FPG 171 – Plötzlich Unternehmenslenker – Was nun?
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Letztes Jahr habe ich auf dem Podcast Barcamp habe ich Jan Hossfeld kennen gelernt. Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Softwareunternehmens Infosys Kommunal.
Im Jahr 2009 ist er in das Familienunternehmen eingestiegen und übernahm zuerst den Bereich Marketing und Vertrieb. Das Unternehmen zu führen, daran dachte er zu dem Zeitpunkt noch gar nicht. Aber das ergab sich schneller als gedacht.
Plötzliche Unternehmensnachfolge
Denn Ende 2010 innerhalb weniger Wochen verstarb sein Vater, der das Unternehmen aufgebaut und geführt hatte. Jetzt war trotz Trauer schnelles Handeln und flexibles Vorgehen gefragt.
Jan und seine Mutter waren gezwungen kurzfristig die Geschäftsführung zu übernehmen, um so den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Das war holprig aber es gelang. Das Unternehmen steht heute gut da und ist erfolgreich unterwegs.
Der Follow-Up.FM Podcast
Aufgrund seiner gemachten Erfahrung bei der Unternehmensnachfolge hat Jan Ende letzten Jahres einen Podcast ins Leben gerufen: den Follow-Up.FM Podcast.
Dort bespricht er Themen rund um das Thema Unternehmensnachfolge.
Vor Kurzem hatte er mich in seinen Podcast eingeladen. Wir haben uns über das Thema „plötzlich Führungskraft“ unterhalten.
Ich finde, daraus ist eine sehr spannende Episode geworden – spannend nicht nur für Geschäftsführer sondern für Führungskräfte allgemein.
Mein Gespräch mit Jan Hossfeld
Hören Sie nun im Folgenden die ersten 20 min dieses fast 1 stündigen Gesprächs. Das gesamte Gespräch gibt es in Jans Podcast zu hören: Folge 24 des Follow-Up.FM Podcasts.
Hier also die ersten 20 min mit Jan Hossfeld:
Weiterführende Links
- Folge 24 des Follow-Up.FM Podcasts
- Webseite von Jan Hossfeld
- Die Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen regeln
- Was ist kooperativer Führungsstil?
Transkribiertes Gespräch
Hossfeld:
Plötzlich Führungskraft. Was macht denn für dich den Unterschied aus zwischen, wenn jemand PLÖTZLICH ist, im Vergleich zu, dass jemand GEPLANT Führungskraft wird?
Geropp:
Also, wenn jemand PLÖTZLICH Führungskraft wird, müssen wir ja auch noch unterscheiden: Wird er plötzlich Führungskraft in einem Betrieb, den er kennt oder in einem Betrieb, wo er noch gar keine große Ahnung hat, wo er ein bisschen vielleicht hat?
Also, wir reden ja hauptsächlich im Bereich Nachfolge, wenn jetzt der Sohn oder die Tochter das Unternehmen nur so nebenher kennen, oder ob sie da schon gearbeitet haben, ob sie die einzelnen Leute kennen, ich denke, das macht einen sehr großen Unterschied aus.
Hossfeld:
Dann versuchen wir doch mal einfach, darin einzusteigen. Also, wir nehmen jetzt mal an, wir reden hier von einem Betrieb, der durchaus zumindest schon mal ein bisschen bekannt ist. Nehmen wir einfach mal mein Beispiel da als Ausgangspunkt.
Ich hatte nicht geplant, so schnell Führungskraft zu werden, das kam dann doch etwas plötzlicher. Was würdest du denn jemandem, der in der Situation ist, als erstes zu tun raten?
Geropp:
Also, wenn es ein Unternehmen ist, was momentan schon stabil läuft, dann würde ich mir Zeit nehmen. Nehmen wir mal an, ich habe da einen Laden mit zehn, zwölf, 15, 20 Leuten auf einmal, wie bei dir, ich glaube, bei dir ist der Vater gestorben, ne?
Hossfeld:
Genau.
Geropp:
Dann ist die Frage: Läuft das Unternehmen momentan stabil? Das ist die eine Geschichte. Die zweite Sache: War der Unternehmer vorher sehr stark im Operativen involviert? Muss ich also diese Rolle auch übernehmen? Oder hat er nicht IM, sondern bereits mehr AM Unternehmen gearbeitet?
Hossfeld:
Spannend.
