlich voll toll. Ja.
Geiss
Und mit Mails zu kommunizieren ist schlecht. Vor allem auch, was sich verändert.
Geropp
Da geht es ja darum, auch die Angst den Leuten zu nehmen und das kriege ich nicht mit einer E-Mail hin.
Geiss
Genau. Also die Angst ist halt natürlich groß, weil, was man natürlich bei Amerika dann erstmal hat, oh Englisch.
Geropp
Ja. Okay.
Geiss
Jetzt nehme ich mal die klassische, Leiter, Leiterin Rechnungswesen, 30 Jahre im Unternehmen, da war das Schulenglisch einfach nicht so ausgeprägt, nennen wir es mal so. Und dann kommt halt eine riesen Angst, was mache ich? Und ich habe da schon für mich persönlich Beispiele gesehen, die ich nicht so toll fand, wo es dann wirklich an in Telekos übersetzen oder sowas. Und ich sage dann wirklich,
„Okay, Leute, macht euch ein Bild, wo habe ich meine Stärken? Wo habe ich meine Schwächen? Also Bilanzierung rauf und runter kein Problem. Englisch habe ich ein Problem. Also muss ich da dran was machen.“
Da auch natürlich mit der Führungskraft oder dann natürlich mit dem Geschäftsführer als Leitung sagen, „okay, ich brauche da Englisch.“ Und wenn ich das brauche, dann sagt die Führungskraft wieder für ihr Team, braucht das sicherlich mein Team auch. Und da machen wir da was zusammen draus.
Geropp
Richtig. Da kann man ja auch dann wirklich schöne Angebote, dass man sich einen Englisch-Lehrer reinholt ins Unternehmen und in einer kleineren Gruppe die Sachen macht. Da gibt es ja die verschiedensten Spielarten, glaube ich, um die Leute auch vorzubereiten und zu unterstützen dabei.
Geiss
Ja. Also ich hatte das selbst auch mal bei einem Arbeitgeber. Da gab es wirklich einmal die Woche die Möglichkeit, also Anfänger, Fortgeschrittene und so weiter, fachspezifisch auch Englisch, also Business-Englisch und so. Und das war wirklich super, weil ich wusste dann Mittwoch Abend nach Feierabend. Der kommt. Das Unternehmen zahlt den Lehrer. Ich muss meine Zeit liefern. Und wie toll ist es denn in einer wirklich kleinen Gruppe da dann einfach auch an seinem Englisch zu feilen. Und das macht dann auch gemeinsam Spaß.
Geropp
Ja. Das denke ich mir. Wo siehst du denn die größten, typischen Unterschiede zwischen so einem Management amerikanischer Prägung und so einem mittelständischen Unternehmen in Deutschland?
Geiss
Also meist ist dieses deutsche Unternehmen auch ein Familienunternehmen. Das heißt, wir haben einmal natürlich das Thema, dass wir Familienunternehmen geprägt sind, sag ich jetzt mal und dann kommt der klassische Konzern. Ich glaube, das ist schon mal ein großes Thema, einfach ein Kulturthema, das sehr unterschiedlich ist.
Geropp
Das wäre aber auch, jetzt sagen wir mal, wenn man von einem deutschen Unternehmen ja übernommen wird. Das sind zwei Kulturen, die da aufeinander knallen?
Geiss
Genau. Aber meistens ist es ja so, dann verstehe ich die anderen auch noch nicht, weil dann sind wir wieder beim Englisch von eben.
Geropp
Ja. Da hast du Recht.
Geiss
Und dann muss ich plötzlich so ganz komische Sachen liefern. Also wenn ich jetzt mal von der Buchhaltung ausgehe oder auch von anderen Teilen des Unternehmens, da schreiben ja dann Leute E-Mails, die irgendwas haben wollen, dafür am Ende vielleicht noch eine Abkürzung benutzen und ich soll dann am besten gestern geliefert haben, habe aber von meinem Chef gerade irgendwie was anderes auf den Tisch bekommen und denke dann, ja, dann schreibe ich dem halt, morgen haben ich nicht geschafft. Das ist halt was, was ich jetzt nicht unbedingt empfehlen würde, weil halt da wirklich dann die Deadlines, die gegeben werden, was weiß ich, dann schon nächster Tag 12:00 Uhr meine Zeit, wie auch immer. Und da ist es dann halt so, da ist 12:01 einfach zu spät. Und ich glaube, das ist natürlich, wenn ich sonst zum Geschäftsführer gegangen bin, gesagt, „wir haben da jetzt groß was zu tun. Kann ich dir das zwei, drei Tage später liefern?“ Dann hat der gesagt, „ist okay.“ Mit Amerika klappt das auch, aber muss die Begründung einfach eine andere sein. Aber auch da ist es wieder die Kommunikation.
Geropp
Würdest du sagen, es macht Sinn, gerade so in den ersten Wochen, dass die Kommunikation zwischen diesen beiden, also zwischen dem Headquarter und dem Unternehmen, was jetzt 200 Mitarbeiter hat, dass man sich da sehr gut überlegt, wo die Kommunikation aufschlägt, damit das eben sauber gemacht wird. Wenn ich jetzt in USA jemanden habe, der ständig quasi auf jeden der Mitarbeiter in dem neuen Unternehmen zugehen kann, die nicht vorbereitet sind, das muss ja im Chaos enden oder?
