Steuern Sie Ihr Unternehmen durch Blick in den Rückspiegel?
Stellen Sie sich einen Autofahrer vor, der mit 100 km/h über die Landstraße brettert. Dabei schaut er nicht nach vorne auf die Straße.
Nein, er blickt die ganze Zeit nur in den Rückspiegel. Er steuert sein Auto auf Basis dessen, was er im Rückspiegel sieht. Ganz schön gefährlich, oder?
Viele Unternehmer agieren ähnlich. Sie fokussieren im Tagesgeschäft auf aktuelle Finanzzahlen wie Umsatz, Kosten und Cash Flow. Sie schauen in den Rückspiegel. Sie verwenden aber zu wenig Zeit darauf, den Auftragseingang verlässlich zu prognostizieren – also nach vorne zu schauen.
Im Folgenden zeige ich Ihnen eine einfach anzuwendende Methode, um mit minimalem Zeitaufwand Ihre Auftragseingänge zu prognostizieren.
Schauen Sie nur in den Rückspiegel?
Aktueller Umsatz, Kosten und Profit sind Informationen aus der Vergangenheit. Wenn Sie Ihr Unternehmen steuern wollen, müssen Sie aber vor allem in die Zukunft schauen. Dazu müssen Sie die Höhe und den Zeitpunkt der zukünftigen Auftragseingänge abschätzen. Ohne Aufträge kein Umsatz und ohne Umsatz kein langfristiges Überleben Ihres Unternehmens.
Vielleicht sagen Sie jetzt:
„Naja, ich schaue schon in die Zukunft. Schließlich machen wir ja eine monatliche, rollierende Liquiditätsplanung.“
Aha, und wie schätzen Sie dort die Auftragseingänge für die nächsten 6-12 Monate ab?
Abschätzung mit Pi mal Daumen
Viele machen das einfach aus dem Bauch, Pi mal Daumen oder auf Basis der Vergangenheit. Wird schon gut gehen. Schließlich kann keiner genau vorhersagen, wie und wann sich die Kunden entscheiden, einen Auftrag zu platzieren. Richtig?
Falsch. Je nach Geschäftsmodell können Sie Ihre zukünftigen Auftragseingänge verlässlicher abschätzen als Sie denken.
Im Folgenden stelle ich Ihnen ein schlichtes, aber sehr effektives Instrument fürs Angebotscontrolling vor. Es funktioniert ausgezeichnet für kleine und mittlere Unternehmen, die regelmäßig eine 2-3 stellige Anzahl an Angeboten draußen haben.
Monatliches Angebotscontrolling
Keine Angst: Sie brauchen dazu kein SAP und auch kein neues Warenwirtschaftssystem. Excel reicht völlig aus.
Um eine zuverlässige Abschätzung Ihrer zukünftigen Aufträge zu erhalten, müssen nur einmal im Monat eine Excel-Liste pflegen. Der Zeitaufwand hierfür ist gering.
In der Excel-Liste führen Sie alle Ihre aktuell offenen Angebote auf. Ein Angebot pro Zeile. In einer Extraspalte schreiben Sie zu jedem Angebot die zugehörige Angebotssumme.
In einer weiteren Spalte geben Sie die von Ihnen eingeschätzte Wahrscheinlichkeit an, dass das Angebot in den nächsten 12 Monaten zu einem Auftrag wird: die Auftragswahrscheinlichkeit. In einer weiteren Spalte multiplizieren Sie die Angebotssumme mit dieser Wahrscheinlichkeit.
Hier ein Beispiel:
Angebot 1, Kunde ABC:
– Angebotssumme: 100.000 EUR
– Auftragswahrscheinlichkeit: 50 %
– bewertete Angebotssumme:
100.000 EUR x 50 % = 50.000 EUR
Die bewertete Angebotssumme
Zu Beginn finden die meisten es schwierig, eine Prozentzahl für die Auftragswahrscheinlichkeit anzugeben. Das ist normal. Genauigkeit ist nicht entscheidend. Es kommt nicht drauf an, ob Sie 80 % oder 85 % angeben.
