FPG 151 – Personaler und Führungskräfte: Arbeiten die wirklich zusammen?
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Die Zusammenarbeit zwischen Personaler und Führungskraft
Foto: Nyul/ Quelle: www.bigstock.de
Vor Kurzem habe ich eine nette E-Mail aus der Schweiz erhalten. Beraterkollegin, Personalerin und Coach Diana Roth fragte mich an, ob ich für ein Interview für ihren Blog zur Verfügung stehen würde.
Das Thema: die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Personaler – also Kooperation mit der Personalabteilung – neudeutsch HR (Human Resources).
Das Thema fand ich sehr interessant. Also vereinbarten wir einen Skype Termin. Es war ein sehr angenehmes Gespräch. Wir unterhielten uns lange und angeregt zum Beispiel über die unterschiedlichen Rollen und teilweise missverständlichen Erwartungen von Führungskräften auf der einen Seite und von Personalern auf der anderen.
Besonders spannend an unserem Gespräch fand ich, dass Diana Roth sich darauf spezialisiert hat, HR-Managerinnen zu coachen. Das ist ja eine ganz andere Zielgruppe als meine.
Sie kennt also die Sichtweise der Personaler genau, während mein Fokus auf der anderen Seite, nämlich den Führungskräften und der Geschäftsleitung liegt.
Wenn ich unser Gespräch über die Zusammenarbeit zwischen Personalern und Führungskräften auf einen Satz reduzieren sollte, dann wäre das:
„Die Führungskräfte in vielen Unternehmen verstehen leider häufig nicht die Personaler, und das Gleiche gilt auch umgekehrt!“
Das ist schade, denn eine gute Kooperation zwischen den beiden Gruppen kann für alle Beteiligten hilfreich und für das Unternehmen sehr produktiv sein. Dafür entscheidend ist aber, dass sich beide Seiten glasklar über ihre Rollen sind und zumindest immer wieder versuchen, die andere Seite zu verstehen und zu akzeptieren.
Das Personalwesen
Egal wie groß oder klein ein Unternehmen ist: Immer gibt es jemanden, der sich um Personalplanung, Personalentwicklung, Personalverwaltung, Entgeltgestaltung, Kandidaten, Karriere und so weiter kümmert – also um die wichtigen Dinge und Aufgaben rund um die Mitarbeiter – altdeutsch das Personal. Der Ausdruck klingt irgendwie angestaubt, aber sei’s drum …
All diese Aufgaben übernimmt zu Beginn – also bei Unternehmensgründung – der Geschäftsführer oder Unternehmer selbst.
Wächst das Unternehmen, dann gibt er Teile dieser Aufgaben ab. Als Erstes delegiert er die rein administrativen und eher bürokratischen Aufgaben – an das Sekretariat, an die Buchhaltung oder den Steuerberater.
Wächst das Unternehmen weiter, sagen wir auf 30, 40 oder 50 Mitarbeiter übergibt der Geschäftsführer immer mehr der Personalaufgaben an jemanden, der sich Teilzeit drum kümmert.
Mit zunehmender Mitarbeiterzahl, spätestens bei 80 oder mehr kümmert sich dann meist eine Vollzeitkraft um das Personalwesen.
Die Rolle des Personalers
Jetzt kann man so langsam von Personalverantwortlichen, einem Personalbereich oder einem HR-Bereich sprechen.
In größeren Unternehmen werden das dann Abteilungen mit mehreren, teilweise richtig vielen Mitarbeitern, zählt man alle Standorte zusammen. Geleitet wird diese Abteilung vom Personalleiter – in großen Unternehmen auch dem Personalvorstand.
Aber egal wie groß das Unternehmen ist oder wie viele Mitarbeiter die Personalabteilung hat, wichtig sollte sein, dass im Unternehmen klar ist, welche Rolle die Personaler inne haben und für welche Aufgaben sie verantwortlich sind — und für welche nicht.
