fpg205 – Erfolgreich eine Stellenanzeige verfassen – Interview mit Ulrike Winzer
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Heute unterhalte ich mich mit der Personalberaterin Ulrike Winzer über Stellenanzeigen. Erfolgreich eine Stellenanzeige verfassen? Wie geht das?
Sind die nicht eigentlich ein Auslaufmodell? Worauf sollte man als Arbeitgeber da achten?
Erfolgreich eine Stellenanzeige verfassen?
Es gibt verschiedene Wege und Kanäle, um neue Mitarbeiter zu suchen: Karriere- und Jobportale, Anzeigen in Printmedien, soziale Netzwerke und einiges mehr.
Aber in fast jedem dieser Kanäle ist es notwendig, eine Stellenbeschreibung, eine Stellenanzeige zu verfassen – und zwar eine die auch gelesen wird, eine die heraussticht aus der Vielzahl der anderen, eine die die ausgeschriebene Position und das Unternehmen gut beschreibt, aber genauso ansprechend auf die Anforderungen an den Bewerber eingeht.
Viele tun sich schwer, wenn sie eine solche Stellenbeschreibung anfertigen müssen. Das ist auch nicht einfach.
Es ist nicht damit getan, eine alte Stellenbeschreibung zu kopieren. Eine 20 Jahre alte Stellenbeschreibung aus der Zeitung, die damals anscheinend mal erfolgreich war per Copy & Paste zu nutzen ist nicht die Lösung.
Denn nur weil es vor 20 Jahren mal funktionierte bedeutet das noch lange nicht, dass die gleiche oder ähnliche Stellenanzeige auch heute noch funktioniert – schon gar nicht auf anderen Kanälen, z.B. Social Media.
Worauf sollte man also heute achten bei Stellenbeschreibungen hinsichtlich Inhalt wie auch Optik?
Ulrike Winzer

Stellenanzeige verfassen mit Ulrike Winzer
Darüber unterhalte ich mich mit der Personalberaterin Ulrike Winzer. Sie war Softwareentwicklerin, IT-Projektmanagerin, Bereichsleiterin und Recruiting Managerin im Mittelstand wie auch im Konzernumfeld. Deshalb kennt sie das Thema Personalsuche auch aus allen Facetten.
Freuen Sie sich mit mir auf das spannende Gespräch mit Ulrike Winzer.
Die 7 größten Sünden in modernen Stellenanzeigen
Ulrike hat noch etwas ganz besonderes für all diejenigen, die sich gerade mit der Erstellung einer Stellenanzeige rumschlagen
und zwar eine Checkliste „Die 7 größten Sünden in modernen Stellenanzeigen“. Sie können sich die Checkliste auf Ihrer Webseite herunterladen.
Weiterführende Links
Das transkribierte Interview mit Ulrike Winzer
Geropp
Ulrike, das Thema Stellenanzeigen, vor allem Unternehmer, die denken da, na ja, das ist ja eigentlich ein Auslaufmodell. Wie siehst du das in der heutigen Zeit? Wie ist das mit Stellenanzeigen?
Winzer
Das wird immer wieder diskutiert, dass Stellenanzeigen doch eigentlich überholt sind. Die Realität zeigt, aus meiner Sicht, aber genau das Gegenteil. Die Jobbörsen boomen, die Anzahl der geschalteten Anzeigen, die steigt jährlich enorm an. Wir hatten alleine in 2016 circa 13,9 Millionen Anzeigen. Und Ende des dritten Quartals, in 2017, da lagen wir bereits bei 12,6.
Geropp
Das sind ja Riesenzahlen, ne?
Winzer
Ja. Das heißt, dass man Ende 2017 bei circa 16 Millionen landen wird. Jetzt sind die Zahlen, die sind aber nur das Eine. Die Stellenanzeigen, die sind ja oftmals der erste Kontaktpunkt, den ein möglicher neuer Mitarbeiter mit einem Unternehmen hat. Ganz besonders, wenn es keine bekannte Marke ist.
Und dazu kommt dann, dass viele Kandidaten, die suchen ja gar nicht aktiv, die sind aber wechselbereit und suchen dort. Die müssen also auf eine ganz andere Art aufmerksam gemacht werden. Und das bedeutet für die Unternehmen, dass sie sich sehr genau überlegen müssen, wen sie als Mitarbeiter eigentlich suchen, wer konkret die Zielgruppe ist, und wie sie es jetzt schaffen können, dass genau diese Menschen auch auf sie aufmerksam werden und sich dann bewerben.
