FPG 173 – Vergütung und Führung im Vertrieb – Gespräch mit Dirk Kreuter Teil 2
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Letzte Woche in Podcastfolge172 gab es den ersten Teil meines fast 1 stündigen Gesprächs mit Dirk Kreuter rund um das Thema variable Vergütung und Führung im Vertrieb. Wenn Sie den ersten Teil noch nicht gehört haben, dann holen Sie das jetzt schnell nach.
Im zweiten Teil geht es unter anderem darum, wie man mit Fehlanreizen bei Vergütungssystemen umgeht und wie man Ziele mit Huntern vereinbart.
Dirk Kreuter
Dirk Kreuter war schon Trainer wie auch Speaker des Jahres und er ist Mitherausgeber von über 50 Fachbüchern, DVD’s und Hörbüchern.
Die Vertriebsfachzeitschrift acquisa zählt ihn zu den führenden Verkaufstrainern im deutschsprachigen Raum.
Dirk’s Podcast
Sein Podcast „Dirk Kreuter’s Vertriebsoffensive“ findet sich permanent unter den Top Platzierungen in iTunes im Bereich Business.
2-3 mal pro Woche kommen da neue Podcastfolgen mit eigenen Inhalten und Interviews zum Thema Verkaufen raus.
Gleichzeitig veröffentlicht er mehrere Videos pro Tag auf seinem YouTube Kanal wie auch auf facebook.
Das inspirierende Zitat
„Ein Baum braucht starke Wurzeln – Ein Unternehmen braucht einen starken Vertrieb.“
Dirk Kreuter
Weiterführende Links:
- Der 1. Teil meines Gesprächs mit Dirk Kreuter
- Webseite von Dirk Kreuter
- Dirk Kreuters Podcast
- Die Vertriebsoffensive
- Dirk Kreuters YouTube Kanal
- Dirk Kreuters Buch: Entscheidung Erfolg
- Dirk Kreuters Buch: „Umsatz Extrem“
Das transkribierte Gespräch mit Dirk Kreuter – Teil 2
Geropp
Diese extreme Kopplung ans Gehalt kann ja auch zu Fehlanreizen führen. Ich habe den Fall, meine Schwiegermutter, die ist schon etwas älter, und die ist von so einem Telekommunikationsverkäufer ist sie über den Tisch gezogen worden. Da ist die Polizei auch hinterher, aber Fakt für mich war, da sind zwei Verträge gemacht worden und diese Verträge kann ich nicht auflösen. Das wissen die von dem Vorstand von auch – ich sage jetzt keinen Namen. – Das wissen die genau! Der Verkäufer ist auch nicht bei denen beschäftigt. Es geht also schon drüber.
Worauf ich hinaus will ist, das ist ein extremer Fall, wo eine absolute falsche, wo ein Fehlanreiz passiert. Eine ähnliche Sache, die ich selbst erlebt habe jetzt in einem größeren Konzern. „Wir brauchen mehr Neukunden!“ und dann wird eine Neukunden-Prämie ausgelost und dann sagt er: „Hey, Kamerad.“ Guter Kunde. „Das kündigst du jetzt und dann machen wir neu. Und dann kriegst du einen besseren Vertrag. Und ich kriege meine Prämie.“
Kreuter
Na, klar.
Geropp
Win-win-Situation für beide, aber keine gute für das Unternehmen. Wie geht man damit dann um? Also, gerade beim kurzen Sales Cycle, wo ich die Leute wirklich sehr in diese Richtung motiviere mit Geld. Wie kriege ich es hin, dass eben das nicht passiert?
Kreuter
Ja, ich nenne das System-Fehler. Ich war früher Handelsvertreter die ersten neun Jahre. Handelsvertreter heißt, du lebst nur von den Umsätzen und Provisionen. Und jetzt gab es so Sachen wie: Der Chef hat sich überlegt, dass er zur Messe eine Messe-Sonderprovision gibt. Er sagt:
„Auf alles, was Ihr auf der Messe schreibt, bekommt Ihr nochmal drei Punkte extra!“
So, was haben wir natürlich gemacht? Wir haben in den sechs, acht Wochen vor der Messe nicht einen Auftrag abgeliefert. Wir haben alle Aufträge geschrieben und haben den Kunden gesagt:
„Pass mal auf, ich lasse das Datum frei. Ich lass das Datum frei. Wunder dich nicht, ich schreibe da überall das Datum von der Messe drauf. Für dich macht es keinen Unterschied, lieber Kunde, für mich macht es einen großen Unterschied.“
Geropp
Okay.