Geiss
Genau. Also die Fälle gab es schon. Und da gilt es halt, also entweder natürlich man baut dem vor mit klaren Kommunikationsstrukturen, die heißt im Endeffekt kann die heißen, der Geschäftsführer sagt, in erster Linie geht erstmal alles an mich und er verteilt dann. Das wird natürlich dem Geschäftsführer nicht lange Spaß machen, weil er, glaube ich, noch ein paar andere Sachen zu tun hat, aber er kann dann erstmal ein Gefühl dafür bekommen, was kommt denn da für eine Anfrage überhaupt und wer ist denn dafür vielleicht auch der Mann, die Frau, die das am besten beantworten kann? Und dann noch dazu natürlich auch auf welche Abteilung wird da eingegriffen und dann kann er ja sagen, „okay, Herr XY schreibt immer in Richtung Einkauf. Okay, dann nehme ich meinen Abteilungsleiter Einkauf, sage so und so, die Anfragen kommen jetzt. Wir einigen uns jetzt so, du delegierst es in dein Team. Ich nenne dem amerikanischen Gesprächspartner oder dem Kommunikationspartner einfach jetzt mal einen Termin. Wir machen ein Skype und wir lernen uns erstmal, in Anführungsstrichen, persönlich kennen.“ Dann natürlich die Weiterleitung dann auch ins Team, also dass man dann sukzessive das weiter macht bis man sich selber mal klar ist, was man selbst auch will, weil nicht alles, was aus USA angefragt ist oder wird, wollen wir vielleicht auch liefern.
Geropp
Stimmt.
Geiss
Dies obliegt dann auch wieder der Führungskraft, in meinen Augen zumindest, dies zu entscheiden.
Geropp
Ja. Ja. Verstehe ich. Jetzt sagtest du also typische Unterschiede ist klar, diese Struktur Konzern, Familienunternehmen. Das sind zwei Kulturen. Du sagtest, die Amerikaner selbst bei so einer Struktur ist Deadlines ganz entscheidend? Deadline ist eine Deadline. Was sind noch so ein, zwei Sachen, wo du sagst, da müsst ihr euch drauf einstellen?
Geiss
Also da wir heute Freitag haben, kommt mir natürlich immer eine Casual Friday in den Sinn. Ich muss sagen, das war eines der Dinge, die ich als erstes für mich adaptiert hatte, weil ich das einfach schön finde, einfach da auch mal ein bisschen legerer zu sein oder das Wochenende, in Anführungsstrichen, auf die Art und Weise einzuläuten. Und das andere, was ich da auch immer gerne nenne, ist das liebe Sie und das Du, dass ich dann halt plötzlich für jemand Judith bin, den ich im Zweifel nicht kenne, nicht gesehen habe, gar nichts. Und als das damals war, als wir da übernommen wurden, ich muss sagen, das hat mich am Anfang persönlich auch sehr befremdet.
Geropp
Ja, das kann ich mir vorstellen. Vor allem, wenn man, ich glaube, vor allem für Leute, die, sagen wir mal, wie du sagtest, Englisch dann zum Beispiel vorher nur in der Schule hatten und man dann in einem eher konservativen Unternehmen ist, wo noch Sie hauptsächlich ist, dann ist das sehr befremdlich. Das kann ich mir gut vorstellen.
Geiss
Genau. Selbst wenn man dann ja Schulenglisch hatte, dann denkt man ja, da kommen dann dear Miss Geiß oder irgendwas und dann kommt Judith und dann geht es los. Oder dann kommt halt die sehr kurze Mail und ich stehe dann da und sage, „ich verstehe eigentlich gar nicht, was er will.“ Dann kommt es halt schnell zum E-Mail Ping-Pong. Auch das ist sicherlich weit verbreitet. Und da gilt es dann halt auch, okay, wie gehe ich da wieder um? Auch wieder ein Punkt der Kommunikation zu sagen, okay also ich schreibe jetzt maximal zwei Mails zurück. Wenn ich es dann nicht verstanden habe, greife ich zum Hörer, dann sind wir wieder beim Englisch, weil natürlich mir das vielleicht nicht so leicht fällt, wenn ich mich da nicht so sicher fühle. Oder aber ich sage, ich nehme da noch jemand mit ins Boot. Wir rufen den gemeinsam an und machen eine Skype-Session, was auch immer.
Geropp
Ja. Ich denke, das ist wahrscheinlich eine ganz wichtige Sache, gerade wenn man selbst des Englischen nicht so mächtig ist. Gerade am Anfang hat man da natürlich auch Berührungsängste dann. Und dann ist es sicherlich gut, wenn man noch einen Kollegen oder Kollegin dabei hat, die Englisch schon wesentlich besser ist und die einen da dann unterstützen kann.