„Ja, das ist doch ganz einfach. Das steht bei uns alles in den Prozessbeschreibungen und in unserem ISO Handbuch.“
Tatsächlich? Nach meiner Erfahrung steht da vor allem in kleinen Unternehmen häufig sehr viel Schönes drin – leider meist in einer umständlichen Sprache. Deshalb wird es auch nicht gelesen.
Die wenigsten im Unternehmen wissen genau, was da drin steht. Gelebt wird häufig was ganz anderes, als das was da drin steht.
Was ist das Wichtigste in einem Unternehmen?
Ich möchte Sie dazu einladen, mit mir gemeinsam mal darüber nachzudenken, welche Rolle eigentlich der Personaler bzw. die Personalabteilung in einem Unternehmen zukommen sollte – und welche Rolle sie tatsächlich in den meisten Unternehmen inne hat.
Nehmen Sie irgendein größeres Unternehmen in der heutigen Zeit: Von jedem Vorstand oder Geschäftsführer werden Sie in der Öffentlichkeit oder bei Sonntagsveranstaltungen Äußerungen hören wie:
„Bei uns stehen die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Ganz klar: Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Gut, unser wichtigstes Asset.“
Natürlich gibt es auch tolle Unternehmensleitlinien. Da steht nur Positives drin und da steht natürlich auch dass die Mitarbeiter das wichtigste für das Unternehmen sind. Das freut die Mitarbeiter.
Was wird gelebt?
Das Problem ist nur: Meist wird das so nicht gelebt – und das können sie ganz einfach nachprüfen: Nehmen Sie nur mal einen typischen Vorstand einer Aktiengesellschaft. Der Vorstand besteht aus mehreren Vorstandsmitgliedern.
Da gibt es den Vorstandsvorsitzenden, den CEO. Der ist wichtig. Der ist der wichtigste und deshalb bestbezahlte Mitarbeiter im Unternehmen. So sehen es zumindest die Aktionäre.
Und wer ist nach dem Vorstandsvorsitzenden der Zweitwichtigste im Vorstand? Genau: Fast immer ist es der Finanzvorstand, der CFO – vielleicht auch mal der Vertriebsvorstand, der CSO – aber bestimmt nicht der Personaler oder der Personalvorstand.
Eigenartig, oder? Wo doch die Mitarbeiter das Rückgrat des Unternehmens sind, das wichtigste Gut des Unternehmens.
Der- oder diejenige, die sich um das wichtigste Gut um Unternehmen kümmert, hat aber meist am wenigsten zu sagen. Woher kommt das?
Betriebswirtschaftlich gedacht…
Überlegen wir mal betriebswirtschaftlich. Schauen wir uns mal eine Bilanz und eine G+V, also eine Gewinn und Verlustrechnung an.
Wo finden Sie da die Produktionsmittel, also die produzierenden Maschinen eines Unternehmens? Wo sind die in der Bilanz oder der G+V aufgeführt?
Ganz einfach in der Bilanz die Produktionsmittel finden sich unter Investitionen, unter Assets. Da hat man doch direkt positive Assoziationen: Investition, Asset: das ist Zukunft. Das ist wichtig und wünschenswert. Das ist schön und erfreut das Herz des betriebswirtschaftlich geschulten Managers.
Nun, und wo findet sich das Personal – die ach so wichtigen Mitarbeiter – in den Bilanzen und der G+V?
Die finden wir in der G+V unter Kosten – also den Ausgaben. Das sind Verluste, das ist unschön, das ist negativ. Nein, das erfreut nicht das Herz des betriebswirtschaftlich geschulten Managers.
Und so werden Mitarbeiter gesehen, wenn man sich ein Unternehmen durch die übliche BWL Brille anschaut.
Verändert sich diese Sichtweise gerade – vielleicht weil man doch erkennt, dass ein Unternehmen ohne Mitarbeiter nicht überlebt? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. In den großen Unternehmen sehe ich die Veränderung nicht.
Aufgaben und Rollen von HR
Kommen wir wieder zurück auf die Personalabteilung, auf die HR-Manager, die Personaler. Welche Aufgaben und welche Rollen haben sie in den heutigen Unternehmen und wie könnte die Zusammenarbeit im positiven Sinne aussehen zwischen Führungskräften und HR?