Kreuter
Jeder Kunde hat mitgespielt. Denen war das egal, weil wenn es für ihn keinen Unterschied macht. Natürlich haben wir dann bei den vier Tagen Messe, jeden Tag Papierstapel abgegeben, und der Chef hat das gefeiert. Was haben wir Gas gegeben, und der hat sich natürlich gewundert, dass so viele dabei sind, die gar nicht auf der Messe waren von den Kunden. Das ist ein Systemfehler gewesen.
Ich kenne einen, der verkauft eine Maschine, ein Investitionsgut, die kostet Millionen, die Maschine. Und er hat als Ziel: drei Maschinen pro Jahr. Das ist sein Ziel. Ab September macht der nichts mehr, weil der verkauft die erste Maschine direkt zum Jahresanfang, die zweite im Frühjahr und die dritte im Sommer. Und dann macht der nichts mehr, weil er weiß, wenn er jetzt eine vierte oder fünfte verkaufen würde, würde man ihm das Ziel im nächsten Jahr auf fünf hochdrehen.
Bitte, bei aller Liebe, das sind Systemfehler. Und diese Systemfehler hast du auch, wenn der Omi irgendeine Lebensversicherung verkauft wird, oder ein schneller Internetzugang, obwohl die keinen Computer hat und so ein Zeug. Da kannst du den Verkäufern im ersten Moment keinen Vorwurf machen, weil sie sich innerhalb des Systems bewegen.
Den Vorwurf mache ich der Führungskraft, die nicht clever war, dieses System zu überdenken. Nochmal! Damals als Handelsvertreter, wenn irgendeine Aktion kam, das Allererste, was wir gemacht haben: die Aktion kam raus, ich habe meine Kumpels angerufen und habe gesagt:
„Hey! Hier gibt es gerade eine Aktion. Jungs, wie hebeln wir die am besten aus?“
Du kennst das von Software-Unternehmen. Software-Unternehmen gehen hin und veröffentlichen eine Software und geben eine Millionen-Prämie raus, dass sie sagen:
„Der, der das Ding als erstes hackt, der kriegt diese Millionen-Prämie!“
Warum? Weil sie gucken wollen: Ist ein Fehler im System drin? Und das ist clever und so würde ich das auch machen. Ich würde auch sagen:
„Guck dir dein System an, was sind die Fallstricke?“
Die meisten Führungskräfte haben entweder nicht die Erfahrung, weil sie früher nicht auf der anderen Seite waren, oder aber sie schießen etwas aus der Hüfte.
Und deswegen, all diese Dinge mit deiner Schwiegermutter, oder bei mir damals auf der Messe, da haben Führungskräfte, bei aller Liebe, ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht.
Überlege dir ganz genau, welche Konsequenzen hat das, wenn du hier eine Neukundenprämie raushaust, wenn du eine Umsatzsteigerungsprämie raushaust, wenn du eine Reaktivierungsprämie, wenn du eine Produktprämie, was auch immer. Dann musst du wissen, die Ziele sorgen dafür, dass die Konzentration in eine bestimmte Richtung gehen, und von einem anderen Thema komplett ablenken.
Ich rate jeder Führungskraft, sich mit anderen, möglicherweise nicht mit den eigenen Verkäufern, auf keinen Fall mit den eigenen Verkäufern, sondern mit anderen hinzusetzen und zu sagen:
„Hebelt mir mal mein System aus!“
„Wie würdet Ihr das aushebeln?“
„Komm, Ihr kriegt jetzt alle eine Prämie von X, wenn Ihr es schafft, mein System auszuhebeln.“
„Wo ist mein Fehler?“
Das würde ich in jedem Fall machen.
Geropp
Okay. Andere Frage, mit der ich mit schwanger gehe und das ist: Wenn ich mit einem Hunter ein Zielvereinbarungsgespräch habe, ist es automatisch eine Gehaltsverhandlung. Und wenn ich dich jetzt richtig verstehe, sagst du ja, Bernd, „Das geht nicht anders!“
Kreuter
Ja.
