fpg228 – Agiles Denken und Handeln in etablierten Unternehmen: Interview mit Sven Rimmelspacher
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Heute spreche ich mit dem Unternehmer Sven Rimmelspacher.
Innerhalb von 3 Jahren hat er gemeinsam mit seinen 40 Mitarbeitern sein Unternehmen die Pickert & Partner GmbH vom klassisch organisierten Unternehmen zu einer agil denkenden und handelnden Organisation transformiert.
Sven Rimmelspacher
Sven Rimmelspacher und ich haben uns im Jahr 2016 auf dem Leadership-Barcamp kennen gelernt. Sven ist Inhaber und geschäftsführender Gesellschafter der Pickert & Partner GmbH.
Schon bei unserem damaligen Treffen hatte er sich intensiv mit der Veränderung von Unternehmen beschäftigt. Wie können etablierte Unternehmen trotz zunehmender Dynamik und Komplexität auch in Zukunft erfolgreich sein?
Agiles Denken und Handeln?
Er war und ist davon überzeugt, dass sich die etablierten Unternehmen verändern müssen, um bestehen zu können.
Es geht darum, das Menschen in den Organisationen mehr Eigenverantwortung und Entscheidungsfähigkeit leben können. Dazu ist es beispielsweise nötig, dass die Mitarbeiter auf allen Ebenen mehr Entscheidungsbefugnis erhalten.
Diese Veränderung hin zu mehr Agilität, Eigenverantwortung und Entscheidungsbefugnis hat er in seinem eigenen Unternehmen mit 40 Mitarbeitern konsequent in den letzten 3 Jahren umgesetzt.
Sein Buch: „Auf geht’s!“
Diese Transformation war anstrengend und keineswegs einfach, aber erfolgreich. Den Weg, den er und sein Team beschritten haben, hat er in seinem Buch:
“Auf geht’s! Wie etablierte Unternehmen durch agiles Denken und Handeln neu durchstarten können.“
beschrieben.
Er hat das Buch gemeinsam mit Christian Wißmann geschrieben, der ihn auch während des Transformationsprozesses begleitet und unterstützt hat.
Spannend dabei fand ich, dass die beiden ganz unterschiedliche Ausbildungen und Erfahrungswelten haben. Sven ist Informatiker und Christian kommt aus dem Bereich der Sozialwissenschaften.
Aus der Praxis für die Praxis!
Das Buch ist vor allem deshalb so lesenswert, weil es keine theoretische Abhandlung über Agilität oder neue Wirtschaft ist, sondern wirklich in der Praxis beschreibt, was und wie Sven und sein Team im Unternehmen verändert haben: mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Zweifeln, Ängsten und Zwängen.
Freuen Sie sich mit mir auf ein spannendes Gespräch mit Sven Rimmelspacher:
Weiterführende Links
- Webseite von Sven Rimmelspacher
- Webseite von Pickert & Partner GmbH
- Buch: „Auf geht’s! Wie etablierte Unternehmen durch agiles Denken und Handeln neu durchstarten können.„
- Webseite von intrinsify
Transkribiertes Interview mit Sven Rimmelspacher
Geropp:
Sven, wie definierst du das Wort Agilität im Unternehmensumfeld?
Rimmelspacher:
Das ist natürlich gleich zu Beginn eine ganz schön anspruchsvolle Frage. Ich würde sagen, Agilität bedeutet für mich in erster Linie gute Zusammenarbeit.
Das ist so ein Aspekt und wenn man es jetzt auch ein bisschen mehr auf die Agilität, wo sie eigentlich herkommt, beziehen möchte, dann ist es für mich vor allem schnell und flexibel auf Ereignisse, auf Ergebnisse reagieren.
Also das berühmte Inspect und Adapt, was wir aus dem Agilen Manifest kennen. Das heißt, ich gehe einen Schritt, ich schaue mir an, wo ich stehe und verändere gegebenenfalls das, was ich tue oder gehe vielleicht sogar einen Schritt zurück und nehme einen anderen Weg.
Ich glaube, das ist so für mich einer der ganz entscheidenden Punkte, wie ich damit umgehen kann oder wir als Unternehmen damit umgehen können.
Geropp:
Bedingt das nicht automatisch bei Agilität dann, dass ich die Entscheidungsprozesse sehr nah weit unten habe?
Weil, diese Agilität in einem großen Konzern, wenn ich wirklich alles vom Vorstand genehmigt haben muss, ist eigentlich per Definition dann schon nicht möglich oder sehe ich das falsch?
Rimmelspacher:
Nein, das ist genau richtig. Systemisch bedingt müssen überall getroffen werden können. Wir arbeiten ja viel mit der Industrie zusammen, deswegen kann ich hier immer schön sagen, von Shopfloor zum Top-Floor,
Geropp:
Sehr schön, ja.
Rimmelspacher:
Also von der Maschine, wo der Mitarbeiter steht, bis zum Management, und jeder muss in seinem Level mit seinen Informationen und seinen verschiedenen Entscheidungsmethoden dann auch entscheidungsfähig sein.
Und in so einer ganzen Transformation, wie wir sie hinter uns haben beziehungsweise ja auch immer noch kontinuierlich daran arbeiten, weil es eh nie aufhört, ist so eine ganz, ganz entscheidende Überschrift, heißt tatsächlich „Befähigung zur Entscheidung“.
Und das müssen wir alle miteinander lernen, wie das geht, wie man das tut. Und das ist eine große Herausforderung.
Geropp:
Das glaube ich. Fangen wir mal beim Anfang an. Bei eurem Transformationsprozess, ich hatte in deinem Buch gelesen, ihr habt das mit einer Zukunftskonferenz gestartet.
Kannst du mal erklären, wie genau das ablief und was nach dieser Zukunftskonferenz erst mal das Ergebnis war? Weil, da fing es ja dann erst richtig an, dass ihr etwas zum Umsetzen hattet, ne?
Rimmelspacher:
Ich habe im Grund genommen erst mal artikuliert, dass ich irgendeine Veränderung möchte. Und die war ja auch getriggert durch die Übernahme eines weiteren Unternehmens, dessen Mitarbeiter, Produkte und Organisation wir voll integrieren wollten und ich ja schon aus den vergangenen 15 Jahren schon immer Ideen hatte, wie wir solche Artefakte, was die Organisation und die Arbeitsorganisation im Allgemeinen angeht, einzuführen.
Und jetzt in den Gesprächen, die ich auch mit meinem Co-Autor, mit dem Christian, der Sozialwissenschaftler ist, und auch seinen Kollegen, da haben wir natürlich schon sehr ausführlich darüber gesprochen, dass wenn ich mich jetzt hinstelle und so etwas salopp gesagt /
„Ab morgen seid ihr alle agil!“
das funktioniert natürlich nicht.
Weil ich damit ja die Entscheidungsgewalt und die Handlungsfähigkeit der Menschen ja sofort auf null reduzieren würde.
Und deswegen war es notwendig, eine Methodik oder einen Weg zu finden, wie kann ich zum einen die Menschen einbinden und zum anderen aber auch wirklich fragen, ob sie diesen Weg mit mir gehen wollen?
Und da haben wir dann eben dieses Format dieser Zukunftskonferenz erarbeitet. Und das war so, dass wir uns einen ganzen Tag mit allen Mitarbeitern hier in unserem Haus, in unserem Gebäude bewegt haben, haben in allen Räumen Poster an den Wänden gehabt zu den unterschiedlichsten Themen.
Also Arbeitswelten an sich, Beispiele, die gut funktioniert haben, Beispiele, die nicht funktionieren. Wir haben die Augenhöhe-Filme angeschaut. Wir haben über Industrie 1.0 bis hier 4.0 gesprochen, weil uns das ja auch direkt betrifft. Wir haben über die Bedürfnisse unserer Kunden gesprochen und so den ganzen Tag uns ausgetauscht und miteinander und ausführlich über alles gesprochen und diskutiert.