Geropp:
Hat er im Unternehmen gearbeitet hat, dann habe ich viel mehr Zeit und Muße, mir zu überlegen: Wenn nicht: dann muss ich eigentlich erst mal lernen: Wie läuft der ganze Laden? Selbst wenn ich schon mal drin war, ich habe dann Zeit, meine Rolle / mich wirklich mit Visionen zu beschäftigen, mit Zielen, wie laufen die Abläufe? Welche Leute sind das? Weil ich kann das Unternehmen ja quasi erst mal ein paar Wochen auch so laufen lassen. Das läuft auch ohne mich.
Wenn jetzt aber das Unternehmen zum Beispiel bereits in der Krise ist, oder mein Vorgänger, also mein Vater oder meine Mutter jetzt tätig waren, dann suchen die Mitarbeiter ja: Der fehlt jetzt. Wir brauchen einen Entscheidungsträger. Wer entscheidet jetzt im Operativen? Und dann ist das eine ganz andere Situation. Da muss ich viel schneller ins kalte Wasser rein und werde mir auch sicherlich blutige Nasen holen.
Hossfeld:
Meiner Erfahrung nach ist es so, dass eine Katastrophe selten alleine kommt. Also, diese Idee, dass vielleicht der ideale Ausgangspunkt erreicht ist, alles läuft, und er war nun nicht mehr operativ tätig, das erscheint mir ein bisschen fremd, das war bei uns definitiv nicht so. Also, was ist mein erster Schritt, wenn es eben nicht ideal ist?
Geropp:
Ich glaube, der erste Schritt ist erst mal zu sehen: Okay. Sehr schnell dann einen Überblick zu bekommen: Was ist wichtig, was ist nicht wichtig? Also auch da geht es eigentlich darum: Wie steht es um das Unternehmen momentan? Welche Entscheidungen müssen wirklich gefällt werden? Welche kann ich auch aussitzen, oder kann sagen:
„Uninteressant. Nicht wichtig momentan, kümmere ich mich in vier Wochen darum.“
Das sind, glaube ich, die entscheidenden. Und dazu gehört jetzt / Jetzt kommt es halt auch darauf an. Wie stark bin ich schon involviert? Wen kenne ich? Bei wem kann ich quasi mir auch Unterstützung oder Hilfe holen, wenn ich jetzt auf einmal plötzlich in dieser Situation bin, dass da auf einmal ständig in der Tür fünf Leute stehen:
„Ja, wir müssen das und das. Ich muss aber hier die Bleistifte kaufen.“
Ich übertreibe jetzt. Wo ich dann weiß: Okay, das ist nicht wichtig. Oder, dass: „Dann kaufen Sie die.“ „Ja, ich muss aber hier …“ – „Machen Sie.“
Ich muss diese Sachen so ein bisschen erst mal herauskriegen: Was ist wirklich wichtig momentan? „Ja, da ist der ganz wichtige Kunde, der macht 30 Prozent unseres Umsatzes.“ Der hat Wichtigkeit. Denn das kann mir das Genick brechen, wenn ich mich nicht um diese Sache dann kümmere. Also, da muss ich quasi sehr schnell in diesem Helikopter sein, schauen: Wo muss ich wirklich ins Detail runter? Und wo kann ich etwas laufen lassen, was vielleicht auch mal kaputtgeht? Aber wo darf nichts kaputtgehen?
Hossfeld:
Gibt es dazu irgendwelche Best Practices, wie man da eine gute Entscheidung treffen kann, oder ist das reines Ausprobieren und gegebenenfalls auch Scheitern?
Geropp:
Also, nochmal: Vorausgesetzt, du hast diese Situation plötzlich, du kennst den Laden nur vordergründig, bist jetzt nicht so im Tiefen drin, dann wirst du Fehler machen. Und das gehört auch dazu.
Es ist viel wichtiger, dass du, meiner Ansicht nach, dann in dem Moment dir sehr schnell einen Überblick verschaffst und sehr schnell für dich abklärst: Was ist wichtig? Wer sind die Wichtigen? Auf wen kann ich mich verlassen? Wo muss ich mich wirklich im Detail darum kümmern?
Weil, dein größtes Problem in so einer Situation ist: Du hast nur 24 Stunden. Effektiv. Ja. (lacht) So effektiv einsetzen. Und diese Effektivität bedeutet, dass du wahrscheinlich, weil du halt dir sehr viel Informationen noch fehlen, auch Fehler machst. Das musst du dir einfach dann verzeihen in dem Moment. Ich formuliere es mal so.