Geropp
Einfach, weil du sagst: „Ich muss diesen, vor allem im kurzen Sales Cycle, ich muss mit dem Gehalt das Ziel koppeln und dann muss ich mir meine Information jetzt als Führungskraft zum Beispiel, wenn es eine komplexerer Verkaufssache ist, wo ich auch häufig dann mal mit meinen Vertriebsleuten spreche und „Sag mal! Wie geht das bei den Kunden?“ „Ach, das ist ganz schlecht, ach du lieber Himmel da!“ Verständlicherweise, der will ja sein Ziel nicht zu hoch haben. Er will es ja einfach erreichen in der Art.
Das heißt, da muss ich mir die Informationen dann anderweitig holen. Das heißt ich habe im Gegensatz zu den anderen Mitarbeitern, wo ich sehr offen über Ziele sprechen kann, das kann ich mit dem Hunter nicht. Wenn ich dich richtig verstehe?
Kreuter
Ja. Ich gehe nochmal ein Stück zurück. Als Verkaufstrainer habe ich das Thema Preisgespräche, Rabattforderungen, Preispsychologie, und das geht dabei eigentlich nie um das eigentliche Geld um die Summe in Euro, sondern es geht, wenn du mit einem Profi-Einkäufer arbeitest, dann geht es immer um die Anerkennung, um den Verhandlungserfolg. Darum geht es.
Zum Beispiel, wir arbeiten beratend für einen Kartoffelproduzenten, einen der größten. Und der beliefert die großen LEHs dieser Welt. Wenn der ein Jahresgespräch hat, und die Konditionen verhandelt werden, macht der das Ergebnis nie beim ersten Gespräch. Niemals! Es gibt immer ein zweites, drittes und in der Regel wird beim dritten oder vierten dann der Vertrag abgeschlossen. Warum?
Das ist ganz einfach, wenn der Einkäufer beim ersten Verhandlungstermin schon unterschreiben würde, dann würde sein Chef sagen:
„Sie haben sich doch über den Tisch ziehen lassen! Das ist doch viel zu leicht gewesen!“
Umgekehrt würde der Chef von dem Kartoffelverkäufer sagen:
„Wie? Beim ersten Mal schon? Du hast doch gar nicht richtig verhandelt.“
Und deswegen geht es hier um Psychologie. Du siehst das bei Koalitionsverhandlungen, du siehst das bei Gewerkschaftsverhandlungen. Das hat nichts mit den Konditionen zu tun, das hat was mit der Psychologie zu tun.
Und deswegen kannst du mit einem Hunter auch nicht mal eben in zehn Minuten die Konditionen und die Ziele definieren. Du musst dich als Führungskraft winden wie ein Aal. Also, das eine ist: Ja, es muss eine Vereinbarung geben und keine Zielvorgabe. Das funktioniert nicht. Ja! Zweitens, es geht nicht um das Geld. Es geht um den Erfolg!
Für den Hunter ist das Geld einfach eine geprägte Anerkennung. Das musst du im Kopf haben. Wie würde ich sowas machen? Ich würde das immer nicht messen an dem: Wo stehst du jetzt. Das ist ein grundsätzlicher Denkfehler, dass du immer dich orientierst an dem: wo stehst du jetzt. Weil, dann hast du Stillstand. Sondern immer an dem, wo du hin willst. Und was ich da mache ist: Ich gucke mir den Gesamtmarkt an. Ich schaue mir an: Wie groß ist der Gesamtmarkt? Wieviele Kunden haben wir, die noch nicht kaufen? Wieviel Marktanteil haben wir?
Selbst wenn einer sagt: In meiner Region habe ich sechzig Prozent Marktanteil. Dann sage ich:
„Gratuliere! Weißt du, was die gute Nachricht ist? Du hast noch vierzig Prozent, die du holen kannst. Also reden wir mal über die vierzig Prozent! Wir reden nicht über die sechzig, die du schon hast.“
Das ist ganz wichtig. Also das mit diesem: Der Markt ist furchtbar und es ist alles ganz schwierig, das sehe ich eher bei Farmern. Bei Huntern ist es eher so, dass ich sage, so, da sind vierzig Prozent noch zu holen, und wir gucken jetzt wie du das kriegst. Und das ist nach oben nicht gedeckelt. Attacke! Eher ein Gespräch mit Farmern, die das alles runterreden als mit den Huntern, die sagen:
„Wir können was vereinbaren, das ist ja nach oben nicht gedeckelt und deswegen: Ja, komm, Attacke!“
Geropp
Verstehe.