Und am Ende des Tages habe ich genau diese Frage gestellt. Ich habe alle zusammengerufen und habe gesagt,
„Leute, seid ihr bereit, diesen Weg mit mir zu gehen, auch, wenn wir heute noch gar nicht wissen, wo wir ankommen und herauskommen werden und was uns unterwegs alles passieren wird? Und gibt es irgendwelche Einwände dagegen?“
Und da sind dann viele Ein/
Geropp:
Warte mal. Da würde ich ganz gern kurz mal einhaken. Was hättest du denn gemacht, wenn die gesagt hätten,
„Nein, machen wir nicht. Wir wollen eigentlich so weitermachen?“
Rimmelspacher:
Dann wäre mir im Grunde genommen nichts anderes übrig geblieben, als das auch zu akzeptieren, weil, das wäre ja zum Scheitern verurteilt, wenn da keiner mitgehen wollte. Dann hätte ich mir etwas anderes ausdenken müssen, ja?
Aber glücklicherweise war das nicht so. Ja, aber grade vor zwei Tagen hat eine Kollegin gesagt,
„Also wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mich vielleicht anderes entschieden.“
Und daran siehst du auch, wie schwer solche Veränderung auch tatsächlich sind. Das kriegen wir auch wieder hin, dass sie das dann nicht mehr sagt, aber solche Fragen musst du zwischendurch immer wieder stellen.
Geropp:
Vielleicht ganz kurz: Warum? Was war das, was die Dame, von der du gesprochen hast, was der missfällt heute dann, anhand dieser Veränderungen?
Rimmelspacher:
Das ist, wenn du Verantwortung an die Menschen überträgst und die Verantwortung wirklich auch ernsthaft überträgst, also nicht so, wie das häufig gemacht wird,
„So, ihr seid jetzt verantwortlich, müsst alles tun.“
Na ja, und im Zweifel grätsche ich halt wieder rein, wenn mir irgendetwas nicht gefällt. Sondern wenn du das wirklich ernst meinst, dann bedeutet es für die Menschen natürlich auch, dass sie sich mit Dingen auseinandersetzen müssen, die sie vielleicht noch nicht so gewohnt sind.
Also zum Beispiel die Entscheidungen, über die wir grade gesprochen haben oder auch über die Finanzen oder über Einstellungen neuer Kollegen und was weiß ich, noch alles. Und das fordert die Menschen natürlich und manche fühlen sich dann vielleicht sogar überfordert und da muss man tierisch aufpassen, ja?
Und solche Phasen gibt es dann immer mal wieder und deswegen ist es ganz wichtig, kontinuierlich über alles zu sprechen, was da so passiert.
Geropp:
Wenn ich dich richtig verstehe, geht es ja dabei darum, den Mitarbeitern mehr Entscheidungen zu geben. Jetzt gibt es Leute, die jahrelang anders geführt wurden und diese Entscheidungen vielleicht auch einfach nicht wollen.
Haben Leute dein Unternehmen verlassen danach?
Rimmelspacher:
Es hat uns ganz zu Beginn eine Kollegin verlassen, die mehr oder weniger sofort gesagt hat,
„Das will ich nicht. Da habe ich keinen Bock drauf.“
Da war es dann aber auch so, ihr Background war Konzern und das hätte eh nicht gepasst. Also wenn die nicht sofort gegangen wäre, dann hätte es eine gewisse Zeit gedauert und sie wäre gegangen. Und das muss ein Unternehmen bei so einem Schritt auch aushalten, dass es Menschen gibt, die sagen,
„Will ich nicht.“
Ja, und dann ist es aber auch okay, ja.
Geropp:
Das heißt, nach dieser Zukunftskonferenz waren die Leute, der Großteil war bereit, den Weg mit dir mitzugehen.
Rimmelspacher:
Genau. Und dann kommt wieder mein strukturiertes Informatikergehirn zum Einsatz. Ich sage dann halt,
„Alles klar. Jetzt brauchen wir noch einen Plan und ein paar Verantwortliche und in sechs Monaten sind wir fertig.“
Und genau an der Stelle ist dann die Zusammenarbeit mit Menschen, die einen sozialwissenschaftlichen Background haben, insbesondere für mich persönlich, extrem wertvoll. Weil ich habe nie verstanden, wie Menschen funktionieren.
Und deswegen, sind viele Dinge auch, die fallen mir immer leicht, selber zu tun, aber ich habe dann eben oft auch nie begriffen, warum manche Sachen einfach nicht funktionieren, sobald ich wieder ein kleines bisschen loslasse.
Geropp:
Also wie andere Leute ticken quasi, ne, und wie du sie abholen musst, ne?
Rimmelspacher:
Genau. Und auch, wie so soziale Systeme funktionieren und alles Mögliche. Und an der Stelle ist es dann halt super, wenn dann die Jungs sagen,
„Na ja, könnten wir vielleicht so machen, aber lass es uns doch auch ein klein bisschen anders probieren.“
Geropp:
Jetzt hast du von Anfang an, ich glaube, das ist der Christian Wißmann, der auch das Buch mit dir gemacht hat, hattest du den direkt als Berater mit drin? Oder wie habt ihr das gemacht?
Rimmelspacher:
Nein, es war ein reiner Zufall. Wir haben uns auf einer Industrie-4.0-Veranstaltung kennengelernt, hier in Karlsruhe, wo er einen Vortrag gehalten hat, und ich schon seit vielen Jahren in Forschungsprojekten zum Thema Industrie 4.0 unterwegs bin. Und diese Forschungsprojekte oder das ganze Industrie-4.0-Thema zeichnet aus, dass da häufig über Mensch, Technik, Organisation gesprochen wird. Und ich sehe da immer nur Technik, ich sehe ein bisschen Organisation und ich sehe immer ganz wenig Mensch.
Und genau diese Geschichte, die ich vorhin erzählt hatte, Befähigung zur Entscheidung / Ich habe so eine schöne Analogie, die ich da an der Stelle vielleicht kurz erzählen kann.
Also Industrie 4.0 im weitesten Sinne, ganz vereinfacht ausgedrückt: Da läuft ein Teil von alleine durch die Fertigung, weiß man ihm geschehen soll, teilt das vielleicht sogar den anderen Systemen mit. Der Auftrag wird dynamisch verändert, die Maschinen kommunizieren und handeln untereinander aus, welche Maschine wann was produziert.
Und den Menschen sage ich immer noch, wann sie Pause machen dürfen. Ja, und da stimmt irgendetwas nicht. Und das ist auch der Grund, warum ich glaube, dass Industrie 4.0 ohne Veränderung in der Arbeitswelt niemals funktionieren kann.
Na ja, und aus dieser Situation heraus habe ich mich dann mit ihm unterhalten, habe gesagt,
„Mensch, das fand ich ganz interessant, was du da erzählt hast. Lass uns doch mal zusammen überlegen, ob wir nicht irgendwie gemeinsam ein Forschungsprojekt machen sollen.“
Und, na ja, je länger wir dann uns unterhalten haben, auch die Chemie zwischen uns hat auch sofort gepasst, obwohl ich eigentlich immer Sozialwissenschaften eher so für etwas Esoterisches gehalten habe.
Geropp:
Ja, wir als Techniker sind da eigentlich eher so.
Rimmelspacher:
Genau. Und das waren für mich die Augenöffner.
Geropp:
Toll.
Rimmelspacher:
Also es ist unglaublich, ja? Also ich kann auch heute rückblickend sagen, was ich in den letzten drei Jahren da noch mal gelernt habe und mich verändert haben, das ist wirklich enorm.