Hossfeld:
Okay. Wir haben 24 Stunden Zeit. Es gibt aber doch bestimmt so Kardinalsfehler, die man definitiv vermeiden sollte in dieser Rolle?
Geropp:
Sagen wir mal so. Wenn du noch nie geführt hast, dann gelten für dich da mit Sicherheit auch dann die typischen Schwierigkeiten, die jede Führungskraft hat, nur halt noch mal ein bisschen aufgedreht, noch mal ein bisschen schwieriger. Dazu gehört: Du bist derjenige, gerade in so einem kleinen Unternehmen, wo der Chef dann auch noch operativ tätig war. Du hast auch die Unternehmerrolle. Du musst eigentlich wissen: Was macht das Unternehmen?
Du musst dir Fragen beantworten können: Worum geht es denn in unserem Unternehmen? Was ist unser wirklicher Nutzen draußen am Markt? Wie stehen wir? Wie sind wir positioniert? Was treibt meine Mitarbeiter an? Wie schätze ich diese Mitarbeiter, gerade wenn es ein kleiner Laden ist, ein? Wer ist wirklich wichtig, wer ist für das Fortkommen, für das Weiterbestehen kurzfristig für das Unternehmen schön, aber nicht so EXTREM entscheidend?
Diese Sachen muss ich relativ schnell hinkriegen, mich damit beschäftigen. Also ein Kardinalfehler wäre, wenn ich da den Fehler mache, glaube, es gibt einen Punkt, den ich jetzt nur betreiben kann, so wie ein typischer Sachbearbeiter. Das ist es nicht mehr. Du musst sehr schnell lernen, sehr viele Sachen parallel zu machen und sehr schnell Entscheidungen zu treffen: Was ist wichtig und was ist weniger wichtig?
Die andere Sache ist: Du musst dich hüten davor, zu mikro-managen. Also, wenn du in so einer Situation bist, und du sagst:
„Ja, das hat mein Vater immer so und so gemacht, aber das verändere ich jetzt.“
Das kannst du kurzfristig nicht. Du musst das erst mal so laufen lassen, wie es bisher ging, um reinzuwachsen. Also, zu viele Sachen zu verändern, gerade am Anfang, ist mit Sicherheit nicht sinnvoll. Du verunsicherst die ganze Organisation damit, weil die kennen dich ja auch noch nicht. Und du hast noch gar nicht wirklich den Überblick.
Das heißt, also mit irgendwelchen Veränderungen würde ich extrem erst mal nach hinten warten, bis ich wirklich einen sauberen Überblick habe, bis ich verstanden habe, wie die Menschen ticken in dem Unternehmen, die Organisation, wie das Geschäftsmodell richtig funktioniert, nicht oberflächlich, sondern richtig tiefgehend, und erst dann würde ich Veränderungen oder so was dann anstoßen.
Eine ganz wichtige Geschichte, glaube ich, ist, wenn ich nicht gerade wirklich in einem Unternehmen bin, was kurz davor ist, pleite zu gehen, muss ich höllisch darauf achten, dass die Fakten wichtig sind, aber ich darf mich um Gottes Willen nicht nur auf die Fakten verlassen.
Hossfeld:
Wie meinst du das, wenn ich mal kurz nachfragen darf?
Geropp:
Du musst dich für die Menschen interessieren, für das Team: Wie funktioniert das? Wie motiviert sind sie? Was motiviert die? Wie agieren sie miteinander? Was treibt sie an? Damit ich weiß, wie ich mit denen sprechen muss, wie ich an die herankomme. Was ist denen wichtig? Wenn denen bestimmte Sachen wichtig sind, die mir nicht wichtig sind, ich weiß das aber nicht, kann ich wie so ein Elefant im Porzellanladen unter Umständen herumlaufen. Das ist nicht sehr geschickt.
Hossfeld:
Beißt sich da aber nicht so ein bisschen die Katze in den Schwanz? Also du sagtest ja, man sollte behutsam vorgehen, nicht so viele Änderungen machen. Nur leider hat man vielleicht nicht unbedingt das Glück, in einer guten Situation zu sein, und die Definition von Wahnsinn ist es, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten, oder?