Kreuter
Da macht zum Beispiel auch sehr Sinn, dass du einen Staffelbonus vereinbarst. Dass du sagst:
„Pass auf, für die ersten Hunderttausend kriegst du nur zwei Prozent, für die zweiten Hunderttausend kriegst du zweieinhalb, für die dritten kriegst du drei!“
So ein Staffelbonus. Also ich vergleiche das mit einer Möhre. Du musst ihm immer zeigen, dass nach dieser Möhre noch eine dickere, fettere, leckere Möhre kommt, permanent, und dann gibt der Gas.
Geropp
Okay. Das kann ich nachvollziehen. Ich hatte früher häufig solche Gespräche, sicherlich nicht mit Huntern, aber das Problem wird beim Hunter ähnlich sein. Du machst ein Jahresgespräch, sagst: „Wir vereinbaren das jetzt für die nächsten zwölf Monate.“ Und jetzt ändert sich der Markt signifikant. Das bricht irgendwas vollkommen ein. Wie gehst du damit um? Wenn, realistisch gesehen, man sagt: Hey, der ist demotiviert, weil er sagt: „Hat überhaupt keinen Sinn.“ Wie gehst du da um?
Kreuter
Der Grundsatz in der Führung ist an der Stelle: die Ziele, die vereinbart werden, sind in Stein gemeißelt. An den Zielen schrauben wir nicht! Bei aller Liebe, wir schrauben nicht an den Zielen. Wir schrauben in dem Fall an den Maßnahmen. Yes!
Also du siehst das schön bei Würth. Würth hat als klares Ziel: zehn Prozent Wachstum jedes Jahr, und bis auf 2009 hat Würth das die letzten zwanzig Jahre geschafft. Das eine ist organisch, ja, und Würth ist dann auch einer, wenn der sieht, wir werden es organisch dieses Jahr nicht schaffen, dann kauft der ganz schnell noch eine Firma dazu, damit die zwanzig erreicht werden.
Aber die Ziele sind in Stein gemeißelt, da ist die letzten zwanzig Jahre bei Würth nichts dran geschraubt worden. Und das ist eben auch die Botschaft. Wenn wir sehen, dass etwas nicht bei uns funktioniert, dann werden die Ziele nicht korrigiert, sondern wir überlegen uns Maßnahmen, dass wir sagen: Okay, erste Quartal war gut, zweite Quartal war eine Katastrophe. Wir können aber das zweite Quartal wieder rausholen, wenn wir in den letzten beiden Quartalen noch Sonderaktionen fahren.
Und jetzt bist du als Führungskraft gefordert, dass du sagst:
„Okay, wenn wir so weitermachen, werden wir unsere Ziele nicht erreichen, also lasst uns jetzt alle mal darüber nachdenken, welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um die Ziele doch noch zu erreichen?“
Es gibt immer zwei Philosophien zu spielen in diesem Marktspiel, das eine ist: du spielst, um nicht zu verlieren. Und das andere ist: du spielst, um zu gewinnen. Ich habe im Dezember bei einem Charity-Abendessen neben einem Fußballprofi vom FC Köln gesessen, und der sprach französisch mit den Leuten, die da am Tisch waren. Und dann sagte ich: „Wo kommst du her, was machst du?“ Ja, sagte er, er spielt jetzt seit kurzer Zeit eben für Köln und vorher hat er in Großbritannien gespielt und auch in Frankreich lange Jahre. Da sage ich:
„Was ist jetzt der Unterschied in den Ligen zwischen Frankreich und Deutschland zum Beispiel?“ Da sagt er:“Ja, Frankreich, die spielen, um nicht zu verlieren.“
Ich sage: „Wie muss ich das verstehen?“ „Ja, wenn da eins zu null steht, dann mauert die Mannschaft, dass sie kein Gegentor kriegen. Die Spiele sind todlangweilig! Es gibt ganz viele Spiele, die enden mit eins zu null, oder eins zu eins.“ Und er sagt:
„In Deutschland wird gespielt, um zu gewinnen! Hier gibt es auch mal fünf zwei! Hier wird nicht nach einem eins zu null zugemacht!“
Und er sagt: „Das ist der große Unterschied!“ Und das ist eben der Unterschied, dass du an der Stelle immer spielst mit einer Hunter-Mannschaft, um zu gewinnen. Die Farmer-Mannschaften spielen oftmals, um nicht zu verlieren.