Geiss
Genau. Also ich denke, da ist es halt auch, man kann sich halt danach dann austauschen. Man muss ja auch in diesen Skypes, ich sage dann immer, ich muss ja noch keine Zusage machen. Ich kann ja sagen, ich möchte jetzt erstmal verstehen, was du von mir willst und das, was ich im Deutschen auch machen würde, und sage, jetzt, ich stimme das intern an und melde mich wieder bei dir. Dann erstmal das Skype quasi beenden. Dann mit Kollege, Kollegin sprechen, beratschlagen vielleicht auch, wie gehen wir da jetzt weiter vor? Und dann halt die entsprechenden Schritte und natürlich die internen Kommunikationsstrukturen einhalten. Also wie verhalten wir uns da im Team? Also kann ich das jetzt alleine? Gehe ich jetzt erstmal kurz zum Chef, sage, der will das und das. Kann ich ihm das schicken? Schicke ich es dir vorher? Also diese ganzen Dinge müssen halt einfach klarer werden. Also ich habe schon oft erlebt, dass halt Zahlen oder auch Informationen nach USA gegangen sind, ungefiltert. Also nicht, dass der Geschäftsführer das alles komplett rausfiltert, aber manchmal ist ja einfach wichtig, was hat da jemand losgeschickt, damit er auch einschätzen kann, was kommen da für Rückfragen, Mittags ein Call mit USA und dann wird er genau darauf angesprochen und er ist schlicht und ergreifend/
Geropp
Unvorbereitet dann. Ja. Ja.
Geiss
Genau.
Geropp
Nein, das ist, glaube ich, gerade am Anfang eine ganz wichtige Sache, um erstmal zu wissen, was sind wichtige Informationen, die wir weitergeben und welche Informationen müssen wir gefiltert weitergeben, weil es nicht richtig verstanden wird sonst. Ganz klar.
Geiss
Mir fällt gerade eines Lieblings-Beispiele ein. Als dann aus USA die Anfrage an die Personalabteilung kam, ja, wir haben jetzt gesehen, da sind ein paar Leute krank, sag mir mal, was die haben? Also durchaus üblich in den USA. In Deutschland brauchen wir nicht darüber reden.
Geropp
Ja, da kommt mir gerade in den Kopf auch, wir haben ja jetzt die neue Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO. Da wird sich das noch viel härter, muss man viel härter drauf achten, was gebe ich weiter, was nicht.
Geiss
Genau.
Geropp
Und da sind die Amerikaner einfach, haben andere Vorstellungen und andere Gesetze auch, wo man aufpassen muss.
Geiss
Genau.
Geropp
Ja. Ja. Das ist sicherlich richtig.
Geiss
Und das gilt es halt auch, damit konfrontiert zu werden. Der andere kann das zwar wollen und ich verstehe auch, dass er das will, aber ich kann einfach nicht.
Geropp
Ja. Ja. Das sind auch gerade Betriebsrat oder sowas, schätze ich, sind Sachen, die „hey, was? Was soll denn das?“
Geiss
Genau.
Geropp
Könnte ich mir vorstellen, dass das schwieriger ist. Ja.
Geiss
Bei dem Beispiel fällt mir jetzt spontan ein, also zu dem Zeitpunkt, wo wir es jetzt zumindest aufnehmen, kommen jetzt doch ein paar Feiertage. Also klassisch der 1. Mai und so Scherze. Dann heißt es, ja, Abschluss ist trotzdem, die Leute sollen bitte arbeiten und der Betriebsrat sagt dann, „nein, die arbeiten nicht.“
Geropp
Weil ist Tag der Arbeit. (lacht)
Geiss
Genau.
Geropp
Es ist wirklich schwer verständlich.
Geiss
Dann kann man sich auch wieder vorstellen, welche Kommunikation man da braucht.
Geropp
Ja. Ja. Ja. Ja.
Geiss
Diese Sensibilität dann einfach auch zu schaffen auch bei den Amerikanern von vorn herein, weil sonst, also ich will nicht sagen, einmal gearbeitet, immer gearbeitet, aber in gewissen Grenzen lebt es sich für beide Seiten besser.
Geropp
Ja. Ja. Ich bin ja aus dem Rheinland und habe meine Firma damals hier in Aachen in der Karnevalszeit, auch innerhalb von Deutschland ist das ja nicht unbedingt klar, dass an diesem schönen Donnerstag hier keiner war. Unser Headquarter in Schweinfurt hatte das am Anfang dann auch nicht ganz verstanden, dass man da niemanden erreicht hat. „Und es ist Donnerstag, Karnevals Donnerstag, nein, könnt ihr vergessen. Rosenmontag wird auch schwierig. Da findet ihr niemanden.“ Diese kulturellen Prägungen sind dann natürlich noch viel, viel wichtiger zu verstehen, was es da für Sachen gibt zwischen USA und Deutschland. Das kann ich mir gut vorstellen. Was sind denn so aus deiner Sicht so ja weitere no goes im Umgang mit zum Beispiel dem amerikanischen Chef oder der Zentrale? Worauf muss man sich da einstellen und was sollte man tunlichst vermeiden?
Geiss
Also einer meiner Tipps ist immer, von vorn herein vermeiden zu viele Kompromisse zu machen.
Geropp
Okay.
Geiss
Also wo ich mich irgendwie nicht gut damit fühle. Also ich kenne Unternehmen, die machen nachts um 12:00 Telkos mit USA und das machen sie jedes Mal nach dem Abschluss, weil da halt einer einfach mal vergessen hat drauf hinzuweisen, dass vielleicht nicht die Deutschen sich nur auf die amerikanische Zeit interessieren sollten, sondern auch umgekehrt.