Geropp
Aber warte mal. Das habe ich nicht ganz verstanden. Wenn die jetzt ja sowieso nicht in den Stellenbörsen/ wo würden die Stellenanzeigen denn dann geschaltet werden?
Winzer
Die müssen über andere Kanäle adressiert werden. Also zum Beispiel in Business-Plattformen, in Newslettern, die speziell auf eine Zielgruppe ausgerichtet sind.
Geropp
Ah, okay, ja.
Winzer
Da gibt es ganz, ganz viele Kanäle in Facebook, wo ich Zielgruppen targetieren kann und so weiter. Das heißt aber auch, dass eine Stellenanzeige heute weitaus mehr leisten und liefern muss, als das bisher der Fall war. Und das spiegelt sich heute oftmals noch gar nicht wieder.
Geropp
Was genau heißt das? Wie muss denn so eine Stellenanzeige dann zugeschnitten oder gestaltet werden? Worauf muss man da dann Wert legen, im Vergleich zu dem, wie man es früher gemacht hat, aus deiner Sicht?
Winzer
Also das eine ist Optik, das zweite ist der Inhalt und das dritte ist der Kanal, den ich benutze um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich muss ja die Menschen erreichen, die passiv suchen oder die passiv wechselwillig sind. Und hier muss ich mit einer Stellenanzeige trumpfen, die gegenüber meinen Mitbewerbern/ die muss aus dem Rahmen fallen. Die muss neugierig machen.
Der eine Punkt ist das Visuelle, die Optik. Und wir Menschen, wir sind visuelle Wesen. Also Facebook, Instagram, YouTube, das sind ja alles visuelle Plattformen und das bestätigt das. Und Bilder und Videos, die erzeugen einfach Emotionen. Deswegen ist es zum einen hilfreich, wenn eine Stellenanzeige bebildert ist. Im besten Fall enthält sie sogar ein Video. Wichtig dabei ist, dass das Ganze realistisch und authentisch ist und gleichzeitig auch anziehend und attraktiv.
Geropp
Ich glaube da tun sich aber viele schwer mit. Weil manchmal sehe ich so Stock-Pictures und das ist so also überhaupt nicht emotional, für mich jedenfalls. Ich weiß nicht, wie siehst du das?
Winzer
Das ist genau der Punkt. Stock-Fotos, Stock-Videos, die spiegeln die Realität nicht wieder. Das heißt ich suggeriere dort etwas, worauf ein Bewerber, der darauf anspringen würde, das findet der in der Realität ja gar nicht. Und Videos haben zudem den Effekt, wenn die schlecht gemacht sind, dann werden die sehr schnell im Internet verbreitet.
Geropp
Das will man ja aber bitte nicht, mit so einer negativen Assoziation dann, ne?
Winzer
Nicht wirklich. Also man bekommt natürlich Aufmerksamkeit dadurch und wird sichtbar, aber eben auf eine Art, die, ja, Bewerber dann zum Teil auch abschreckt. Also wer Spaß daran hat, der kann gerne mal Azubi-Videos in YouTube googeln. Da finden sich eine ganze Menge, ja, spannender Beispiele dazu.
Geropp
Also Video ist, glaube ich da, je nachdem, wenn ich jetzt so einen kleinen, mittelständischen Unternehmer habe, der sonst noch nicht so stark im Social Media unterwegs ist und sich auch vielleicht nicht so gerne selbst darstellt, stelle ich mir das nicht einfach vor. Ist es da dann besser einfach mit vernünftigen Fotos zu arbeiten?
Winzer
Ja, definitiv. Besser ein gutes Foto, als ein schlechtes Video. Denn die Negativ-Publicity durch schlechte Videos, die ist schon enorm.
Geropp
Wenn ich jetzt also ein schönes Foto habe, von einem Profi gemacht für die/ Und wenn ich das richtig verstehe, das ist ja auch noch mal ein Unterschied, ob ich das jetzt in einem Kanal Facebook schalte, oder ob ich es auf meiner Webseite habe, oder ob ich es auf einer der anderen Plattformen, wo die Leute speziell suchen, schalte. Bei Facebook, zum Beispiel, ist es ja mehr wie eine, ja, wie eine Werbung auch für andere Sachen. Was bedeutet das für den Inhalt? Was bedeutet das für den Text?