Geropp
Okay, verstehe ich. Ich überlege gerade meine Erfahrungen bei diesen Sachen bisher, weil ich halt nicht aus dem Hunter-, sondern mehr aus dem Farmer-Bereich komme. Da war es halt häufig so, dass dann gesagt wird: „Der Markt hat sich extrem gedreht!“ Und es ist wirklich was passiert, wo ich sage: „Ja, da kann er ja nun wirklich nichts dafür!“
Ich bin bei dir, dass man dann sagen müsste: „So, und jetzt müsste man die Maßnahme machen!“ Du hast aber als Führungskraft dann teilweise gar nicht das Budget dafür. Also wenn du sagst:“ Mensch, da müssten wir jetzt aber mal Gas geben.“ Im Gegenteil, dann wird gesagt:“ Huh, wir müssen sparen!“
Dann darf der nicht mal mehr zum Kunden fliegen oder sowas. Wo ich sage: Wie soll er denn irgendwas erreichen? Das geht ja nicht! Also, deswegen wollte ich das nur als Zuhörer sagen: Was redet der da? Es gibt Organisationen, da bin ich einfach in Systemen gefangen, wo ich es gerne machen würde, aber ich bekomme dann nicht die Möglichkeiten. Die werden teilweise so beschränkt, aber dann ist quasi das, was du dann sagst, der wirkliche Hunter, der sagt: „Rutscht mir den Buckel runter, dann gehe ich weg! Das mache ich nicht mit!“
Kreuter
Da sind mehrere Punkte drin: Das eine ist, als Führungskraft musst du einfach auch extrem gut verkaufen können, weil du musst jetzt deine neuen Maßnahmen deinem Chef verkaufen.
Warum der dir in einer Marktkrise, warum der dir bei Nicht-Erreichen der Ziele – trotzdem mehr Budget! Das ist Verkaufen! Du musst verkaufen können auch als Führungskraft. Dann gibt es in Deutschland etwas, das gibt es nirgendwo anders auf diesem Planeten.
2009 in der Krise wurde Kurzarbeit gemacht. Du holst Kurzarbeitgeld und so weiter. Aber ich habe dann gelesen, dass Firmen auch im Vertrieb Kurzarbeit gemacht haben, das ist so als wenn du den Motor abdrehst. Der Vertrieb ist die einzige Möglichkeit, um aus diesem Loch wieder rauszukommen! Da drehst du das doch nicht ab!
Und deswegen wünsche ich mir, dass viele Unternehmer, dass viele CEOs einfach eine andere Brille aufsetzen, nämlich eine Vertriebsbrille aufsetzen, dass sie sehen: Der Vertrieb ist einer deiner wichtigsten Maschinen. Würth sagt: Als allererstes muss das Zeug mal verkauft werden! Alles andere kommt danach! Und in Deutschland herrscht das aber oft vor, gerade Menschen, die aus dem technischen Bereich kommen. Ingenieure, die auf einmal dann CEOs werden, die sagen: „Nein, unsere Qualität muss noch besser werden.“
Geropp
Also da muss ich dir recht geben. Das ist genau das, wo ich herkomme als Ingenieur, und ich habe es auf die harte Tour mitgekriegt, dass ich heute genau das auch unterstütze, dass ich sage:
„Das Wichtigste ist, du musst verkaufen können! Alles andere ist jetzt sinnlos.“
Ich weiß aber noch, mein Vater war auch Ingenieur, und ich bin damit groß geworden, dass mein Vater gesagt hat: „Ach!“ Der hat sich manchmal auch wirklich geärgert, weil ein richtig guter Ingenieur, wo er gesagt hat, wie war der Spruch? „Finger lang gehandelt ist mehr als Arm lang geschafft!“ Das hat ihn gefuchst. Und das habe ich auch mitgenommen und erst mit der Zeit habe ich mitgekriegt: Nein, du läufst gegen die Wand. Du kannst noch das beste Produkt haben, es bringt nichts, wenn du es nicht verkauft kriegst.
Kreuter
In der Tat.