Geropp
Okay.
Geiss
Also gerade diese ganze Meeting-Kultur, dass man da wirklich sagt, Leute, wie machen wir das? Oder aber, wenn es natürlich eine heiße Phase ist, gerade nach der Übernahme hatten wir das oft, dass ich dann gesagt habe, „okay, wir kommunizieren jetzt ganz klar, in der und der Zeit sind wir bis abends um 10:00 erreichbar, aber dann ist von unserer Seite aus Schluss. Und dann können wir morgens quasi schon wieder euch das dann zuarbeiten, was ihr uns im Zweifel in unserer Nacht sozusagen schickt.“ Aber ich kenne auch Unternehmen, da antwortet der CFO nachts um drei oder um vier noch auf E-Mails aus USA, was natürlich sicherlich für die Gesundheit nicht sehr zuträglich ist und keine langfristige Lösung für alle Beteiligten ist.
Geropp
Also wenn ich dich richtig verstehe, ist es da ganz wichtig ganz am Anfang, das ist quasi schon bei der Übernahme, sobald der Prozess gestartet ist und der Geschäftsführer muss da eigentlich sagen, so, wie sind die Erwartungshaltungen und da kommen jetzt nicht nur die Erwartungshaltungen der Amerikaner auf den Tisch, sondern auch die Deutschen, dass man sagt, Jungs, da müssen wir eine Lösung finden für die Sachen. Das muss man sich vorher überlegen, weil, wenn ich dich richtig verstehe, wenn sich das einmal eingebürgert hat die ersten acht Wochen, dann fragen die sich, warum sollen wir das jetzt ändern? Müssen die so schwierig sein? Da ist es besser von Anfang an klare Erwartungshaltungen zu äußern.
Geiss
Also ich würde sogar so weit gehen, dass ich fast sogar von Spielregeln spreche.
Geropp
Ja.
Geiss
Um wirklich zu sagen, okay, was können wir auch also langfristig, dauerhaft liefern. Also ich kann halt, also ich kann es nicht, ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich kann halt nicht auf Dauer die ganze Nacht irgendwie verfügbar sein und am nächsten Tag noch meine zehn Stunden arbeiten.
Geropp
Das ist Quatsch. Gibt es nicht.
Geiss
Und das ist der anderen Seite auch klar und deshalb vielleicht noch ein kleiner Tipp für jeden, der das jetzt hört, für den das auch ein Thema ist, sich einfach wirklich eine Uhr zu kaufen, wo dann wirklich die andere Zeit, also ob es jetzt amerikanisch oder deutsch ist, zu zeigen, damit man mal weiß, warum kommen jetzt gerade keine E-Mails oder anders herum, was da Nachmittags ja öfters mal passiert, warum kommen plötzlich jetzt so viele und ich dachte ja schon ich kann in den
Geropp
Ja. Ja. Ja. Und da noch dann zu berücksichtigen, ob die an der Ost- oder Westküste sind, weil da sind ja auch noch mal drei Stunden, glaube ich, Unterschied?
Geiss
Genau. Aber da ist es halt wirklich von vorn herein das einfach klar zu machen, vielleicht auch zu sagen, wir nehmen auch regelmäßig, also wir installieren regelmäßige Calls und das nicht nur nach der Übernahme, sondern das wir da eine regelmäßige Kommunikation aufbauen, dass wir im regelmäßigen Austausch bleiben und dass man dann halt auch wirklich solche Dinge plant wie, wann kommt denn der amerikanische Kollege vielleicht mal vor Ort.
Geropp
Ich glaube, dass das auch eine ganz wichtige Sache ist, dass die Leute, die also so regelmäßig miteinander kommunizieren, sich vor allem vor Ort auch mal treffen, egal ob das in Deutschland oder USA ist. Ich denke, dann kriegt man ein ganz anderes Verständnis für die andere Seite mit oder?
Geiss
Ja. Also das ist definitiv so. Was ich halt teilweise erlebt habe, ist, wenn irgendwas nicht funktioniert, dann kommen die Amerikaner und dann ist es halt schwierig zu erklären, den anderen sozusagen, wir machen das hier gemeinsam und wir lassen hier ein Wir-Gefühl entstehen, weil er kommt ja, weil irgendwas nicht läuft, beispielsweise der Abschluss nicht rechtzeitig fertig war.
Geropp
Okay.
Geiss
Oder man halt gewährleisten will, indem man einen Kollegen aus USA schickt, wir unterstützen euch da schon. Da kann man sich vorstellen, wie das jemand sieht, der 30 Jahre im Unternehmen ist, wenn dann im Zweifel ein Kollege aus USA kommt, der alles, in Anführungsstrichen, in dem Empfinden besser weiß.