Ich meine, ich lerne eh unheimlich viel, aber das war noch mal eine ganz andere Perspektive. Und dann kam irgendwann heraus,
„Verdammt noch mal, ich habe doch eh etwas vor, hier zu tun, warum machen wir das nicht gemeinsam?“
Und so kam dann eins zu anderen. Das ist die Geschichte, warum der Christian und auch sein Kollege, der Mario, uns auch bis heute regelmäßig auch noch bei bestimmten Themen begleiten.
Geropp:
Lass uns noch mal zurückkommen, nach der Zukunftskonferenz, der nächste Schritt war ja, wenn ich das richtig verstanden habe, auch da durch den Planungshorizont, hast du gesagt,
„Gut, jetzt machen wir erst mal eine Vision und Mission.“
Und das habt ihr auch zusammen entwickelt. Vielleicht kannst du da kurz darauf eingehen. Wie habt ihr das gemacht?
Rimmelspacher:
Na klar. Also im Prinzip ist so, dass wir schon eine Vision hatten. Von daher war es also nicht so, dass wir plötzlich eine 180-Grad-Kehrtwendung machen konnten. Aber durch dieses „gemeinsame darüber nachdenken“ war es schon notwendig und ich hatte auch ganz klar das Gefühl, da muss ein bisschen etwas Größeres sein.
Und dieses bisschen etwas Größeres, habe ich dann auch selber viel darüber nachgedacht und kam dann irgendwann mit einer Formulierung zu den Leuten und habe gesagt,
„Na ja, die Formulierung ist zwar nicht gut, aber der Sinn der darin steckt und die Idee, die da dahintersteckt, das fühlt sich für mich richtig an.“
Und ich glaube, ganz wichtig und auch bei verschiedenen anderen Aktivitäten, die wir machen, da haben unsere Sozialwissenschaftler, haben wir gemeinsam so ein Format erarbeitet, das haben wir genannt „Dialog auf fester Basis“.
Und diese feste Basis, dann so jetzt in meinem konkreten Fall, sind so meine Gedanken, meine Ideen, meine Wünsche als Unternehmer und auch meine persönlichen Ziele, die an manchen Stellen unverrückbar sind, weil, sonst könnte ich mich selber ja nicht mehr damit identifizieren, die aber in ihrer Ausprägung und in vielleicht Verbesserungen, die eingebracht werden können, durchaus modifizierbar sind. Und dann haben auch ja alle Mitarbeiter, und deswegen feste Basis, die haben eine feste Basis, auf der sie aufsetzen können, starten nicht in einen luftleeren Raum.
Ist also so eine gewisse Orientierung schon da und dann kommt auch etwas Tolles dabei heraus.
Geropp:
Wenn ich dich richtig verstehe, ist aber da dann wichtig, dass du am Anfang herausgearbeitet hast für dich, was ist diese feste Basis?
Was ist unverrückbar? Da wird nicht darüber geredet, das ist klar. Und darüber können wir reden. Das ist variabel.
Rimmelspacher:
Genau. Und diese Methodik, die hat sich wirklich sehr gut bewährt, also auch bei verschiedenen anderen Themen, die wir später dann gemacht haben, weil du immer eben diese Grundlage hast und die Leute dann ganz anders darüber auch nachdenken und mitdenken können.
Und am Ende kam dann eine Formulierung heraus, die tatsächlich einer der Mitarbeiter dann auch ausgesprochen hat und die heißt heute bei uns:
„Stell dir eine Welt vor, in der alle Produkte wie erwartet funktionieren“.
Und wenn du das mal tief durchdenkst und dir das tatsächlich vorstellst, da kann ich schon des Rest meines Lebens daran arbeiten.
Geropp:
Ja, schön. Super. Das freut mich. Klasse.
Rimmelspacher:
Ja, und weil das aus der Gruppe heraus kam, ist es eben nicht so etwas Vorgekautes, sondern alle sagen,
„Wow. Cool. Dafür lohnt es sich, morgens aufzustehen.“
Geropp:
Ja. Also die koppeln da an.
Rimmelspacher:
Absolut, ja.
Geropp:
Jetzt so ein kleiner Schwenk dabei, du hattest am Anfang, bevor ihr den Transformationsprozess gemacht habt, auch variable Gehälter mit individuellen Zielen gekoppelt.
Aber im Laufe des Transformationsprozesses habt ihr das abgeschafft. Jetzt weiß ich, auch die Tendenz momentan beobachte ich, dass man immer mehr wegkommt von dieser individuellen Zielen, die auch noch ans Gehalt gekoppelt sind. Nur, es tun sich unheimlich viele schwer damit. Wie hast du es hingekriegt und was kannst du als Tipps für Unternehmer geben, die sagen,
„Ja, mein System ist momentan so aufgestellt?“
Wie können sie es verändern?
Rimmelspacher:
Also die Veränderung anzustoßen, ist, glaube ich, aus heiterem Himmel äußerst schwierig, weil die Menschen es gewohnt sind und weil viele ja sogar vielleicht auch damit rechnen.
Und ich meine, wir könnten jetzt auch ewig lang darüber diskutieren, warum und ob das sinnvoll ist oder nicht. Ich glaube erst mal grundsätzlich, dass ich mit einer solchen Methodik, mit solchen individuellen Zielen und daran gekoppelten Gehältern die Menschen nicht motivieren kann, weil ich nur über die intrinsische Motivation auch tatsächlich die Dinge erreiche.
Und in unserem Fall war es dann eben so, dass es aus den Veränderungen und den gemeinsamen Vorstellungen, die wir auch hatten und auch gemeinsame Ziele, die wir als Unternehmen haben, kann es dann daraus durchaus entstehen, dass Individualziele widerstreitend sind. Oder auch, da kann man jetzt Beispiel konstruieren, das ist jetzt keine wahre Geschichte, aber du könntest zum Beispiel sagen,
„Na ja, ich mache quartalsweise einen Bonus für den Vertrieb.“
und der ist im ersten Quartal riesenhoch und die restlichen drei Quartale geht die Firma schier pleite, ja? Oder einer hat sein Soll schon erfüllt und macht mit seinem Kunden aus,
„Ach, bestelle doch nächsten Monat.“
Ja, also das sind einfach Dinge, die passen nicht zusammen. Oder weil wir festgestellt haben, dass eine unserer größten Stärken, die wir als Unternehmen haben, unsere Hilfsbereitschaft ist, uns gegenseitig zu unterstützen.
Na ja, wenn ich halt ein individuelles Ziel habe, dann kämpfe ich halt sehr individuell, wie der Name schon sagt. Und ich habe dann auch mit jedem auch ganze Argumentationen und Überlegungen und auch sehr, sehr gut begründet und auch verstanden / Und habe dann mit jedem ein Einzelgespräch geführt.
Und, na ja, das war halt ein Teil der Reise und bei uns jetzt glücklicherweise war es auch keine so riesige Hürde. Es haben auch alle akzeptiert.
Geropp:
Ja, gut. Das würde mich mal interessieren. Das erkenne ich bei vielen Firmen, dass die sagen,
„Ja, das war in den letzten Jahren falsch.“
Wenn sie aber jetzt ein System haben, wo sie sagen, „Ja, das ist dein Grundgehalt und jetzt hast du dreißig Prozent drauf, wenn du hundert Prozent Zielerfüllung hast.“ Da ist ja jetzt dann die Frage, was ist denn jetzt ein normales Gehalt? Habt ihr dann gesagt,
„Okay, vergiss das. Wir machen eine Ausschüttung quasi, die hundert Prozent werden erreicht und das ist der Level?“
Oder habt ihr euch da anders geeinigt?