Geropp
Dirk, ich würde gerne nochmal auf diese längeren Sales Cycle, gerade Invesititonsgütergeschäft, nochmal reingehen. Wenn ich da Hunter drin habe, wobei mein Gedanke momentan wäre eigentlich ein richtiger Hunter. Gerade wenn es so jüngere sind, wo es auch noch extrem darum geht: Ich möchte auch die Anerkennung über das Geld haben. Gehen die nicht sowieso dann eher in den kurzen Sales Cycle? „Also, da bin ich nicht gedeckelt, da geht es richtig ab!“
Während wenn ich in den Investitionsgüterbereich gehe, Airbus, Walzwerke oder so was, die verkauft werden, das dauert ewig. Das frustriert den reinen, richtig harten Hardcore-Hunter ja dann eher. Das heißt dort habe ich es wahrscheinlich mit Huntern, wenn ich Hunter drin habe, dann zu tun, die ein bisschen gemäßigter sind. Wie gehe ich mit denen in einer solchen Organisation um, was die Steuerungssysteme angeht?
Kreuter
Es sind all die Tipps, die wir gerade schon besprochen haben. Die musst du dann individuell anpassen.
Also, das eine ist sicherlich auch Geld, wobei auch ein Hunter durchaus, wenn die Prämie nachher fett ist, was weiß ich, wenn Emirates dann wirklich vier A380 kauft, das ist ja Wahnsinn! Da kann die Prämie auch schon mal, das kann schon mal ein Jahreseinkommen sein, weil du dann so etwas ausschüttest. Oder du kannst an der Stelle auch mit einer Teamprämie arbeiten.
Du musst so ein bisschen aufpassen, weil das ist ja dann eine Teamleistung. Du hast Leute aus der Entwicklung, du hast Leute aus der Logistik, aus der IT und so weiter, und du hast wirklich ein Team, was nachher dafür sorgt. Aber der Hunter, der behält immer das langfristige Ziel im Auge, dass er sagt:
„Schlussendlich, Leute, müssen wir das Ding verkaufen. Komme was wolle, wir müssen dieses Ding machen! Weil, wenn wir nicht die drei A380 verkaufen, dann gefährden wir hier wirklich Arbeitsplätze!“
Also das eine ist die Prämie, das andere ist, dass du auch immer wieder die Zwischenziele feiern kannst. Dass du auch gucken kannst, zum Beispiel die geistige Brandstiftung ist ja so ein Thema, dass du auch verunsicherst. Da kannst du auch mit Spaß haben zwischendurch.
Ein Hunter hat extrem viel Spaß an solchen Elementen, der Farmer weniger, und dann hat der trotzdem Spaß, weil er bestimmt jetzt zum Beispiel wie das Ausschreibungsverfahren bei Emirates läuft. Und jetzt kann er das auch wieder /
Geropp
Macht den anderen das Leben dann schwer damit.
Kreuter
Macht den anderen das Leben schwer. Und Boeing kämpft ohne Ende und weiß nicht, wie ihnen geschieht. Das ist auch cool, Hunter funktionieren auch gut über ein Feindbild. Wenn du jetzt bei Airbus ein geiles Feindbild aufbaust, nämlich das von Boeing, dann kannst du unheimlich viel erreichen mit Huntern auch. Klares Feindbild – stehen die total drauf.
Ein guter Hunter im langen Sales Cycle, der kann nicht nur die Kurzversion, der kann nicht nur Rockmusik spielen, der kann auch Klassik, und das ist eben wichtig an der Stelle.
Geropp
Okay. Um nochmal auf den Punkt zu kommen mit dem Geld. In dem langen Sales Cycle, also bei Airbus, kann ich es da machen? Dass ich sage: Ich arbeite viel mit anderen Arten der Wertschätzung, auch mit Sachen. Aber das Geld mache ich so, dass ich sage: Das wird mehr im Team ausgeschüttet, weil ansonsten ist die Chance, dass Fehlanreize passieren, hier sehr groß.
Kreuter
Ja. Kannst du machen. Musst du jetzt extrem gut auf die Zusammenstellung des Teams achten, und du musst dieses Team auch sehr gewissenhaft führen. Da kommen noch mehrere Faktoren zu.