Winzer
Der Inhalt muss zum Bild passen und er muss in Summe auf die Zielgruppe zugeschnitten sein. Das reicht also auch nicht aus, nur ein Bild zu haben, wenn ich einen Auszubildenden suche und wenn ich einen kaufmännischen Leiter, beispielsweise, suche. Das sind ja ganz andere Zielgruppen.
Das heißt, ich brauche da sehr unterschiedliche Bilder, die wirklich zu den Menschen passen, die zu mir ins Unternehmen sollen. Und so ähnlich ist das, was den Inhalt betrifft. Der Satz Content ist King, der geistert ja überall durch das Netz. Ich habe mal die schicke Ergänzung dazu gelesen, Content ist King, aber greifbarer, relevanter, begeisternder Content ist King Kong.
Geropp
Ja, okay.
Winzer
Und das trifft es genau. Der Inhalt muss wirklich greifbar sein. Der muss nachvollziehbar sein. Der Leser einer Stellenanzeige, der kann sich im Idealkontext schon vorstellen, wie seine Arbeit aussehen wird. Wie der Arbeitsplatz ist und was er da wirklich tut. Und warum das für ihn auch herausfordernd und spannend ist.
Das heißt, der Content muss wirklich nachvollziehbar sein, konkret sein und er muss für den Leser auch wirklich Sinn machen. Was nicht passieren darf ist, dass ein Bewerber das liest und sich fragt, zum Beispiel, warum muss ich als Controller denn dort Französisch sprechen?
Geropp
Was mich häufig wahnsinnig macht, ist die Voraussetzung, also die Gesetzespflicht, dass man so gender-neutral oder immer männlich-weiblich macht. Das stelle ich mir furchtbar vor, wenn ich so eine Facebook-Werbung schalte und ich werde gezwungen mich so/ Wir suchen kaufmännischen Leiter, Leiterin. Muss ich das da auch machen? Oder kann ich sagen das geht mir am Allerwertesten vorbei?
Winzer
Leider kann man das nicht mehr sagen, dass das am Allerwertesten vorbeigeht. Das AGG zwingt die Unternehmen dazu, das wirklich geschlechtsneutral zu formulieren.
Geropp
Okay. Weil das wird ja schon schwierig. Denn, wenn ich dann wirklich einen schönen Text, wenn ich den beschreibe, zum Beispiel, das trifft sie dann da an und ich muss dann immer er, Schrägstrich, sie schreiben, das liest ja keiner. Das ist ja furchtbar. Wie umgehst du das?
Winzer
Die eine Formulierung ist, dass ich wirklich nur Stichpunkte schreibe. Das andere ist, dass ich wirklich Sie oder du schreibe.
Geropp
Okay.
Winzer
Du gestaltest neue Anwendungen oder Sie gestalten neue Anwendungen. Die Kurzform ist: Gestaltung neuer Applikationen.
Geropp
Okay, verstehe. Wenn wir gerade dabei sind, wie ist da deine Erfahrung? Lesen Frauen und Männer Stellenanzeigen dann anders?
Winzer
Leider ja. Und definitiv ja. Frauen sind sehr selbstkritisch, habe ich die Erfahrung gemacht. Und Frauen glauben auch sehr oft, dass sie jeden Punkt erfüllen müssen. Also zum einen, das steht da ja. Diese Anzeige, da steht das schwarz-weiß drin und deswegen glauben sie oft, sie müssen wirklich all diese Punkte mitbringen.
Ich benutze in Vorträgen, benutze ich immer ganz gerne ein Bild, das ist sehr schwarz-weiß. Und die Männer, die jetzt zuhören, die mögen mir das bitte verzeihen, aber das verdeutlicht so den Grundtenor. Männer, die lesen eine Anzeige und sehen bei fünf Anforderungen einen Punkt, den sie können. Und sagen dann, ja, den Job kann ich. Hier bewerbe ich mich. Frauen lesen die gleiche Anzeige, identifizieren aber bei diesen fünf Punkten einen Punkt, den sie nicht können und sagen, das kann ich ja nicht. Also bewerbe ich mich hier auch nicht.