Geropp
Ja, ich habe so einen Spruch mal gehört,
„I’m coming from Headquarter. I’m here to help.“
Von der wegen. (lacht)
Geiss
Ja. Aber das ist wirklich, das passiert. Und auch da muss man die Leute halt wirklich drauf vorbereiten. Oder wenn dann jemand mal da ist, ein Kunde von mir hat mir das erzählt, der war in Brasilien gewesen geschäftlich und da war das für die Kollegen dort vor Ort total normal, dass die quasi für seine Abendbespaßung, in Anführungsstrichen, zuständig waren. Wo man dann sagt, okay, wenn der Kollege jetzt fünf Tage da ist, wer geht wann mit ihm Essen? Also auch mittags natürlich. Der oder diejenige muss ja auch was essen. Zu sagen, okay, man versorgt diesen Gast und nimmt ihn damit natürlich auch positiv für einen selbst ein.
Geropp
Ich glaube, da sprichst du eine Sache an, die ist ganz wichtig. Auch nachher, jetzt nicht nur auf der höheren Ebene mit Geschäftsführern oder in den Finanzen. Gerade in den Projekten nachher, dass man da wirklich quasi ein Team wirklich bildet, in dem, egal, wenn der Amerikaner in Deutschland ist, zeige ich dem Deutschland, wenn ich als Deutscher in Amerika bin, so bin ich das auch, so hat man es mit mir auch damals wunderbar gemacht, da war immer jemand, der sich um dich gekümmert hat. Und dadurch, dass man halt Abends dann Essen gegangen ist, kommt man sich näher, unterhält sich auch mal über private Sachen und kriegt ein bisschen mehr die Kultur der anderen Seite mit. Ich weiß, ich bin hier mal mitgenommen worden auf so ein Football-Spiel, weil ich übers Wochenende da war. Das gibt eine unheimlich Bindung und wenn es dann zu Problemen kommt, dann kann ich den auch anrufen auf einem kurzen Dienstweg, Sachen sagt der mir, die ich sonst wahrscheinlich gar nicht mit bekäme. Und ich glaube, das ist unheimlich wertvoll. Das sollte man nicht unterschätzen.
Geiss
Ja. Also was ich auch immer einfach wertvoll finde ist, wenn ich weiß, wen habe ich da eigentlich vor mir. Ich meine, man redet ja, also gerade die Väter oder die Mütter reden ja dann durchaus über die Kinder und dann hat man bei jedem Gespräch irgendwie dann den Einstieg, ja, wie geht es den Kindern? Ja (unv.) #00:22:55-6# geht jetzt in die Schule und man kommt dann halt einfach nicht nur, um dieses, was die Deutschen dann immer beklagen, da kommen immer nur Deadlines, Deadlines, Deadlines, da kommt zwar mehr, aber ich muss mich halt auch auf die andere Seite einlassen und nicht so die Erwartungshaltung haben, die müssen jetzt auf uns zukommen, sondern ich glaube, das Wichtige ist, dass beide Seiten versuchen aufeinander zuzugehen. Und letztendlich auch Gelegenheiten schaffen, sich zu treffen. Bei einem meiner Kunden fand ich das eine super Sache. Die haben sich zweimal im Jahr zu einem Finance-Community-Meeting getroffen. Das war dann in dem Fall immer an einem der Werke auch richtig da vor Ort. Ich sage immer, da wo gearbeitet wird. Also nichts gegen Finanz, aber man/
Geropp
Ja. Ja. Ich weiß schon, was du meinst.
Geiss
Genau. Und da, wo jeder mal einfach mal die Gelegenheit hat, auch das vor Ort zu sehen. Und jetzt der Buchhalter oder der Einkäufer nicht nur auch mal sieht, wie kommt das denn an?
Geropp
Ja und der auch einfach mal zum Beispiel, wenn da eine Fertigung ist, der durch die Fertigung geführt wird.
Geiss
Genau.
Geropp
Und schau mal hier, wir stellen, was weiß ich, Fahrräder her und da wird das zusammengeschraubt und da das. Dann weiß der auch nachher, was bedeuten denn die Zahlen, die ich hier vorliegen habe.
Geiss
Genau. Oder andersrum, wofür mache ich das eigentlich?
Geropp
Ja. Richtig. Genau. Genau. Das ist vielleicht ein guter Punkt, wenn wir über den Bereich Finanzen sprechen, gerade am Anfang bei der Übernahme ist das ja, so verstehe ich das, da ist das größte Bottleneck, weil da muss ganz schnell müssen Sachen ja übereinander gebracht werden. Also die größten Veränderungen scheinen mir da zu passieren, bei den Finanzern also hinsichtlich Bilanzierung, Reporting. Da haben wir das HGB, USGap, was weiß ich, wo vielleicht auch der Deutsche, die Deutschen erstmal sagen, „du Scheiße, da weiß ich ja überhaupt nichts von.“ Worauf müssen, aus deiner Sicht, die deutschen Finanzverantwortlichen, also Buchhaltung, Controller, CFO besonders achten, wenn so eine Übernahme passiert und wie bereiten die sich am besten darauf vor?
Geiss
Ja, also ich glaube, das erste, was man darauf antworten kann ist, das ist schon mal der erste Schritt, dass sie sich Gedanken machen, wie man sich vorbereitet und dann wirklich anfangen. Also was haben wir? Wie ist unsere Ist-Situation? Also mal ganz begonnen mit, haben wir denn jemanden, der gutes Englisch spricht? Haben wir vielleicht einen Muttersprachler? Haben wir jemanden, der vielleicht vor kurzem zu uns gekommen ist, der vorher in einem internationalen Konzern war und der USGap rauf und runter kann. Beim Reporting kommt ist meine Frage immer, wer ist hier der Excel-Krack? Also wen habe ich da eventuell, der sagen kann, okay, ich baue uns das schon, auch wenn wir das im ersten Schritt nicht aus SAP raus bekommen.