Also erster Faktor ist: eine Führungskraft, die eine Farmer-Mannschaft gut führt, kann normalerweise nicht eine Hunter-Mannschaft führen. Eine Führungskraft, die Hunter richtig gut führt, kommt oftmals nicht mit Farmern klar. Also, ich würde das definitiv unterteilen und sagen:
„Eine Führungkraft für das Hunter-Team, eine für das Farmer-Team.“
So, jetzt kommt noch was dazu: Ein Hunter, der mehrere Jahre seine Kunden nicht abgibt, entwickelt sich automatisch zum Farmer. Also, wenn du, was weiß ich, du packst jemanden in ein Gebiet und sagst: „Bau dir dein Gebiet auf!“ Die ersten, drei, vier Jahre baut er sein Gebiet auf und behält immer seine Kunden. Entwickelt sich automatisch zum Farmer, weil du ihm die Kunden nicht wegnimmst. Du müsstest ihm /
Geropp
Also, das wäre bei Airbus, der hätte ja das Problem.
Kreuter
Exakt. Da ist eine extreme Gefahr drin, dass der irgendwann nicht mehr richtig jagt. Der Punkt ist, der kennt nachher die Leute bei Emirates. und wenn der jetzt diese zwei, drei Deals gemacht hat, dann fährt der zum Kaffeetrinken dahin. Bei aller Liebe, der fährt zum Kaffeetrinken dahin, weil der die ja alle kennt, und jetzt jagt der nicht mehr so richtig. Jetzt wird der automatisch zum Farmer. Du müsstest ihm also immer wieder auch neue Anreize geben, dass du sagst:
„So, du kriegst nicht nur Emirates, sondern jetzt müssen wir auch für die Fluggesellschaft A, B und C, die musst du jetzt auch noch akquirieren!“
Und dann musst du ihn immer wieder treten. Du musst dafür sorgen, dass Emirates nicht irgendwie fünfzig Prozent von seinem Umsatz ausmacht, sondern Emirates muss nachher vom Umsatz, da könntest du hingehen und könntest sagen:
„So, ich drehe dir jetzt die Provision bei Emirates runter, und dafür drehe ich dir die Provision bei den Neuen hoch. So, Erstgeschäfte bei den neuen Airlines, kriegst du eine höhere Provision als Emirates-Folgegeschäfte!“
Dann hättest du wieder eine Steuerung drin, aber du musst permanent darauf achten, dass du einem Hunter neue Reize gibst, sonst wird der Hunter zum Farmer. Und das Spannende ist, aus einem Farmer machst du keinen Hunter mehr. Das Ding ist durch.
Geropp
Das verstehe ich.
Kreuter
Das wird so eine Rente.
Geropp
Also wo ich die Schwierigkeiten immer hatte, wenn zum Beispiel Software verkauft wird, also ein größeres Produkt und es ist nie ein einfaches Produkt. Ähnlich wie ein Flugzeug, es ist immer eine Anpassungs(unv.), das heißt ich habe eigentlich immer ein Team, die zusammenarbeiten.
Und da muss ich höllisch aufpassen, dass die nicht zu weit entfernt sind, denn die, die im Team sind, sind ganz weit weg vom Hunter, von der Art her, das sind Programmierer, die wollen einen super Job machen, da ist Stetigkeit vielleicht auch ganz wichtig, diese Sachen. Und das ist auch ganz wichtig, sonst kommt da Schrott raus. Die zusammenzubringen, also ein Verständnis von beiden Seiten zu haben, das finde ich, bei so einer Führungsaufgabe von so einer Sache, die große Herausforderung.
Denn wenn ich den Hunter zu sehr in die Richtung schicken, und der kommt dann zurück und sagt: „Hier, Jungs, ich habe was! Schmeißt den Tiger rein!“ „Oh Gott, ein Tiger“ „Ich bin nicht da, ich muss den nächsten Tiger holen!“ Das wird richtig heftig.
Kreuter
Okay. Da gibt es eine Lösung für. Das ist jetzt einer der wichtigsten Sätze aus diesem Gespräch, nämlich:
Koppele die Starteinheit von der durchführenden Einheit ab!
Das bedeutet, nehmen wir das Thema Software: Wir haben als Kunden jemanden, der macht eine Warenwirtschaft-Software, der hat vier Hunter, die die Akquise machen. Diese vier Hunter akquirieren die ganze Zeit. Die machen nur Erstkontakte und, und, und. Dann wird Pflichtenheft, Lastenheft erstellt. Jetzt holen die schon die ersten aus der ausführenden Einheit mit dazu. Aber es bleibt immer noch beim Hunter. Und der Hunter bleibt, bis die Unterschrift drunter ist.