Das ist jetzt bewusst überzeichnet. Aber wenn ich das Beispiel bringe, dann sehe ich im Publikum auch immer wieder wie Frauen bestätigend dazu nicken. Weil sie sich da, ja, ertappt, erkannt fühlen, was auch immer. Ich erlebe das Phänomen natürlich auch immer aus meiner Tätigkeit als Personalberaterin aus Gesprächen mit Kandidatinnen. Ich kann also den Unternehmen an der Stelle wirklich nur empfehlen genau hinzuschauen, was ist wirklich zwingend notwendig? Und was ist ein Nice-to-have? Das kann man dann auch ganz genau formulieren und auch erklären, für was bestimmte Dinge denn jetzt erforderlich sind.
Geropp
Ich denke, dass da häufig sowieso ein Fehler gemacht wird. Weil, wenn ich jemanden einstelle, das habe ich jetzt über die Jahre immer mehr gemerkt, das Entscheidende, im Englischen heißt es Attitude. Ob der jetzt das Eine oder Andere kann, hey, wenn er die Attitude hat, dann, er oder sie, muss ich ja jetzt sagen, dann lernt er das, sie das.
Das ist doch nicht mehr heute der Punkt. Und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Das heißt, den Tipp hier für die Leute, die eine Stellenanzeige machen, so wenig wie möglich voraus hereinschreiben, was man wirklich voraussetzt, was man haben sollte. Einfach, weil das falsch aufgenommen wird sonst von manchen.
Winzer
Genau. Ja es gibt ja diesen bekannten Satz, hire for attitude and train for skills. Und das hat gleich mehrere Auswirkungen. Das ist auch eine Empfehlung, die ich Führungskräften immer wieder gebe, wenn sie Vorgaben für eine Stellenanzeige machen. Also nicht nur Aufgaben und Anforderungen wie bisher zusammenzustellen, sondern wirklich zu schauen, was begeistert einen Menschen eigentlich, der bei mir im Team arbeitet? Was ist toll an der Aufgabe? Was ist klasse am Umfeld? Möglichst konkret sein.
Und die Frage: Was brauche ich eigentlich wirklich? Ist diese eierlegende Wollmilchsau, und die wird ja oft genug gesucht, ist die wirklich das alleinige Allheilmittel? Wenn ich jetzt wirklich alle Anforderung erfüllt haben will, dann kann es mir natürlich passieren, dass die Stelle gar nicht besetzt wird. Wie hoch sind dann meine Kosten?
Eine unbesetzte Stelle, die kostet mich ja auch Geld. Also und da die Frage, kann ich nicht irgendwo Abstriche machen und jemandem das fehlende Wissen beibringen? Wenn ich da jemanden habe, der vom Mindset, von der Kultur exzellent zu mir ins Unternehmen passt, dann habe ich den auch gut auf einen Kursus geschickt und kann dem die fehlenden Fachterminologien und das Fachwissen, das kann ich ihm schnell aneignen. So und die andere Implikation, die ist mir immer sehr wichtig, wenn ich sie jetzt finde, nehmen wir das mal an, ich habe sie, diese eierlegende Wollmilchsau. Die kann alles das, was ich suche. Dann stelle ich die Frage: Warum sollte der oder die dann eigentlich zu mir ins Unternehmen kommen? Und wenn er wirklich kommt, wie lange wird er oder sie dann bleiben, bevor es demjenigen langweilig wird? Deswegen, ich finde das gar nicht so ratsam, dass er oder sie bereits alles kann.
Geropp
Ja, das ist ein sehr guter Punkt. Und ich glaube auch, dass es wichtig ist, sehr vorausschauend dabei zu sehen. Weil die meisten Leute, kleine, mittelständische Unternehmen die sagen, ja, wir brauchen den aber jetzt. Es ist ganz wichtig. Dann will ich immer sagen, ja, dann habt ihr nicht/ das kann man doch auch langzeitmäßig ein bisschen besser planen. Dann habe ich da viel mehr Freiraum.
Wenn ich natürlich erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, die Stellenanzeige schalte und alles muss ganz schnell, schnell, schnell gehen und natürlich hat man da nicht die Zeit, den richtig einzuarbeiten. Und das geht häufig gegen die Wand, ja.