Geropp
Ja. Okay. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Ja.
Geiss
Und das heißt einfach, lebensfähig bleiben in irgend einer Art und Weise. Das heißt, wirklich zu gucken, was muss ich da machen oder was kommt auf mich zu? Also habe ich Leute, die bestimmte Dinge können? Habe ich Leute, die es nicht können? Und du hattest es jetzt angesprochen, insbesondere auf den Bereich Finanzen, was dazu kommt. Ich erlebe halt oft, dass es heißt, ja das ist ja so ein Finanzthema. Das geht ja Finanzen an. Wie wir wissen, wenn wir länger drüber nachdenken, liest ja alles, was im Unternehmen passiert irgendwann über Finanzen. Das heißt, es ist nie nur Finanzen. Es ist immer auch das ganze Unternehmen. Es werden neue Infos gebraucht von den einzelnen Bereichen, ob es jetzt Personalabteilung, ob es Einkauf, ob es vielleicht wirklich von der Produktion ist, da gilt es halt wirklich drum zu sagen, okay, was brauchen wir auch von den anderen und vor allem, wann brauchen wir das? Also der klassische, also ich will jetzt keine Klischees reiten, aber der klassische Deutsche oder das klassisch deutsche Unternehmen macht halt in der Regel nicht am zweiten oder dritten Werktag des Folgemonats die Bücher für den Monat zu. Und wenn ich das aber tun muss, weil ich es liefern muss und ich habe aber noch zwei Tage, die ich noch intern mit Excel oder sonst irgendwas zu tun habe, dann tue ich gut daran vorher mit anderen zu sprechen, dass ich jetzt, was halt nicht mehr am 10. des Folgemonats brauche, sondern am letzten oder Monatsletzten des jeweiligen Monats und so weiter. Also wirklich auch da wieder raus aus Finanzen. Die Kommunikation, was, also erstmal natürlich innerhalb Finanzen, was brauche ich eigentlich, um das zu schaffen, was USA von mir will? Und dann zu gucken, wie schaffe ich das. Also ich kenne keine Finanzabteilung, die es ohne die anderen Bereiche im Unternehmen geschafft hat.
Geropp
Das kann ich mir vorstellen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man sagt, das können wir gar nicht stemmen. Wir haben jetzt schon immer normal genügend zu tun gehabt, dass da eigentlich kurzfristig, vielleicht auch externe Ressourcen benötigt werden, um die doppelte Arbeit, wenn man Pech hat, überhaupt stemmen zu können oder?
Geiss
Genau. Also ich denke, das Wichtige dabei ist mit dem Ganzen nicht erst starten, wenn man merkt die Hütte brennt schon. Also wenn dann Kapazitätsengpässe auftreten. Also ich sage immer, eines meiner Lieblingsbeispiele ist immer, wenn die Mahnungen plötzlich mehr werden, weil die Kreditoren nicht mehr dazu kommen alles zu buchen, weil sie irgendwo anders aushelfen vielleicht.
Geropp
Wir müssen alles Reporting machen. Für so einen Scheiß haben wir keine Zeit mehr. Das wäre dann schlecht?
Geiss
Genau.
Geropp
Also das verstehe ich.
Geiss
Und dann wirklich zu sagen, okay, also auch bei dem, was haben wir natürlich, gehört natürlich, was haben wir selbst beziehungsweise was brauchen wir vielleicht dazu? Also die Kreditoren brauchen dann vielleicht halt, bis sie sich wieder zurecht finden, bis sie das Reporting so aufbereitet haben und so weiter, brauchen die vielleicht jemand, der einfach nur dazu kommt und sagt, der bucht denen jetzt mal den Großteil weg. Bei den Debitoren genauso. Und grundsätzlich ist es halt so, gerade wenn ich ein Team habe, das keine Übernahmeerfahrungen hat oder nicht viele im Team die haben, ist es natürlich definitiv sinnvoll jemand Externes dazu zu nehmen, der eigentlich richtig mit umsetzt. Der sagt, „okay, ich habe das schon mal gemacht. Ich habe das schon mal gesehen.“ Der gemeinsam die Pläne erstellt, wie wir das am besten umsetzen. Und der dann aber auch tief in die Umsetzung mit reingeht, weil langfristig, also das ist zumindest auch meine persönliche Meinung immer, langfristig sind die Externen ja keine Lösung. Ich muss ja gucken, dass mein Team das zukünftig wieder schaffen kann und was es dazu braucht.
Geropp
Ja bis die Prozesse so eingestellt sind, dass das normale Team das dann auch wieder leisten kann.
Geiss
Genau. Und bis die Qualifikationen halt auch aufgebaut sind.