Rimmelspacher:
Es war ganz unterschiedlich. Also was weiß ich, in manchen Fällen haben wir einfach das Gehalt beibehalten, weil einer seine Ziele eh nie erreicht hat.
In einem anderen Fall war es so, dass einer halt seine Ziele immer überschritten hat und dann haben wir einfach so einen Mittelwert der letzten zwei Jahre genommen und haben halt das Fixgehalt angepasst.
Und es ist ja auch so, dass ja alle am gemeinsamen Erfolg partizipieren. Das heißt, wir teilen die Beute am Jahresende, wenn denn eine da ist sozusagen, ja, und die dann gleichmäßig über alle.
Und weil alle ja die Zahlen auch sehen, alle Zahlen ja transparent sind, sieht auch jeder, ob es dann halt etwas gibt oder nicht, ja? Wenn halt am Jahresende nur eine schwarze Null dasteht, ist jedem klar, er kann mit keinem Bonus rechnen.
Geropp:
Jetzt ist das ja auch noch mal immer so eine Sache, viele Unternehmer tun sich da auch ein bisschen schwer, absolut transparent mit den Zahlen zu sein. Hintergrund bei vielen, sagen die,
„Die Leute verstehen es ja gar nicht. Wenn ich dann Abschreibungen oder sonst etwas habe, die denken, ich müsste eigentlich hier Millionär sein und dabei bin ich es gar nicht, weil…“
Ich brauche das nicht weiter auszuführen. Wie hast du das hingekriegt?
Rimmelspacher:
Ja, also das ist ein Thema, das dauert auch recht lange. Es gibt natürlich Menschen, die sich damit besser auskennen und andere weniger gut. Also die Zahlen, immer schon auf Anfrage hätte die eh jeder sehen können, vielleicht nicht in jedem Detail und jeder Euro, aber ich habe da eh nie groß hinterm Berg damit gehalten.
Wir haben es in mehreren Schritten gemacht. Der erste Schritt war, erst mal über so einen gesamten Ausgabenplan insgesamt zu sprechen und irgendwann mit der Aufteilung auf Teams hat dann jedes Team angefangen oder anfangen müssen, seine eigenen Ausgaben zu planen. Weil, wir machen ja keine Budgets.
Also wir haben für nichts ein Budget, sondern wir überlegen uns, was müssen wir alles ausgeben dieses Jahr? Und das sind jetzt zum Beispiel in diesem Jahr vier Millionen Euro. Ja, und dann weiß ich, ich muss halt mindestens vier Millionen einnehmen, ja? Jetzt mal ganz platt gesagt.
Und wenn ich aber weiß, wo dieses Geld hingeht und dafür auch dann die Verantwortung übernehmen muss, dann hat es natürlich Auswirkungen. Es erzeugt Druck, wenn da auch mal etwas rot ist, aber erzeugt natürlich auch Begeisterung und Freude, wenn da halt auch mal etwas richtig dunkelgrün ist. Und es ist aber schwierig und wir machen das jetzt aktuell so, wir tracken die Zahlen wöchentlich für jedes Team.
Wir machen mit jeder BWA, die ja monatlich kommt, einen Plan-Ist-Vergleich mit den Teams. Das heißt, da steht dann halt, wir haben zehntausend dafür und zwölftausend dafür geplant und im Ist siehst du halt dann, wie viel tatsächlich ausgegeben wurde.
Und dann sieht man auch, und das ist jetzt eigentlich auch ein gutes Ergebnis, die haben einfach aus Vorsicht und aus Unwissenheit überplant. Ich habe also schon ganz am Anfang gesagt,
„Leute, das ist richtig geil, was wir da jetzt haben, aber das sind zehn Prozent zu viel. Das werden wir niemals ausgeben.“
ja? Und jetzt so langsam, ich meine, jetzt sind wir im April, ja, und jetzt haben wir die März-Zahlen und jetzt sehen wir ja, die ersten drei Quartale. Wir haben tatsächlich schon hundertfünfzigtausend Euro weniger ausgeben als geplant und nicht, weil irgendetwas weggefallen ist, sondern weil es einfach überplant war.
Und jetzt glaube ich, wenn wir dann jetzt demnächst einfach mal so ein ganzes Quartal betrachten und die Zahlen zusammen angucken, dann verstehen die Leute viel besser, warum jetzt da etwas anders ist und dort überplant und dort unterplant. Und auf die Art und Weise lernt jeder Schritt für Schritt die Dinge zu verstehen.
Und natürlich machen wir jetzt keine gigantischen Details mit Steuer und Abschreibung und Bestandsveränderung und diese ganzen Dinge. Das brauche ich niemandem erklären. Das macht am Endergebnis ja eh nicht viel aus, ja.
Geropp:
Was würdest du denn tun, wenn jetzt das Unternehmen in eine Schieflage kommt?
Rimmelspacher:
Also ich glaube, das durch das kontinuierliche Tracken und dieses nicht so am Jahresende
„Oh, wir hatten ein schlechtes Jahr!“
Sondern durch das wöchentliche Tracken, dass wir gemeinsam viel früher reagieren als du das tun kannst, wenn du irgendwann merkst, es ist kein Geld mehr auf dem Konto. Ja, und das verspreche ich mir davon.
Das heißt, wenn dort kontinuierlich etwas rot wäre, na ja, dann müssen wir halt darüber sprechen. Und dann müssen wir uns überlegen, was weiß ich, jetzt im Moment, ja, Neugeschäft läuft grade nicht so gut, weil, Automobil ist ein großer Branchenfokus von uns und da wird halt im Moment einiges gespart.
Und jetzt überlegen wir uns halt gemeinsam, ja, was können wir denn tun? Können wir bei den bestehenden Kunden mehr Umsätze machen? Können wir vielleicht noch eine neue Dienstleistung verkaufen? Und jetzt kommen die Leute selber auf Ideen, sagen,
„Mensch, wir könnten doch dies und jenes tun.“
Weil sie ja die Zahlen sehen. Weil sie nicht hinterher vor vollendete Tatsachen gestellt werden und sagen,
„Ja, ist jetzt alles schlecht gelaufen. Und jetzt müssen wir mal drei Leute entlassen.“
Geropp:
Also das eine ist, die sind direkt mit ihm Boot und sie bekommen sehr zeitnah die Zahlen alle, sodass man sehr schnell auch sehen kann,
„Ey, da muss etwas passieren. Wir müssen jetzt irgendetwas machen.“
Rimmelspacher:
Klar. Du siehst jede einzelne Rechnung in dem Moment, wo du an die Buchhaltung eine Rechnung reingibst und die Rechnung wird gebucht.
Dann erscheint die in den Live-Daten. Das heißt, du siehst, was weiß ich, heute ist Freitag, es fehlen noch 500 Euro. Dann guckst du natürlich, wo kann ich die 500 Euro noch abrechnen? Ist ja total cool, weil du deine eigene Wirksamkeit sicherer machst, ne?
Geropp:
Das heißt, ihr habt aber auch ein System, wo das so möglich ist. Weil, ich kenne das von früher, das ist eine Katastrophe bei uns gewesen.
Rimmelspacher:
Ja. Google Sheets.
Geropp:
Google Sheets! Okay. Cool. Ja, ich glaube, das ist halt noch der Vorteil auch in einem Unternehmen wie deinem, mit vierzig, fünfzig Mann.
Rimmelspacher:
Na klar.
Geropp:
Bei so einem Zehntausend-Mann-Unternehmen wird das schon schwieriger.
Rimmelspacher:
Das ist richtig, aber wir stoßen da jetzt auch an Grenzen, weil die Auswertungen, die wir jetzt auch / Ja, auch das ist ganz toll.