Winzer
Absolut, und ganz oft sind im Unternehmen wirklich gute und tolle Mitarbeiter, denen vielleicht das eine oder andere an Fachwissen fehlt, die ich da weiterentwickeln kann.
Geropp
Ja, richtig. Also erstmal im und eigenen Unternehmen überhaupt zu schauen, hey, vielleicht habe ich ja hier jemanden Tolles, der eigentlich darauf passt. Der muss noch ein bisschen hier angepasst werden. Vor allem, den kennt man dann ja auch schon lange. Da weiß man, wie der tickt.
Winzer
Genau. Den kennt man, man weiß wie der tickt und den binde ich natürlich noch mehr an das Unternehmen, wenn ich ihm eine Weiterbildung und Weiterentwicklung ermögliche.
Geropp
Richtig. Prinzipiell, bei Stellenanzeigen, was stört dich persönlich am meisten daran? Was sind so die Sachen, wo die meisten Fehler gemacht werden?
Winzer
Na ja, das sind mehrere Punkte. Das Eine sind Worthülsen. Worthülsen, die nichts aussagen. Wenn man sich Stellenanzeigen durchliest/ ich habe noch eine Stellenanzeige, die ist aus 1990. Das liest sich immer noch so wie vor 27 Jahren.
Geropp
Wahrscheinlich ist es sogar so, dass die Personalabteilung wahrscheinlich die immer wieder rauszieht. Weil sie sagt, ja, damit haben wir doch die Leute geholt. Das ging doch damals. Das geht doch heute auch noch. Also/ (lacht)
Winzer
Ja, das ist ganz beliebt. Also Copy-Paste, das haben wir schon immer so gemacht und wenn es die Stelle noch nicht gab, dann wird einfach mal schnell in einer Jobbörse geguckt, was schreiben denn die anderen da rein? Und dann wird daraus der Copy-Paste gemacht.
Geropp
Aber, ich glaube, da ist ein prinzipielles Problem dahinter, weil die Leute es gar nicht können. Eine gute Stellenanzeige schreiben. Das ist ähnlich, wie eine gute Werbung zu schreiben. Das ist auch nicht einfach.
Winzer
Das ist auch nicht einfach. Da muss man sich schon sehr intensiv mit auseinandersetzen. Da muss man sich vor allen Dingen Zeit für nehmen. Das geht an vielen Stellen schon. Also gerade so diese bekannten Worthülsen. Das sympathische Team, das angenehme Arbeitsklima, die anspruchsvolle Aufgabe, das angemessene Gehalt. Also diese ganzen subjektiven Dinge.
Dann lieber das weglassen. Oder aber es präzisieren. Sich mal hinsetzen und überlegen, meine Güte, warum ist es denn so angenehm hier zu arbeiten? Was macht das denn so toll? Und diese Punkte, diese ganz konkreten, greifbaren Punkte, die in die Stellenanzeige mit hereinnehmen.
Geropp
Würdest du vielleicht da auch so, wie eine kleine Geschichte mit hereinnehmen? Damit das ansprechend rüberkommt?
Winzer
Wenn das geht, ja.
Geropp
Gerade auf Facebook oder so kann ich mir so etwas ja ganz gut vorstellen. Wenn man also auch so einen Kanal verwendet
Winzer
Definitiv. Das könnte man dann wieder gut in ein Video integrieren. Aber das kann man auch gut auf der Homepage implementieren. Denn auf der Homepage hat man oftmals ein bisschen mehr Spielraum und ein bisschen mehr Luft, und ein bisschen mehr Größe, die man auch befüllen kann.
Geropp
Ja. Also ich muss sagen, gerade bei vielen von den Stellenanzeigen, die ich so auch heute noch häufig lese, die sind, wie du schon sagst, auch so austauschbar. Das ist so todeslangweilig.
Winzer
Ja, das ist auch dann ein zweiter Punkt. Ich nenne das gerne so emotionale Wüste.
Geropp
Ja, richtig.
Winzer
Also die Optik spielt da rein. Da haben wir ja schon darüber gesprochen. Aber das ist auch so die Eintönigkeit und diese uniforme Art, wie das Ganze formuliert wird.