Geropp
Was sind aus deiner Sicht jetzt für das gesamte Unternehmen, für die Mitarbeiter im Unternehmen so die wichtigsten Tipps, die du denen geben würdest? Worauf sollen die sich einstellen, damit so eine Übernahme langfristig auch erfolgreich verläuft und die deutsche Niederlassung auch noch nach ein, zwei Jahren bei den Kollegen in den USA gut angesehen ist?
Geiss
Also ich würde sagen, auf alle Fälle, ich meine, das wurde, denke ich, bei den anderen Themen auch schon deutlich, Kommunikation. Lieber einmal zu viel, wie einmal zu wenig. Man wirklich versucht nicht so zu sehen, wir hier in Deutschland, die da in USA. Irgendwie so, das wissen wir alle, aber wir ist halt vielleicht doch ein bisschen besser, weil mit Sicherheit der Ansprechpartner in USA, der hat auch noch mal jemand, der eben einen, sage ich jetzt mal, auf den Deckel gibt, weil Deutschland halt nicht liefert. Das heißt, da tut man halt viel dazu bei, wenn man an diesem „Wir“ arbeitet, wie wir es ja auch davor schon besprochen haben. Ich sage auch immer, sich einfach drauf einlassen. Ich weiß ja nicht, was passiert. Einfach mal zu gucken. Also ich kann mich ja einfach überraschen lassen dahin gehend zu sagen, okay, welche Chancen kann ich aus dem Thema auch raus mitnehmen. Ich kenne einige, die haben dann angefangen ihren Bilanzbuchhalter zu machen. Oder haben dann einfach Dinge machen können, also auch mal so eine Geschäftsreise nach USA. Es gibt durchaus Leute, die finden das richtig super.
Geropp
Absolut. Absolut. Das ist ja anders, als wenn ich in Urlaub fahre. Wenn es geschickt gemacht ist, bin ich dort drüben und habe direkt einen Ansprechpartner, der sich um mich kümmert. Ich lerne ein Land ganz anders kennen, wenn ich dort drüben jemanden habe, der Abends halt mit mir dann mal rausgeht oder sagt, Mensch, am Wochenende geh doch mal dort hin oder ich zeige dir das sogar. Ist eine ganz andere Sache, als wenn ich irgendwie als Tourist dort unterwegs bin.
Geiss
Genau. Also definitiv.
Geropp
Also abschließend, was würdest du sagen, wie bekommt man es hin, dass das eigene Team im Übernahmeprozess wirklich zusammenhält, dass das nicht auseinander fällt? Wir haben es eben schon häufig besprochen, die Übernahme gerade am Anfang ist sicherlich sehr hektisch. Da ist viel Verunsicherung. Worauf kann man als Geschäftsführer und die Führungskräfte achten, damit das Team motiviert bleibt und mit dabei bleibt. Was sind da so wichtige Punkte aus deiner Sicht?
Geiss
Ich glaube, da machen wir uns alle nichts vor. Da kommt eine riesige Sache auf die alle zu. Und natürlich Herausforderung, wie auch, vielleicht auch Sorge und Ängste. Und was dann oft passiert, wie vorhin schon auch mal angesprochen, ist, dass man den Kontakt zum Team nicht mehr hält. Sich hinter E-Mails versteckt oder wir kommunizieren doch und dann gibt es dann den Newsletter des Unternehmens irgendwie. Oder der Geschäftsführer dann plötzlich anfängt den Aufzug zu nehmen, der vorher immer bei den Leuten morgens vorbeigegangen ist oder ähnliches.
Geropp
Ja, das ist fatal. Das glaube ich auch.
Geiss
Weil, er hat ja dann wichtige Meetings und dafür bleibt halt keine Zeit mehr.
Geropp
Das müsste gerade umgekehrt sind. Ja, verstehe ich.
Geiss
Ja. Genau. Also das eigene Team nach wie vor eine gewisse, die Bedeutung geben, die es hat. Die Kommunikation natürlich nicht nur per E-Mail führen und ich sag jetzt mal so spontan, weil wir jetzt auch rund um die Mittagszeit haben, es kann ja nicht schaden einfach mal Mittags Pizza zu bestellen für alle und einfach mal gemeinsam Mittag zu essen. Also ich glaube, also meine Erfahrung war zumindest immer auch als ich in der Situation war, ich habe mich selbst gefreut, wenn der Chef dann gesagt hat, „okay, heute haben wir jetzt 30 Grad, ich gehe jetzt mal für alle Eis holen“, oder „ja, jetzt ist das Reporting durch, jetzt machen wir Schluss.“ „Ja, wir haben noch viel anderes zu tun.“ „Nein, jetzt, wir haben jetzt auch mal einen Erfolg erreicht und eure Familie freut sich auch, euch wieder zu sehen.“ Wo man dann einfach auch merkt, meine Führungskraft, die Geschäftsführung, wie auch immer, interessiert sich nach wie vor für mich als Mensch. Und da, wie gesagt, gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, wo man dann einfach sagt, wie habe ich es denn früher gemacht? Weil, ganz oft ist es so, wenn man dann mal nachfragt, „ja, früher kam der regelmäßig Morgens durch.“ Ich sage, „ja, jetzt?“ „Ja, jetzt hat er Meeting, Meeting, Meeting und ich komme nicht mehr an ihn ran.“ „Ja, wann hast du dein nächstes Meeting?“ „Ja, der Kalender ist so voll, da gibt es keinen Platz mehr für mich.“
Geropp
Ja. Also da kann man auch eigentlich nur dem Geschäftsführer raten diese Termine und wenn es nur ist, ich laufe durch die Produktion zwei Stunden lang, als Termin einzutragen. Und das wirklich zu machen. Ich glaube auch, du hast es sehr schön ausgedrückt, so entscheidend das ist gerade in so einer Phase, wo es Verunsicherung gibt, dass er einfach da ist. Dass er einfach sagt, „und Hugo, wie geht es?“ „Sag mal, ich habe da gehört, die Amis, die wollen das?“ Der will einfach nur sprechen. Und da ist auch vollkommen okay, wenn ich dann sage, „ja, weiß ich momentan auch nicht, aber ich glaube, die Strategie, die geht in die und die Richtung. Ich halte euch auf dem Laufenden.“
Geiss
Genau.