Die Leute wollen plötzlich andere Auswertungen haben, sagen,
„Zeig doch mal. Ist das Produkt…“
und so weiter. Und da stoßen wir jetzt natürlich an Grenzen und wir reden jetzt im Moment grade darüber, uns tatsächlich eine ganzheitliche Unternehmenssoftware anzuschaffen.
Aber auch das machen wir gemeinsam, das heißt, da wird nicht jetzt von irgendwie zwei Leuten etwas ausgesucht und den Menschen zum Fraß vorgeworfen, sondern im Moment laufen halt einfach Interviews, welche Systeme und was ist gut? Was kann weg, was brauche ich und so weiter? Sodass ich glaube, dass auch das eine richtig tolle Geschichte werden wird.
Geropp:
Das passt ganz gut. Es geht jetzt ja dann um Entscheidungen. Wir haben vorhin gesagt, die Agilität ist, dass wir die Entscheidungen möglichst vor Ort, vielleicht sogar direkt am Shopfloor, je nachdem, wo es nötig ist, getroffen werden kann. Wir haben auch vorhin gesagt, dass es nicht so einfach ist, manche Mitarbeiter da hineinzuziehen, dass die das auch wirklich wollen, diese Entscheidung.
Aus deiner Überlegung heraus und Erfahrung, wie lange dauert es denn, dass es ein Unternehmen in deiner Größe hin bekommt, wirklich die Verantwortung so an die Mitarbeiter zu übertragen? Und worauf sollte jemand, der das möchte, achten und wo liegen so die Stolpersteine?
Rimmelspacher:
Ja, wie ich vorhin schon sagte, das ist eines der schwierigsten und herausforderndsten Themen. Und es dauert sehr lange. Das kann ich schon mal ganz allgemein formulieren.
Wir haben das auch noch nicht hinter uns gelassen, weil du es auch nicht vom ersten Tag an machen kannst, sondern da musst du erst als Organisation eine gewisse Reife haben in deiner Art und Weise der Zusammenarbeit.
Und dann brauchst du irgendwelche Modelle, anhand derer du das machst. Und da gibt es für uns zwei richtig gute Dinge. Das eine, irgendwann hat es mir mal jemand erzählt, ich glaube, von (Seibert?) Media habe ich mal irgendwo einen Blogeintrag gelesen, das heißt „Tree-Decision-Model“.
Und das ist ein Modell, das vergleicht Entscheidungen mit einem Baum. Und so ganz vereinfacht formuliert: Wenn ich dem Baum die Wurzel abhacke, dann wird er sterben. Wenn ich ein großes Loch in den Stamm säge, dann wird es kritisch. Wenn ich einen großen Ast absäge, na ja, ist er halt verwundet, aber ist nicht so wild.
Und wenn ich einen Ast abbreche oder ein Blatt, das spürt er nicht mal. Und jetzt kannst du Erfahrungen aus der Vergangenheit und Entscheidungen aus der Vergangenheit erst mal an diesem Baum verorten.
Also was ist eine Wurzelentscheidung, was ist eine Blattentscheidung? Und weil du das mit realen Geschichten aus deinem Unternehmen machst und nicht mit irgendwelchen hypothetischen Dingen, kannst du sehr gut lernen, vor was für einer Entscheidung du im Moment grade stehst, ja?
Also zum Beispiel, was weiß ich, wir haben jetzt vor drei Jahren das Unternehmen gekauft, wenn ich so etwas noch mal machen würde, das wäre natürlich eine Wurzelentscheidung.
Da muss ich die Gesellschafter fragen, da würde ich wahrscheinlich sogar mit der gesamten Firma heute darüber sprechen.
Geropp:
Auch, was du eben gesagt hast, die Einführung eines solchen Systems bei vielen Firmen,
Rimmelspacher:
Natürlich. Na klar.
Geropp:
das ist ganz entscheidend. Das ist sicher nicht eine Wurzelentscheidung.
Rimmelspacher:
Es ist also mindestens irgendetwas zwischen Wurzel und Stamm, ja. Und auf der Gegenseite, na ja, wenn ich halt wegen einer kaputten Tastatur jemanden fragen muss, ob ich eine neue bestellen darf, ja, ist mit Sicherheit ein Blatt.
Geropp:
Das finde ich ein sehr schönes Modell, weil es sehr anschaulich ist. Und wie du sagst, wenn du da dann so Beispiele hineinbringst, dann wird das auch klar für jeden. Natürlich.
Rimmelspacher:
Dann hast du das schon mal erreicht. Das heißt, du bekommst schon mal ein Verständnis über die Gewichtigkeit einer Entscheidung. Und jetzt brauchst du noch Entscheidungsmethoden.
Und da gibt es ja auch ganz viele Bücher darüber und so weiter. Also solche Dinge wie Mehrheitsentscheidungen sind grundsätzlich kacke, ja? Kannst du vergessen, ja? Brexit: 51 zu 49. Super. Alle sind unzufrieden.
Geropp:
Ich muss dazu sagen, heute ist der 10.04. Wir wissen immer noch nicht, was Sache ist. Also passt wunderbar, Brexit, ja.
Rimmelspacher:
Na ja, und jetzt stelle dir vor, die machen eine zweite Abstimmung und dann ist es 49 zu 51. Was ist dann, ja? Also Mehrheit ist meistens nichts. Und jetzt gibt es verschiedene Methoden, zum Beispiel der Konsent, also nicht Konsens, sondern Konsent, mit „t“ am Ende. Also so etwas vereinfacht gesagt, so Einwandbehandlung und solche Dinge.
Also eher so die Fragestellung, welche Einwände gibt es und was müssen wir tun, dass die Einwände nicht mehr da sind? Ist natürlich viel wertvoller, als nach Zustimmung zu fragen, ja? Oder auch das systemische Konsensieren, das dann halt noch ein Stück weitergeht.
Oder der konsultative Einzelentscheid, ja, das sind alles seltsame Begriffe, aber total coole Methoden. Zum Beispiel ein Team sagt:
„Wir übergeben dir, Bernd, die Entscheidungsbefugnis. Du bist der Experte. Aber was mir möchten, ist, dass du alle, die von der Entscheidung betroffen sind, befragst und auch alles Experten befragst.“
Geropp:
Aber ich entscheide nachher und ist vollkommen egal, in welcher Hierarchieebene, einfach deswegen, weil ich der Experte bin. Weil ich genau, was weiß ich, die IT-Systeme kenne oder weiß der Teufel was.
Rimmelspacher:
So ist es. Und deswegen haben wir so einen Spruch geprägt „Wir müssen erst mal entscheiden, wie wir entscheiden wollen“, ja?
Geropp:
Ja, das ist sehr guter Spruch, ja.
Rimmelspacher:
Und damit schaffst du das in jedem einzelnen Fall. Und wenn du unsicher bist, na ja, dann frage halt jemanden, ja?
Geropp:
Das ist gut, ja.
Rimmelspacher:
Und es ist auch ein iteratives Lernen und ein iterativer Prozess. Und je länger der Prozess dauert, desto besser und sicherer wirst du damit auch.
Und jetzt gibt es einen ganz wichtigen Punkt dabei. Wenn ich als Führungskraft, als Chef, als Geschäftsführer, wenn ich das zulasse, dann muss ich es verdammt noch mal auch zulassen.
Dann muss ich halt auch die Zähne zusammenbeißen und es manchmal aushalten, wenn ich es anders gemacht hätte. Weil in dem Moment, wo ich reingrätsche, signalisiere ich den Menschen, ja, dass sie entscheiden können, was sie wollen, im Zweifelsfall überstimme ich sie immer.
Geropp:
Also du musst vorher quasi sagen, „Halt. Da habe ich eine Letztentscheidung, weil ich der Unternehmer bin“, und dann gibt es andere, wo du sagst,
„Nein, selbst, wenn ich der Unternehmer bin, diese Entscheidung, mach mal.“
Wie der Experte das macht oder in einer anderen Art und Weise. Aber dann musst dich daran halten. Selbst, wenn du sagst:
„Das geht in eine falsche Richtung.“
…musst du es aushalten.