Meine Vision für ein großes Unternehmen wäre: Der Personalvorstand sollte der zumindest zweit-wichtigste Mensch im Unternehmen sein, jemand der den Vorstandsvorsitzenden und die Kollegen berät, Feedback gibt und unterstützt, jemand der Lebens-, Führungs- und Businesserfahren ist, jemand der als Persönlichkeit wirklich etwas darstellt und auf den, wenn es um Mitarbeiter, Mitarbeiterführung, Unternehmenskultur, Teamarbeit geht, auch gehört wird.
Aber mal weg von den großen Unternehmen. Was ist die Funktion und Rolle eines Personalers in einem kleinen Unternehmen mit – sagen wir – 80, 100 oder 200 Mitarbeitern?
Administrativ unterstützend
Leider erlebe ich die meisten Personalverantwortlichen in solchen Unternehmen meist nur in einer administrativ unterstützenden Funktion.
Sie führen die lästigen Sacharbeiten für die Führungskräfte aus, wie Vertragsgestaltungen, Stundenlisten kontrollieren, Excellisten mit Personalbedarf pflegen, Verwaltungsarbeiten, Ausschreibung für neue Stellen, Bewerber- und Onboarding-Prozesse dokumentieren etc. also viel Zuarbeiten für die Führungskräfte.
Wenn es gut läuft, dann wird der HR Manager von der Geschäftsführung bei strategischen Besprechungen eingebunden und nimmt bei wichtigen Mitarbeitergesprächen teil. Seine oder ihre Bewertung und Einschätzung von Mitarbeitern ist dann bei Führungskräften und der GL gefragt..
HR Manager als Persönlichkeit
Wenn der HR Manager oder die Personalerin wirklich eine Persönlichkeit darstellt – und meist bedingt das eine gewisse Lebens- wie auch Führungserfahrung – dann wird er oder sie von den Führungskräften als Unterstützung auch außerhalb der rein administrativen Sacharbeit angesehen.
Für die Führungskräfte kann so jemand beispielsweise sehr hilfreich als Sparringspartner sein. Auch kann so jemand hervorragend eine Coachingfunktion für Führungskräfte in kritischen Situationen übernehmen, z.B. wenn die Führungskraft sich unsicher ist, wie sie mit einem schwierigen Mitarbeiter umgehen soll.
Allerdings werden HR-Manager auch gerne von Führungskräften zweckentfremdet, z.B. dann, wenn man sich von Mitarbeitern trennen muss.
Keine Frage, HR kann da unterstützen, der oder die Personalverantwortliche kann – oder sollte sogar – beim Entlassungsgespräch dabei sein, aber das Gespräch selbst führt die Führungskraft. Das ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dessen, der dem Mitarbeiter jahrelang vorgesetzt war.
HR und Entlassungen
Die Rolle des HR-Managers ist es bei der Führungsarbeit so gut es geht zu unterstützen, besonders in schwierigen Situationen, sei es mit personaljuristischen, also arbeitsrechtlichen Einschätzungen, sei es als Coach oder Berater bei Führungsthemen, sei es bei der Karriereberatung oder sei es im Kündigungsgespräch.
Aber die Mitarbeiterführung an sich ist die Sache der Führungskraft! Das kann nicht an HR delegiert werden und jeder HR Manager sollte die Stärke haben, das der Führungskraft klar zu machen!
Spagat zwischen 3 Parteien
Die Personaler haben eine große Verantwortung und auch eine große Herausforderung. Sie müssen den Spagat zwischen Geschäftsführung, Führungskräften und Mitarbeitern souverän meistern. Das ist ein Balanceakt.
Er gelingt wahrscheinlich am Besten, wenn ich als Personaler die Einstellung habe, bestmöglichst allen drei Gruppen zu dienen.
Das ist nicht einfach, denn sie müssen von den Mitarbeitern und Führungskräften akzeptiert werden und gleichzeitig umsetzen, was die Geschäftsführung entscheidet.