Sobald die Unterschrift unter diesem Lizenzvertrag gemacht wurde, verabschiedet sich der Hunter und sagt: „So, und jetzt übergebe ich Sie unserem Team.“ Und dann ist der raus und dann geht der wieder jagen. Also, koppele die Starteinheit ab.
Geropp
Aber ganz kurz, in dem Moment muss ich schon höllisch aufpassen, dass der Hunter so eingefangen wird, dass er nicht etwas verkauft, wo die anderen sagen:
„Jetzt hat der 103 Prozent Wirkungsgrad verkauft, hat der einen Schuss?“
Da muss ich aufpassen. Nicht?
Kreuter
Ja, das passiert. Das ist das Fingerspitzengefühl. Das ist auch bei denen so. Die Verkäufer verkaufen nachher die eierlegende Wollmilchsau. Und die IT-Leute sagen nachher:
„Bist du des Wahnsinns, was hast du dem Kunden alles für individuelle Module da versprochen? Das können wir alles doch gar nicht machen.“
Und so weiter. Und du hast permanent diese Unruhe zwischen der ausführenden Einheit und der Starteinheit. Hast du!
Aber, jetzt kommen wir auch nochmal dazu. Ich habe das schon mal erzählt: die beiden Pulskurven. Es gibt eine ruhige EKG-Kurve und es gibt eine ganz wilde. Wer stirbt nachher? Der Patient mit der ruhigen. Weil der Körper ist ein Organismus, der sich immer entwickelt an den Widerständen.
Das heißt im Klartext: Als Führungskraft sorge dafür, dass da immer Unruhe ist, weil wenn da Unruhe ist, dann beschäftigen die sich mehr mit den Kunden und ihren Projekten als mit sich selber. Du musst immer dafür sorgen, dass gerade im Vertrieb, immer eine Unruhe da ist. Also habe bitte nicht das Ziel als Führungskraft, dass du sagst: Ich hätte gerne den kuscheligen Kurs, und dass bei uns alles geplant läuft. Bei uns wird nie alles geplant sein, in meinem Team auch. Mein Team kam letztens und sagt:
„Ja, es wäre schön, wenn wir manche Dinge besser planen würden.“
Und dann haben wir gesagt:
„Es wird Dinge geben, die planen wir besser, aber geht mal davon aus, ganz entscheidende Sachen werden nicht geplant, weil wir die gar nicht planen können.“
Und wir sind hier nicht eine Behörde. Ich sage mal so, die Doppelnegation ist Verwaltungsbeamter. Das ist doppelt tot, da passiert gar nichts mehr. Wenn du Verwaltungsbeamte hast, das ist überhaupt kein Leben mehr drin, sondern du brauchst an der Stelle /.
Geropp
Ganz kurz, Dirk, noch vor zwei Jahren hätte ich dir, was das angeht, absolut recht gegeben. Ich habe aber jetzt auch, zur Ehrenrettung von manchen Behörden, Behörden kennengelernt, ich arbeite auch mit einer Berufsgenossenschaft zusammen.
Natürlich sind die mehr in dieser blauen Region, aber da passiert einiges. Da gibt es die, die du beschreibst, die ich auch so kennengelernt habe, wo ich gesagt habe: „Das geht ja gar nicht!“ Und auch dort bewegt sich was. Es tut sich was! Nur zu Ehrenrettung von manchen Beamten.
Kreuter
Okay. Gut. Nehmen wir noch einen Spruch mit, den ich sehr schön finde. Steve Jobs hat damals mal gesagt, ist schon lange her, noch bevor er bei Apple gefeuert wurde, hat er gesagt: „Warum zur Marine gehen, wenn du auch Pirat sein kannst?“
Wenn du mit Huntern arbeitest, dann musst du diese Kultur pflegen. Du musst denen sagen:
„Warum willst du zur Marine gehen, wenn du auch Pirat sein kannst?“
Du musst es schaffen, dass deine Hunter immer mit einer Augenklappe rumlaufen, immer das Gefühl haben, dass sie gerade auf einem Piratenschiff unterwegs sind.
Geropp
Dirk, das finde ich ein ganz tolles Bild. Das prägt sich bei mir gerade sehr schön ein. Ich bedanke mich recht herzlich für das Interview, hat mir Riesenspaß gemacht.
Kreuter
Sehr gerne. Danke schön.
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