Geropp
So bürokratisch, irgendwie. Bäh.
Winzer
Genau. Bürokratisch, eher wie eine Einkaufsliste, recht lieblos. Und wenn ich mir vorstelle, ich soll danach meinen Job wechseln, wo ich ja nun wirklich viel Zeit meines Lebens mit verbringe, dann passt das in der heutigen Zeit nicht mehr zueinander. Es wäre genauso, wenn ich die Zeitung aufblättere und sehe da eine große Anzeige:
„Wir sind der führende Automobilanbieter Europas. Wir wachsen und suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt Sie als Käufer, männlich, weiblich.“
Und da kommt als Anforderung:
„Fahren des Autos, gültiger Führerschein. Interessiert? Kommen Sie mit Ihren Finanzierungsunterlagen in unsere nächste Niederlassung.“
Da springt keiner aus dem Auto und sagt, yippieyeah, ich brauche jetzt ein neues Auto. Denn die Menschen haben ja auch, die meisten zumindest, schon ein Auto. Das heißt, ich muss da ganz andere Dinge ansprechen, als ich das mit einer nüchternen Anzeige mache. Und so ähnlich ist es bei Stellenanzeigen ja auch.
Geropp
Ja. Deswegen meinte ich vorhin, richtig gute Werbung zu texten ist eine Kunst. Und ich kann mir vorstellen, dass das hier in ähnlicher Weise ist. Und ich befürchte, manche Leute, oder viele, mich eingeschlossen bei solchen Sachen, sind da überfordert. Die schreiben deswegen die Sachen ab von anderen, haha, das ist eine große Firma. Die weiß sicher wie es geht. Nein, sie weiß es nicht.
Winzer
Da empfiehlt es sich wirklich mit Marketing zusammenzuarbeiten und auch mit den Vertriebskollegen.
Geropp
Ja, das glaube ich.
Winzer
Der weitere Punkt, das ist das Thema Zugangswege. Also macht es Bewerbern wirklich so einfach wie möglich, damit die sich bewerben können. Am besten einen konkreten Ansprechpartner an die Hand, wenn Fragen sind. Also kein Autohaus käme auf eine Idee zu sagen, jetzt fülle mal hier ein Formular aus, wo man eine Viertelstunde daran sitzt, um ein Auto zu kaufen.
Geropp
Geht das soweit schon auch, kennst du dich da schon näher aus, dass Leute auch sagen, okay, der Personaler sagt, hier ist meine/ ihr könnt mich auch per WhatsApp erreichen und so, oder?
Winzer
Oh ja, definitiv. Also gerade bei Zielgruppen, bei denen das passt. Also das ist natürlich so die junge Generation. Wenn ich Auszubildendenstellen zu besetzen habe, dann reinzuschreiben, wir brauchen keine schriftliche Bewerbung von dir. Ruf einfach an oder schick eine WhatsApp. Und dann idealer Weise natürlich die WhatsApp-Handynummer, ein Bild eines Ansprechpartners, mit dem man dann chatten kann. Das passt einfach zur Zielgruppe.
Geropp
Ja, kann ich mir gut vorstellen. Das ist natürlich eine ziemliche Veränderung, glaube ich, die momentan da gerade passiert, in der Richtung.
Winzer
Absolut.
Geropp
Also das ist nicht ohne, ja. Was würdest du denn so als konkreten Tipp für Unternehmen geben, die so auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind? Was sollten die genau machen? Wie können die das hinkriegen?
Winzer
Du hast das gerade schon gut formuliert. Das ist eine sehr große Veränderung des Mindsets, der da erforderlich ist. Und als Tipp, seht Mitarbeitergewinnung wirklich als vertrieblichen Prozess an. Und zwar sowohl auf Seite der Personalabteilungen, als auch auf Seite der Führungskräfte. Also versucht eine Stelle zu vermarkten, so wie ich in einem Vertriebsprozess ein Produkt vermarkte. Das setzt voraus, dass man sich viel, viel stärker damit beschäftigt: Wer sind eigentlich meine Zielgruppen? Wer sind die Menschen, die ich hier suche, für die jeweiligen Positionen? Wie verhalten die sich? Was macht so ein Vertriebler? Wo bewegt er sich? Was macht der Marketing-Mitarbeiter? Wo tummeln sich denn die Azubis? Wo bewegen sich die IT-Nerds? Sich dann auch zu überlegen, worauf springen die eigentlich an?