Wenn Sie den Angebotsvorgang und Ihren Kunden kennen, haben Sie normalerweise ein Bauchgefühl. Schreiben Sie 80%, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass Sie den Auftrag bekommen und geben Sie 20 %, wenn Sie glauben, dass nur eine geringe Chance besteht.
Das Tolle daran:
Sie haben ja nicht nur ein oder zwei Angebote. Sie haben eine 2-3 stellige Anzahl an Angeboten. Für jedes dieser Angebote schätzen Sie die Auftragswahrscheinlichkeit ab.
Und jetzt wird’s interessant:
Wenn Sie die bewerteten Angebote aufsummieren, erhalten Sie eine erstaunlich zuverlässige Aussage über die zu erwartenden Aufträge innerhalb der nächsten 12 Monate.
Im obigen Beispiel ist die bewertete Angebotssumme 985.700 EUR.
Es ist faszinierend, wie genau diese Summe häufig am Ende des Jahres übereinstimmt mit der tatsächlich erreichten Auftragssumme. Und das obwohl Sie mit einigen Ihrer Angebotsprognosen völlig daneben gelegen haben. Grund dafür ist die Summation, die zu einer statistischen Mittelung führt. Die Genauigkeit der Gesamtprognose für die Auftragseingänge in den nächsten 12 Monaten ist dadurch erstaunlich hoch.
Quartalsprognosen
Es wird aber noch besser:
Erweitern Sie die Excel-Liste mit einer Zusatzspalte und tragen Sie für jedes Angebot noch das von Ihnen erwartete Auftragsdatum ein. Hier gilt das gleiche Spiel: Natürlich wissen Sie das genaue Datum nicht, aber Sie haben ein Bauchgefühl. Wann erwarten Sie die Auftragsvergabe, wenn sie denn kommt? Im Mai oder im Dezember? Die monatliche Abschätzung reicht.
Wählen Sie nun die Angebote aus, deren geschätztes Auftragsdatum in den nächsten 6 Monaten liegt (das geht in Excel ganz einfach!) und summieren Sie die bewerteten Angebotssummen auf: Die sich damit ergebende Summe ist eine brauchbare Abschätzung Ihres Auftragseingangs der nächsten 6 Monate. Im folgenden Beispiel sind das 502.900 EUR.
Hier das Beispiel:
Machen Sie es monatlich!
Sie werden beim ersten Mal etwas Zeit aufwenden müssen, um alle offenen Angebote in die Liste aufzunehmen und die einzelnen Prognosen einzugeben. Das ist aber gut investierte Zeit.
Nehmen Sie sich die Liste nach einem Monat nochmal vor. Gehen Sie alle Angebot durch und kontrollieren Sie die Auftragswahrscheinlichkeit und das abgeschätzte Auftragsdatum. Sind die Abschätzungen noch aktuell? Wenn nicht, passen Sie sie an. Tragen Sie neue Angebote in die Liste ein und streichen Sie Angebote, die zu Aufträgen wurden oder aber die definitiv nicht zu Aufträgen werden. Machen Sie das jeden Monat. Einmal eingerichtet kostet Sie das weniger als 30 min im Monat.
Rollierendes Angebotscontrolling
Wenn Sie so vorgehen haben Sie ein rollierendes Angebotscontrolling mit hoher Genauigkeit. Sie werden sehen: Mit der Zeit werden Ihre Abschätzungen auch immer besser. Damit verbessert sich auch die Genauigkeit Ihrer Gesamtprognose.
Sie schauen jetzt nicht mehr in den Rückspiegel sondern sehen nach vorne in die Zukunft! Wenn die prognostizierte Auftragssumme zu niedrig ist, erkennen Sie das rechtzeitig und haben genügend Zeit um gegenzusteuern.