Rimmelspacher:
Genau. Genau. Und das kann ich dann wieder schön mit dem Baum visualisieren: Wurzelentscheidungen, muss ich dabei sein.
Geropp:
Musst du dabei sein oder hast du einen Letztentscheid?
Rimmelspacher:
Muss ich dabei sein. Den letzten Entscheid, wäre dann ja eher so etwas wie ein Veto vielleicht.
Geropp:
Ja. Das wäre meine Frage. Quasi so ein Letztentscheid, das wäre, dass du dir ein Veto herausnimmst, als Unternehmer, bei Wurzelentscheidungen. Okay.
Rimmelspacher:
Wenn ich es begründen könnte, dass es das Unternehmen gefährdet oder irgendetwas, dann könnte ich das mit Sicherheit tun. War bisher noch nicht notwendig.
Geropp:
Prinzipiell bei Entscheidungen sind ja auch so Sachen, wie weit arbeitet ihr mit Regeln und wie weit arbeitet ihr mit Prinzipien?
Rimmelspacher:
Ist natürlich in unserer Welt, in der wir uns bewegen, ja, man unterscheidet ja mittlerweile sehr häufig zwischen kompliziert und komplex, ist es natürlich erst mal dahingehend zu beschreiben, dass überall, wo du komplizierte Prozesse hast, wie der Name schon sagt, du hast einen Prozess.
Und dem kannst du folgen und wenn der Prozess richtig beschrieben ist, dann kommt am Ende auch das Richtige dabei heraus. Weil du ja ein erwartbares Ergebnis hast. Und da gibt es ja diesen schönen Spruch, den ich grade gestern wieder in einem Podcast gehört habe, die Wertschöpfung der Norm und Wertschöpfung der Ausnahmen. Es beschreibt das sehr schön, ja?
Geropp:
Ich nehme an, der war von „Intrinsify“, von Mark Poppenborg oder vom Lars Vollmer.
Rimmelspacher:
So ist es. Genau. War grade wieder vom Mark ein Podcast.
Geropp:
Sehr schön.
Rimmelspacher:
Ja, und da kannst du es natürlich ganz klar daran festmachen. Da hast du definitiv Regeln, ja?
Wenn der Steuersatz 19 Prozent ist, dann kannst du nicht 17 Prozent draufschreiben. Und wenn eine Rechnung so und so zu schreiben ist, dann musst du das halt einfach so tun. Alles andere musst du ja im Grunde genommen mit Prinzipien entscheiden, weil du ja dann immer wieder auf die Ereignisse, auf das Unvorhergesehene reagieren musst und dann mit deiner Erfahrung und dann den Entscheidungsmethoden, die wir grade besprochen haben, und allem was eine solche Situation eben ausmacht, ja /
Die interdisziplinären Teams, die dabei extrem wertvoll sind, ja, durch die unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungshorizonte und Backgrounds der Menschen, da kannst du dann natürlich auch komplexe Probleme erfolgreich meistern. Und für uns ist das insofern auch ein ganz wichtiger Treiber, weil wir ja auch von unserer Vision ausgehen, wir verkaufen ja Produkte, wo wir sagen, wir ermöglichen unseren Kunden eine Null-Fehler-Produktion.
Und wenn ich bei der Fehlersuche aufhöre, wenn der Schuldige gefunden ist, dann ist das natürlich nicht grade hilfreich. Wird zwar in vielen Unternehmen so gemacht, aber dieses Lernen aus Ereignissen, aus Fehlern, aus Situationen und so weiter, das ist ein iterativer Prozess und so kannst du auch gewissermaßen jedes komplexe Problem, für das du keine Prozesse hast, lösen. Und da kommen dann halt auch immer wieder die Prinzipien zum Einsatz.
Geropp:
Aber die Prinzipien, wenn ich dich richtig verstehe, werden dann auch wirklich von euch allen definiert, weil, die gibst du nicht vor, sondern das dauert ja auch eine Zeitlang, bis man sich Klarheit verschafft, nach welchen Prinzipien arbeiten wir zusammen?
Rimmelspacher:
Das dauert recht lange, weil, bei solchen Dingen, Prinzipien und Werte, sind ja immer wieder Diskussionsthemen. Und vielleicht mache ich es mal an den Werten fest. Da ist es etwas anschaulicher.
Guck dir mal die Websites von allen möglichen Firmen an. Die schreiben halt zehn schöne Begriffe auf ihre Website und sagen,
„Das sind unsere Werte. Und ab morgen müsst ihr euch daran halten und jetzt seid ihr auch noch Botschafter unseres Unternehmens.“
Und weil die ja dort keine negativen Schlüsselbegriffe hinschreiben, kann sich ja auch jeder etwas Schönes dabei aussuchen.
Aber viel wichtiger ist es doch, und das war auch so für uns ein ganz wichtiger Treiber,
„Was hat uns denn zu dem gemacht, wer wir heute sind?“
und nicht
„Wie wollen wir irgendwann mal sein?“
Und nur auf die Art und Weise kannst du herausarbeiten, was tatsächlich geteilte Werte sind, weil du auch in die Vergangenheit schaust, ja?
Und dann werden auch geteilte Werte real, weil du dir auch Geschichten aus der Vergangenheit erzählst, ähnlich, wie ich es vorhin bei den Entscheidungen gesagt habe.
Wenn du dir deine Werte, deine Begrifflichkeiten, die du dir herausarbeitest, die natürlich häufig ähnliche Begriffe über die Unternehmen hinweg sind, wenn du die aber auch mit Geschichten aus deiner Historie erklärst, dann hast du einen ganz anderen Umgang damit.
Und dann sind die auch geteilt. Natürlich nicht immer hundertprozentig, ist auch klar, aber so ein 80-20-Pareto kommt da schon heraus. Und das ist natürlich extrem hilfreich.
Geropp:
Und dadurch, dass du in die Vergangenheit gehst und anhand von Beispielen wird das greifbarer. Und ich schätze, dass auch klarer wird / weil, du hast eben schon gesagt, dann schreiben die Leute hin,
„Das sind unsere zehn wichtigsten Werte.“
Teilweise widersprechen sich manchmal Werte ja auch.
Rimmelspacher:
Ja, natürlich.
Geropp:
Und das kann ich dann herauskriegen, was ist uns denn wirklich wichtiger, das eine oder das andere, indem man anhand von Beispielen aus der Vergangenheit schaut,
„Schau, da ging es um das und da haben wir uns dafür entschieden. Da haben wir uns nicht für die Qualität, sondern für die Termine entschieden.“
…oder umgekehrt. Ja, das ist sehr spannend. Das ist cool.
Rimmelspacher:
Es muss ja auch glaubwürdig sein. Ja, und das ist es halt nicht, wenn du einfach nur irgendwie so eine Formulierung machst und dann noch eine E-Mail an alle schickst, ja, sagst,
„So, da ist es! Schön gedruckter Flyer, hier habt er ihn.“
Ja, und wenn du jetzt das alles zusammennimmst – jetzt möchte ich noch mal kurz zurück auf die Entscheidungen kommen –, was kann ich als Unternehmer tun, um den Menschen das alles zu ermöglichen?
Und ich erkläre es immer damit, wir können einen Rahmen schaffen. Einen Rahmen, in dem sich die Menschen bewegen. Und jetzt nehme ich mal ein Bild, das sich jeder gut vorstellen kann.