Geropp:
Das ist richtig. Deswegen sage ich: Da ist ein großer Unterschied. Es ist ein Unterschied, ob ich in ein Unternehmen hereinkomme, was halbwegs stabil läuft, oder ob ich in einem Unternehmen bin, wo ich was herumreißen muss. Habe ich noch zwei Wochen, sonst gehe ich in Konkurs, oder habe ich eine Zeitspanne von einem halben Jahr oder einem Jahr? Das ist ein Riesenunterschied für die entsprechenden Entscheidungen, und für meine Überlegung, was zu tun ist.
Wenn ich wirklich nur noch zwei Wochen oder vier Wochen Zeit habe, rein vom: Ich sehe die Zahlen und sage:
„Das sind eure Umsätze, das sind die Außenstände. Können wir raten, das kann ja nicht gut gehen. In den nächsten zwei, drei Wochen sind wir pleite hier.“
Dann muss ich ganz anders agieren, dann habe ich nicht die Zeit, dann bin ich wirklich so fokussiert auf die Fakten und muss unter Umständen sehr harte Entscheidungen sehr schnell treffen. Die können auch falsch sein, ja. Meistens, denke ich, wird das aber nicht der Fall sein, wenn ich ein Unternehmen habe, dann habe ich wahrscheinlich eher so, sagen wir, zumindest ein halbes Jahr oder ein Jahr Zeit.
Und dann ist es geschickter zu verstehen: Was macht das Unternehmen denn momentan aus? Wie funktionieren die Leute? Wie funktioniert das gesamte System, um das zu verstehen? Und dann zu überlegen: Okay, was kann ich verändern, oder was ist sinnvoll zu verändern? Und wo muss ich aufpassen?
Ich gebe dir ein Beispiel. Der Unternehmer vorher hat extrem autoritär geführt. Das heißt, jede Kleinigkeit ist über seinen Schreibtisch gegangen. Er hat alles abgeklärt. Hat auch irgendwie funktioniert und du sagst: „Ja, das ist nicht meine Art zu führen. Das möchte ich nicht, will ich nicht, und, und.“ Wenn du jetzt dann reingehst und sagst:
„Wir machen alles anders hier. Ihr habt alle Freiheiten, wir führen jetzt nur noch mit Zielen, den Weg, den gebe ich gar nicht mehr vor.“
Wenn du da dann Leute hast, die 20 Jahre unter dem anderen autoritären Chef gearbeitet haben, die sind vollkommen perplex. Die wissen damit unter Umständen gar nicht umzugehen. Das heißt: Du machst hier einen Change, da musst du viel vorsichtiger vorgehen. Du kannst das Ding nicht von 12:00 Uhr auf 06:00 Uhr rumdrehen innerhalb von ein, zwei Wochen.
Hossfeld:
Ja, das ist richtig. Also, ich habe die Erfahrung gemacht, gerade dieses Beispiel, das du genannt hast, kommt mir sehr bekannt vor. Da würde ich auch gerne noch mal einhaken.
Du sagtest, es macht einen großen Unterschied, ob derjenige vorher noch operativ mitgearbeitet hat, gerade bei kleinen Unternehmen ist das, denke ich, mehrheitlich immer noch der Fall, dass der Geschäftsführer, der Unternehmer, selbst noch operativ mitarbeitet, das war bei uns auch so. Jetzt kommt jemand wie ich, der GAR nicht vom Fach ist, der zwar im Unternehmen war, aber nicht von dem Fach. Also der nicht den Ausgefallenen ersetzen kann, fachlich. #00:14:49-7#
Geropp:
Ja.
Hossfeld:
Wie machen wir das?
Geropp:
Also, ja, das ist natürlich eine kritische Situation, da müssen wir uns überlegen. Die meisten Geschäftsführer, sagen wir, von so einem Betrieb mit fünf, zehn, 15, 20 Mitarbeitern, die sind, wie du schon sagst, häufig noch operativ tätig. Und da ist meistens das Letzte, was die abgeben, wenn sie / oder beziehungsweise, was sie in jedem Fall noch in der Hand haben, das ist die Funktion des Vertriebsleiters. Nicht nur das Netzwerken, sondern auch wirklich bei den Kunden den großen Vertrag noch reinholen und so was, das macht meistens der Geschäftsführer.