Also was ist das, was die begeistert? Wo ein Mensch sagt, woah, das ist ja hier mal etwas ganz modernes, etwas interessantes. Da bewerbe ich mich dann auch. Da gehört dazu, sich zu fragen, wo halten die sich eigentlich auf? Wir alle sind erschlagen von der Informationsflut, die wir heute haben und selbst aktiv suchende Bewerber, die gehen durch die Job-Portale und die scannen die Überschriften.
Die gehen gar nicht in jede Anzeige detailliert rein. Das heißt, ich muss schon sehr genau fragen, über welche Kanäle erreiche ich eigentlich die Menschen, die ich haben will für mein Unternehmen? Und dann ist natürlich die Frage, und das hilft dann am meisten in dem gesamten Prozess: Welchen Nutzen, welchen Mehrwert hat eigentlich so ein Bewerber, wenn er bei mir arbeitet? Was biete ich als Unternehmen eigentlich Tolles? Was biete ich Einzigartiges? Was mache ich anders? Was hebt mich ab? Was bietet die Aufgabe? Das geht halt weit über Stellenanzeigen hinaus. Das zieht sich wirklich durch die komplette Mitarbeitergewinnung.
Das ist die digitale Präsenz. Das sind die Bewerbergespräche. Das ist der Einstellungsprozess. Das ist das Onboarding. Und das geht auch nachher in die Führung hinein, wenn der Mitarbeiter im Unternehmen ist.
Geropp
Ja, das kann ich mir gut vorstellen.
Winzer
Also ich habe bei einem bekannten deutschen Vertriebstrainer, namens Dirk Kreuter, habe ich das Konzept der 33 guten Gründe kennengelernt.
Geropp
Stimmt, ja.
Winzer
Da geht es um die Frage, warum soll der Kunde eigentlich bei mir kaufen? Und die Antwort lautet, dass er einen speziellen Vorteil hat, der aus einem Merkmal meines Produktes resultiert. So und das Ganze dann in 33 verschiedenen Facetten. Wenn ich das jetzt mal übertrage auf die Mitarbeitergewinnung, das ist gar nicht so einfach. Also ich habe letzte Woche, habe ich in einer Stellenanzeige gelesen, als Aufgabe, Arbeiten im Kontext von Java und Hadoop.
Da wurden Software-Entwickler gesucht. Und Hadoop ist eine moderne Methodik, ein modernes Software-Produkt im Umfeld von Big Data. Ich kann jetzt ganz nüchtern und emotionsbefreit schreiben: Arbeiten im Kontext von Java und Hadoop. Ich könnte aber auch schreiben: Du arbeitest im modernsten Big-Data-Umfeld, weil du unsere E-Commerce-Anwendungen auf Basis von Java und Hadoop weiterentwickelst.
Geropp
Das meinte ich vorhin. Das ist diese Art, die im Vertrieb/ das Texten, das muss man erstmal lernen. Also ich finde, dass auch gerade diese 33 Gründe, finde ich zum Beispiel eine tolle Sache. Das ist ja schon im Vertrieb schwierig.
Wenn du das nämlich machst, schreibst, ja, das ist ja ganz einfach. Und nach zehn, elf Gründen sagst du, ja, jetzt fällt mir nichts mehr ein. Mach 33 Gründe. Das ist verdammt schwer. Und das zu übertragen hier drauf, finde ich cool. Finde ich gut, ja.
Winzer
Vor allen Dingen, wenn die 33 guten Gründe dann eben keine Worthülsen sind. Also wenn du jetzt nicht das sympathische Team hast, sondern wenn du etwas ganz Konkretes da hereinschreiben willst. Das ist eine ganz tolle Übung und davon hat ein Unternehmen und ein Vorgesetzter, eine Führungskraft, ein Personaler, der hat einen Nutzen davon im gesamten Bewerbungsprozess. Und das verändert die gesamte Kommunikation.
Geropp
Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Ulrike, das war sehr spannend. Vielen, vielen Dank für diese tollen Tipps. Hat mir viel Spaß gemacht.
Winzer
Herzlich gerne.
Das inspirierende Zitat
Wilfried Schlichter
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