Du hast eine Straße, am Horizont, das ist deine Vision, es heißt zunächst mal, dir ist klar: Da will ich hin. Ja, und weil du die Vision gemeinsam erarbeitet hast, haben alle eine gewisse Vorstellung davon, das ist so ungefähr die Richtung, ja? Der Nordstein und so weiter, ja? So.
Jetzt habe ich rechts und links meine Begrenzungen, die weißen Linien auf der Straße. Das sind die Werte und die Prinzipien, die möchte ich einhalten.
Ja, und genauso auf der Straße, wenn ich die weiß Linie mal überfahre, da passiert normalerweise nichts, dann kann ich korrigieren. Aber das will ich ja nicht. Und genauso ist es mit den Werten und Prinzipien. Wenn ich dagegen die Leitplanke durchbreche,
Geropp:
Das sind „die Regeln“.
Rimmelspacher:
… die Regeln und die Zahlendaten und Fakten, dann wird es halt eher blöd.
Geropp:
Ja, das ist ein schönes Bild.
Rimmelspacher:
Und mit diesem Bild kannst du dann ganz gut umgehen, weil du sagst,
„Na ja, die Verträge, die Gesetze, die Normen, Steuerrecht und alles, das müssen wir ja einhalten.“
Ja, und jetzt, in jeder Situation unter Zuhilfenahme der Entscheidungskriterien, der Entscheidungsmethoden, der Werte, der Prinzipien und der Leitplanken, also der Regeln, solltest du in der Lage sein, immer die richtige Entscheidung zu treffen.
Und ob es eine richtige Entscheidung war? Ich meine, das haben wir schon oft genug thematisiert, habe ich auch bei dir im Podcast schon öfter mal gehört, weißt es doch eh erst hinterher, ob deine Entscheidung richtig war oder nicht.
Geropp:
Ey, wenn du siebzig Prozent der Entscheidungen richtig triffst, dann bist du meistens ganz gut dabei.
Rimmelspacher:
Natürlich, ja.
Geropp:
Sven, wie sieht es aus, der Begriff Führung in einem solchen sehr agilen Umfeld? Wie würdest du den definieren und wie geht er mit Rollen, Hierarchien / Und, ja, normalerweise gibt es nach wie vor, nenne es Teams, nenne es Abteilungen, irgendwo bilden sich immer so kleine Silos oder so ein Abteilungs-, Silos-Denken.
Wie geht ihr damit um?
Rimmelspacher:
Also zunächst mal glaube ich, dass wir mehr Führung brauchen als früher, aber weniger Führer. Und die Führung, die würde ich jetzt mal, ausgehend von disziplinarischer und fachlicher Führung, auftrennen wollen.
Disziplinarische Führung, wo mir jemand sagt, wann ich was tun darf und so weiter, die brauchen wir nicht mehr. Die brauchen wir nur noch bei, sagen wir mal, den gesetzlichen und juristischen Themen, ja, wie Gehälter, Verträge, Versicherungen, Steuer und so weiter, was es halt so alles gibt, ja?
Ist aber dann ja eher wie ein Service am Mitarbeiter zu sehen. Und dann bleibt also nur noch die fachliche Führung und die persönliche, berufliche Weiterentwicklung übrig. Die fachliche Führung, hatten wir vorhin schon ein paarmal kurz angesprochen, die ist situativ.
Ja, das ist ein Team, das hat eine Aufgabe, da ist einer, der Experte, ähnlich wie wir das bei der Entscheidung vorhin thematisiert hatten, einer übernimmt situativ die Führung.
Und das kann auch mal der Azubi sein, der mir sagt, dass er bis nächste Woche diese und jene Aufgabe von mir gelöst haben muss. Und das empfinde ich persönlich als mir gegenüber sehr wertschätzend, weil ich dann meine fachliche Expertise einbringen und nicht nur weil ich der Chef bin, irgendwie befriedigt werden muss.
Das heißt, Führung übernimmt immer irgendjemand, und das ist nicht mir Hierarchien verbunden. Und dann gibt es eben noch diesen letzten Bereich, diese persönliche, berufliche Weiterentwicklung.
Dafür haben wir ein Mentorenkonzept entwickelt, das heißt, wir haben zehn Mentoren bei und jeder Mitarbeiter muss einen Mentor haben und mit dem kann er als Menti über alles sprechen, was ihn bewegt.
Probleme, Sorgen, Wünsche, Entwicklungsmöglichkeiten, Veränderungen der Rolle und was es noch so alles gibt, auch private Themen, wenn du möchtest. Und auch das ist natürlich eine Herausforderung, weil, das sind ja alles keine ausgebildeten Special Coaches oder irgendetwas, sondern das müssen wir uns auch nach und nach erarbeiten.
Geropp:
Wie geht ihr denn mit Sachen um, wo jemand Zusagen nicht einhält, also jetzt hier auch in einem Team, da sagt,
„Jaja, ich mache das.“
aber er hat es nicht gemacht? Und er macht es auch häufiger nicht.
Rimmelspacher:
Ja. Also ich beschreibe mal den Idealfall, weil ich jetzt grade kein griffbereites Beispiel habe. Die Teams arbeiten mittlerweile alle relativ ähnlich nach so einem Scrumban-Konzept, also eine Mischung aus Scrum und Kanban, unter anderem natürlich dadurch auch Pool-Prinzip, das heißt, die Aufgaben werden genommen, die Aufgaben werden in Dailys weitergeschoben und so weiter, so die typischen Methodiken einfach.
Na ja, und wenn halt einer irgendwie an einer Aufgabe arbeitet und da irgendwie fünf Tage daran arbeitet, obwohl alle ursprünglich gedacht haben, das ist ein halber Tag, dann sollte das Team natürlich aus eigenem Interesse eingreifen und ihn entweder unterstützen oder vielleicht auch mal gemeinsam erörtern,
„Was ist denn los? Wir haben hier eine Aufgabe zu erfüllen und du ziehst nicht mit?“
Und das ist dann der soziale Druck, der durch das Team entsteht und das hat auch nichts mit Hierarchie zu tun, sondern wir haben ja eine gemeinsame Aufgabe.
Aber ich denke, das muss wirklich wachsen und das kann vor allem nur dann wachsen, wenn du ein stabiles Team hast, in dem sehr große Vertrauenskultur auch herrscht, das heißt, die Menschen sich wirklich auch aufeinander verlassen können.
Und ich glaube, dann ist, wenn jemand etwas nicht einhält, das eher in den Bereich der Unterstützung zu sehen, dass das Team denjenigen dann auch wirklich hilft und sagt,
„Hey, was können wir tun, dass du deine Aufgabe fertigkriegst?“
Geropp:
Also ich bin mir nicht ganz sicher. Ich hatte irgendwann mal davon gelesen, dass das natürlich auch eine sehr schwierige Situation werden kann, ja, dass ein unheimlicher Teamdruck auch aufgebaut werden kann.
Eigentlich übernimmt das Team in seiner sozialen Form jetzt Teile der Führung und das kann auch mal nach hinten losgehen. Das ist aber bei euch so bisher nicht passiert?
Rimmelspacher:
Na ja, ich glaube, dass es durch gewisse Ereignisse, die du dann siehst oder die auftreten, natürlich schon passiert, ja, wenn dann zum Beispiel es Konflikte gibt, wenn es auch mal laut wird und so weiter.
Weil, bei uns ist ja nicht alles heile Welt, ja? Ganz im Gegenteil, es sind Menschen, es irgendeine Organisationform und das verändert ja nicht das grundsätzliche Verhalten. Vielleicht verändert es sogar das Verhalten, aber das verändert die Menschen nicht grundsätzlich.
Und von daher sind das alles Dinge, die dann halt irgendwann hochkommen. Und ich glaube, ein ganz wichtiger Unterschied ist, du kannst halt nicht mehr zum Chef gehen und sagen,
„Du, ich habe da ein Problem mit dem Kollegen X. Löse das mal für mich“, ja?