Und das ist verdammt schwer, wenn ich jetzt plötzlich da reinkomme, nicht die Kontakte habe, vielleicht nicht mal vom Fach bin, das zu übernehmen, das ist verdammt schwierig. Die andere Möglichkeit, ich komme gleich darauf, wie man das dann vielleicht machen könnte, die andere Sache, die ich auch noch sehe, ist gerade, wenn es ein technisches Unternehmen ist, wo auch ein bisschen Entwicklung dabei ist, oder solche Geschichten, da ist der Geschäftsführer dann häufig auch noch mit dabei, gerade wenn es ein Ingenieur ist. Es ist dann der beste Entwickler, als Entwicklungsleiter noch vorhanden, und das ist auch nicht einfach. Ich habe da auch gerade so im Kopf so einen, der 20 Jahre lang so was aufgebaut hat, im Bereich Sensoren, der kennt alle. Also, vom Vertrieb her wie auch von der Technik her ist er unheimlich tief drin.
Der Vorteil bei der Entwicklung oder bei der Technik ist allerdings, dass dort sich doch schneller Leute aufgebaut haben im Unternehmen, die auch relativ viel wissen. Man hat die dann meistens nicht in einer Person mehr, aber es gibt mehrere Personen, wo sich die Sache verteilt hat. Das heißt, wenn ich da neu reinkomme plötzlich, habe fachlich nicht die Ahnung, nehme ich mir mehrere Leute, entscheide dann, aber lasse mich von denen briefen. Die Chance habe ich, wenn es um die Entwicklungsleitung geht. Kurzfristig funktioniert das. Langfristig muss man schauen, muss man sich wahrscheinlich jemanden aufbauen, aber um kurzfristige Sachen hinzukriegen, das Unternehmen weiter laufen zu lassen, denke ich, funktioniert das.
Beim Vertrieb, wie schon gesagt, ist das schwieriger. Häufig ist es sogar so, es kommt jetzt darauf an, dass es gar keinen richtigen Außendienst bei manchen gibt, mit zehn Mitarbeitern. Das hat alles der Geschäftsführer gemacht. Und dann ist es richtig heftig für den Neuen, weil er muss sehr schnell die wichtigen Kunden, mit denen Gespräche machen, versuchen, sehr schnell diese Sache zu lernen, wenn nicht jemand im Unternehmen ist, der ihn da wirklich unterstützen kann in dieser Richtung.
Hossfeld:
Wie war das denn bei dir, Jan?
Geropp:
So ähnlich. Also, wir haben mehrere Leute gehabt, die technisch sehr, sehr weit sind und auch fachlich, die also im Verbund letztendlich meinen Vater ersetzt haben, der vorher effektiv der Entscheider über die Architektur war. Also, das hat soweit funktioniert. Vertrieb hatte ich vorher schon angefangen mitzumachen, nicht besonders strukturiert, aber auf jeden Fall schon mal da, es war schon eine gewisse Kontaktpflege nach außen.
Hossfeld:
Ja, okay. Weil da hängt natürlich gerade, also, das ganze Unternehmen hängt natürlich extrem am Vertrieb. Wenn ich also jetzt in diese Rolle als Neuer reinkomme und gar keine Affinität habe zum Vertrieb, ich muss jetzt nicht der Extrovertierte sein, aber ich darf keine Angst haben, ich darf jetzt nicht, wie soll ich sagen, ein typischer Entwickler sein, oder ein Programmierer, der:
„Um Gottes Willen, lass mich in Ruhe, ich will nur programmieren.“
dann wird es verdammt schwierig. Ich muss eine gewisse Art haben, gelernt haben, auch auf Leute zugehen zu können. Ich muss nicht unbedingt Kaltakquise machen in der Art, aber ich muss diese Art haben. Wenn ich sie nicht habe, dann ist es richtig heftig, wenn ich so eine Unternehmensnachfolge annehme.
Geropp:
Zumindest in der Größe würde ich das auf jeden Fall unterschreiben. Also, ich glaube, die Rolle war auch die beste, die ich übernehmen konnte. Also der komplette Networking-Bereich, weil Technik konnte ich jetzt nicht mehr lernen, das, haben aber auch Leute, die gut sind.
Hossfeld:
Das kann ich mir gut vorstellen, ja. Das macht Sinn. Da hätte ich aber jetzt noch eine spannende andere Frage, weil eine Sache, die mir aufgefallen ist, an guten Ratschlägen mangelt es nicht, und an vielen, vielen Leuten, die glauben, einem etwas sagen zu können, auf wen sollte man denn hören, auf wen nicht?