Geropp
Schon ist der beruhigter. Selbst, wenn der Chef selbst auch nicht weiß, aber er kommuniziert. Und das Schlimmste, wie du es eben schon gesagt hast, es ist ein Katastrophe, wenn ich mich dann noch mehr rausziehe, weil ich habe ja so viel zu tun. Vollkommen falsch. Ja. Wunderbar.
Geiss
Genau. Da auch, wie du es eben schon gesagt hast, ich halte dich auf dem Laufenden. Also es nicht nur zu sagen.
Geropp
Ja. Sondern auch zu tun.
Geiss
Sondern es auch bitte zu tun. Und vielleicht dann auch nicht nur den Kollegen, im Optimalfall, der dich das gefragt, sondern dann alle, weil wir kennen alle die Gerüchteküche, ich habe da gehört. Das Beispiel von eben. Und der andere hat dann wieder was gehört. Und ja und plötzlich haben wir einen neuen Kollegen, der dann aus USA einfliegt und nur dazu da ist uns zu kontrollieren. Bla. Bla. Bla. Was da eben halt so passiert. Und da ist halt dann auch wirklich zu sagen, „hey, da kommt jetzt jemand. So und so sieht es aus. Da gibt es die und die Agenda dafür.“ Und so weiter. Also viel auch, also ich meine auch da auf die Geschäftsführung, auf die Führungskräfte kommt viel zu, dass man wirklich sagt, okay, auch dafür kann natürlich externe Unterstützung super sein, zu sagen, okay, welche Punkte muss ich jetzt beachten? Was erarbeiten wir erstmal, damit ich mir nicht erst eine Lösung einfallen lassen muss, wenn es zu spät ist. Also wenn der Kalender eben diese zwei Stunden nicht mehr hergibt. Weil dann ist es meistens wirklich eng.
Geropp
Dann ist schon wirklich eng. Genau. Das muss ich vorher reinplanen.
Geiss
Und ganz kurz noch dazu, was ich immer wieder auch sage, ist, auch wenn der Termin aus USA kommt, darf dieser abgelehnt werden.
Geropp
Da ein gewisses Standing sich zu erarbeiten und das als selbstverständlich anzusehen, weil im Endeffekt nutzt es ja auch meinen Kollegen in USA, wenn ich das so mache?
Geiss
Genau. Und natürlich die Familie, die sich einfach zum dritten Mal freut, dass man an dem schönen Sommertag einfach mal gemeinsam essen geht und ein schönes Eis oder was auch immer, einfach mal wieder gemeinsame Zeit verbringt.
Geropp
Ja. Ich glaube, das ist ganz entscheidend, dass man da genügend, trotz dieser Hektik und viel zu tun, dass das dann auch gerade in so einer Phase noch möglich ist. Ansonsten brennen die Leute aus und das bringt auch alles nichts sonst.
Geiss
Zum Thema „Ausbrennen“, natürlich möchte man das vermeiden. Und deshalb neben dem, dass man Termine absagen kann, ein Appell von meiner Seite, geht bitte weiterhin in Urlaub und das im Zweifel auch mal ohne Handy.
Geropp
Ja. Eine ganz wichtige Sache. Prima. Judith, ich bedanke mich recht herzlich, dass du uns so einen wunderbaren Einblick gegeben hast, worauf man achten sollte, wenn es zu solchen Übernahmen kommt, worauf man sich auch einstellen kann. Und wie man das auch hinkriegen kann, dass das vielleicht ein bisschen holprig am Anfang, aber dann nachher trotzdem zur guten Lösung wird. Was ich besonders gut finde, ist, du hast eine, ja so ein Whitepaper, wo es die sieben notwendigen Schritte gibt, damit ihr Team im Übernahmeprozess zusammen hält. Da verlinke ich drauf. Das kann man auf deiner Seite runterladen. Fand ich sehr hilfreich. Wenn man gerade in so einer Situation ist. Kann ich jedem nur empfehlen sich das bei dir dann runter zu laden. Wie gesagt, finden wir dann in den Show-Notes. Judith, herzlichen Dank. Hat mir viel Spaß gemacht.
Geiss
Ich danke dir.
Das inspirierende Zitat
„Kommunikation ist ein wunderbares Mittel, Konflikte zu lösen. Oder zu eskalieren.“
Thom Renzie
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