Tun sie das aber nicht, also versuchen sie nicht diesen Spagat hinzubekommen, dann verkommt HR zu einer reinen administrativen Sacharbeitertätigkeit – und die wird mittelfristig automatisiert oder outgesourct werden.
Wie werde ich als HR akzeptiert?
Vielleicht stellt sich Ihnen als HR Manager oder auch als Führungskraft die Frage, wie bekommt es ein Personaler hin, von den Führungskräften akzeptiert zu werden?
Das ist besonders dann schwierig, wenn man als Personaler selbst noch jung ist und keine oder wenig Lebens- und Führungserfahrung hat – und es dann vielleicht auch noch mit gestandenen Führungskräften zu tun hat, die 10 oder 20 Jahre älter sind als man selbst..
Das Entscheidende dabei ist: Als HR-Manager müssen Sie aktiv Vertrauen bei den Führungskräften aufbauen, wenn Sie akzeptiert werden wollen.
Es geht um Vertrauen
Vertrauen aufbauen und das Standing bekommen geht nicht von heute auf morgen. Das muss man sich mühsam erarbeiten.
Am besten fragt man sich als Personaler: Was kann ich tun, damit ich der anderen Seite, den Führungskräften wirklich helfe?
Als erstes muss ich mal rausbekommen, was die Führungskräfte wirklich brauchen und wollen. Ich muss sehen, dass ich die Führungskräfte und deren Herausforderungen und Probleme wirklich kenne und verstehe.
Ich habe schon häufig Führungskräfte erlebt, die sich über die eigenen Personaler beschwert haben:
„Unser Personaler versteht unser Geschäft nicht! Was soll ich denn mit dem?“
Fragen Sie nach, um wirklich zu verstehen!
Als Personaler sollte ich mir nicht zu schade sein, intensiv nachzufragen – und zwar nachzufragen, um zu verstehen, wie was funktioniert im Betrieb. Ja, ich weiß: das kostet Zeit, aber das ist eine gute Investition. Wenn Sie wirklich verstehen wollen, merkt das Ihr gegenüber und das baut Vertrauen auf und sie erarbeiten sich ein Standing.
Das ist ähnlich, wie wenn ich als Firma mit einem neuen Produkt auf den Markt komme und ich will das Kunden verkaufen. Es geht nicht darum, was ich glaube, was meinem Kunden nutzt, sondern es geht darum, ob mein Produkt in der Wahrnehmung meines Kunden nützlich ist. Und dazu, frage ich ihn.
Ich versuche seine Herausforderungen und sein Geschäft zu verstehen. Wenn sich mein Kunde verstanden fühlt, dann habe ich bei ihm schon mal ein gewisses Vertrauen aufgebaut.
Deshalb nehmen Sie sich die Zeit, fragen Sie nach und beantworten Sie sich mit der Zeit folgende Fragen:
- Wie nutze ich wirklich den Führungskräften?
- Was ist denen wichtig?
- Was brauchen die wirklich von mir?
An die Führungskräfte
Und abschließend noch einige Worte an die Führungskräfte: Geben Sie Ihrem Personaler eine Chance.
Die mögen nicht alles über Ihren Bereich wissen, die sind meist keine Techniker und haben nicht ihre Facherfahrung. Aber sie haben meist eine wichtige Eigenschaft: Sie sind empathischer als der Durchschnitt aller Mitarbeiter. Sie kennen auch andere Bereiche und Probleme des Unternehmens. Nutzen Sie Personaler als Sparringspartner in schwierigen Situationen.
Das inspirierende Zitat
„Wenn wir uns für die anderen interessieren, interessieren sie sich für uns“
Publilius Syrus
Alle Links
- Webseite von Diana Roth
- Artikel: „HR hat keine Ahnung vom Geschäft!“
- 7 Fehler im Kündigungsgespräch
- Was tun, wenn meine Mitarbeiter nicht tun, was ich will?
- Das Mitarbeitergespräch – Darauf sollten Sie achten!
- Wann bin ich eine gute Führungskraft?
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