Geropp:
Sind wir wieder dabei, du musst selber entscheiden. Das heißt, du musst auch selber in den Ring gehen.
Rimmelspacher:
Na klar. Und wenn du das nicht schaffst, dann hast du ja immer noch deinen Mentor. Und wenn das auch nicht ausreichen sollte, na ja, dann musst du halt doch irgendwann mal, sagen wir mal, irgendwie Mediation machen oder irgendwie so etwas, ja?
Geropp:
Sven, ich finde das ja total faszinierend, wie du das auch in deinem – oder wie ihr beide, der Christian und du, das in dem Buch beschrieben habt, diesen Weg, wie sich das entwickelt hat. Das sind ja jetzt, ich glaube, zwei Jahre?
Rimmelspacher:
Fast schon drei.
Geropp:
Fast schon drei. Jetzt seid ihr ein Unternehmen mit vierzig, fünfzig Mann. Wie siehst du die Herausforderung für ein wirklich großes Unternehmen, zehntausend so im Konzern oder selbst mehr?
Wie siehst du das, haben die da überhaupt eine Chance, so etwas umzusetzen? Das stelle ich mir sehr schwer vor.
Rimmelspacher:
Na, ich kann natürlich nicht für die Konzerne sprechen. Ich habe viel Kontakt mit Konzernen, weil, ich halte ja auch Vorträge zum Thema.
Wir machen hier irgendwelche Meetups bei uns, wo auch dann hier grade von den lokalen Konzernen her in Karlsruhe Leute mit dazukommen. Also klar ist schon mal, die suchen alle nach Lösungen.
Geropp:
Ja, das glaube ich.
Rimmelspacher:
Und auch, wie ich es vorhin in diesem Industrie-4.0-Kontext auch kurz erwähnt hatte, ich bin auch fest davon überzeugt, dass die auch alle Lösungen brauchen, weil die Menschen einfach keinen Bock mehr haben, so zu arbeiten, wie bisher.
Brauchst du dir ja nur die Gallup-Studie anzuschauen, ja, wo 85 Prozent aller Menschen wenig oder keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen haben. Damit ist ja schon fast alles gesagt. Und deswegen brauchen die alle Lösungen.
Und jetzt ist es natürlich so, du kannst nicht einfach mal zehntausend Leute einen Schalter umlegen und sagen,
„Es ist alles anders.“
Dummerweise machen die das aber auch teilweise so. Das heißt, da ist irgendein Abteilungsleiter, der ist solchen Dingen vielleicht sogar aufgeschlossen und der hat dann halt sein Ziel und dann muss in sechs Monaten alles durchgeprügelt werden. Und dass am Ende nichts Schlaues dabei herauskommt, das kann man sich ja denken.
Und deswegen glaube ich, solche Konzepte an sich sind skalierbar, ja, da gibt es ja auch konkrete Beispiele, aber das ist ja auch eine der wichtigsten Informationen. Jeder muss da seinen eigenen Weg finden.
Und bei einem Konzern, glaube ich, was die ja ganz gut machen, ist, dass sie zumindest mittlerweile den Horizont öffnen und den Menschen sagen, „Wir bieten euch hier Schutzräume an, in denen ihr auch mal ausprobieren könnt.“ Und der kritische Punkt ist aber immer dann der, wenn sie aus diesen Schutzräumen heraustreten und es dann halt auf andere übertragen sollen, weil dann passiert doch dasselbe, was mit dem Management passiert.
Der Chef denkt vor, serviert es seinen Leuten, sagt,
„So müsst ihr es machen.“
…und die Leute gehen in den Widerstand, weil sie sagen,
„Warum? Wir waren nicht beteiligt, wir wurden nicht gefragt.“
Und ob das jetzt der Chef ist oder ein elitäres, privilegiertes Team, das halt auch mal etwas ausprobieren durfte, so werden die ja teilweise auch betrachtet von ihren Kollegen,
„Die halt in ihrer Spielwiese und Bällebad.“
und was weiß ich alles. Und dann passiert genau dasselbe. Wenn die das nicht schaffen dann, in der Übertragung ihrer Ergebnisse oder Ideen, die anderen wiederum mit einzubeziehen, dann wird es genauso scheitern, wie ich früher gescheitert bin, wenn ich irgendetwas einführen wollte, was ich halt schon zu Ende gedacht hatte.
Geropp:
Ja, das kann ich gut verstehen. Und der zweite Punkt, den hast du vorhin genannt, es braucht Zeit.
Rimmelspacher:
Ja, klar.
Geropp:
Das geht nicht sechs Monate, Quartalsbericht, sondern wir brauchen drei Jahre.
„Ja, drei Jahre, da bin ich als Vorstandsvorsitzender ja gar nicht mehr dabei.“
Und schon ist die Sache sehr schwierig. Ich (formuliere es mal so?).
Rimmelspacher:
Ja. Und es kostet Geld. Es kostet Geld, weil du viel Zeit investieren musst. Und dann kann ich natürlich als Unternehmer sagen,
„Ich akzeptiere auch mal eine schwarze Null als Jahresabschluss, weil ich weiß, es ist eine Investition in die Zukunft.“
Deinen Shareholdern kannst du das nicht erklären. Und das hat man ja vereinzelt auch bei manchen Konzernen schon gesehen, die angefangen haben, solche Dinge umzusetzen.
Dann lief es nicht so gut. Na, was höre ich dann als Erstes auf? Genau solche Initiativen.
Geropp:
Das heißt, deine Lösung für die großen Unternehmen ist, kleine Veränderungen zu machen und nicht das Große direkt zu wollen, weil, das kriegen sie sowieso nicht umgesetzt.
Rimmelspacher:
Na klar. Und das tun, was erfolgversprechend scheint und ausprobieren. Und wenn es funktioniert, versuchen, etwas breiter zu etablieren und nicht immer gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten oder eben alles auf den Kopf stellen.
Das kann in einem Konzern bestimmt nicht funktionieren. Aber das Zulassen ist ja das Wichtigste. Ich meine, ich war zwar bei uns der Initiator, aber wenn ich es nicht zulassen würde und nicht akzeptieren würde, wenn die Mitarbeiter eigene Ideen haben oder wenn es bei den Mitarbeitern begonnen hätte, ist doch zum Scheitern verurteilt.
Geropp:
Ja, das sehe ich auch so. Sven, ich bedanke mich recht herzlich für dieses tolle Gespräch. Hat mich sehr fasziniert, wie du das hingekriegt hast mit deiner Mannschaft auf diesem Weg, auch das Durchhaltevermögen, das so umzusetzen.
Und ich kann jedem nur empfehlen, das werden wir auch in den Shownotes verlinken, dein Buch oder euer Buch, der Christian Wißmann hat das ja mit dir geschrieben, als du als der Techniker, er als der aus dem sozialen Bereich kommt. Ist wirklich sehr lesenswert und es ist sehr praxisorientiert. Das hat mir besonders gut gefallen.
Rimmelspacher:
ja, vielen Dank. Und, ja, aber fertig sind wir noch nicht. Also einer der letzten Sätze im Buch ist ja, „Es hört nie auf“.
Geropp:
Das ist, glaube ich, in jedem Unternehmen so. Genau.
Rimmelspacher:
Ja, klar. Ja.
Geropp:
Sven, herzlichen Dank. War ein tolles Gespräch. Danke.
Rimmelspacher:
Ich habe zu danken, Bern. Tschau.
Das inspirierende Zitat
„Wenn Führungskräfte einerseits eine agile Organisation haben und andererseits in dieser die volle Kontrolle behalten wollen, dann ist das so, als wünschte man sich einen eisigkalten, sonnigen Regentag.“
Markus Reimer
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