Geropp:
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, im Endeffekt musst du unterscheiden zwischen den Leuten, mit denen du sprichst, die von dem System kommen, in dem System sind, also in dem Unternehmen sind, oder an dem Unternehmen interessiert sind, wie Lieferanten, Kunden, weil die haben alle auch bewusst oder unbewusst ein Eigeninteresse. Das muss ich immer im Kopf haben. Das kann ich mir anhören, sollte ich mir anhören, ich muss aber das immer im Kopf haben.
Es ist günstig, einen oder mehrere Mentoren, guten Freund, zu haben, mit dem man Sachen einfach da mal besprechen kann, wo man weiß, dass derjenige keine Interessenkonflikte in irgendeiner Weise hat. Das kann ein befreundeter Unternehmer sein, das kann wirklich ein Coach oder so was sein, aber es muss so sein, dass der diese Position auch wirklich versteht. Das heißt, wenn ich hier von einem Coach rede, dann meine ich nicht jemanden, der jetzt eine tolle Coaching-Ausbildung gehabt hat, sondern der / Du brauchst wirklich eigentlich mehr eher so in Richtung wie einen Mentor oder jemanden, mit dem du als Gleichgesinnten dich austauschen kannst, der dich versteht.
Du musst die Tipps von dem auch nicht annehmen, aber du kannst dich austauschen, alleine, wenn du deine Gedanken dann mal ordnest und mit so jemandem sprichst, hilft das schon extrem. Das ist eine andere Sache, er hört dir auf einer anderen Ebene zu, weil er weiß:
Er oder sie, ich rede immer von er, aber es kann genauso eine Sie sein, weil er oder sie dann weiß, wie du dich fühlst, weil er oder sie genau in dieser Situation auch schon mal war, weil sie eben auch schon mal Geschäftsführer waren, die vielleicht auch eine ähnlichen Situation schon mal durchgemacht haben. Das, glaube ich, ist dann wichtig. Und dann, im Endeffekt bist du alleine. Im Endeffekt musst du dann entscheiden. Das ist das Los jeder Führungskraft. Und du wirst nie genügend Informationen haben. Irgendwann musst du die Entscheidung treffen und dazu stehen.
Hossfeld:
Also, ich hoffe, dass ich das einfach noch mal betonen kann. Also, für die Leute, die uns jetzt zuhören, das mit dem Mentoring ist ein Wahnsinnsthema. Ich muss dazu unbedingt noch eine eigene Episode machen, weil ich hatte vor einiger Zeit eine Episode, in der ich darüber gesprochen habe, wie sich diese neue Rolle auf deine Freunde auswirken kann, und bei allem Respekt vor meinen Freunden, sie sind als Mentoren an dieser Stelle nicht immer geeignet, weil sie einfach nicht die gleichen Dinge sehen, wie du schon sagtest.
Geropp:
Absolut. Und auch so gut, so wichtig das ist, dass du mit deinem Team über bestimmte Sachen sprichst, irgendwo ist es so, dass sie dich nicht wirklich verstehen können. Das heißt nicht, dass es nicht wichtig ist und nicht auf die Tipps zu hören ist, aber es gibt bestimmte Sachen, da ist ein Unterschied zwischen jemandem, der Unternehmer ist und jemandem, der Angestellter ist.
Und wenn du nie Unternehmer warst, nie diese Verpflichtung eingegangen bist, die Verantwortung hattest oder auf Sicht warst und du sagst:
„Das kann auch schiefgehen, dann bin ich platt hier, und mein ganzes Unternehmen und meine Mitarbeiter und alles.“
Wer das nicht wirklich mal für sich mitgemacht hat, das ist was anderes. Das können viele nicht so ganz nachvollziehen, ist mein Eindruck.
Und eine Sache, die ist, glaube ich, da auch ganz wichtig: Gerade, wenn ich als junger Mensch in so eine Situation reinkomme, und bisher eigentlich ein schönes, so wie du sagst, ein nettes Umfeld hatte, gute Freunde, und jetzt überlege: Jetzt bin ich ja so viel in dem Unternehmen, ich will, dass sie mich auch mögen. Das ist falsch. Du bist als Unternehmer wie auch als Führungskraft nicht der beste Freund deiner Mitarbeiter. Wenn es sich ergibt, ist das schön, das ist aber nicht das Ziel.
Das Ziel muss sein, dass du fair bist, dass du verlässlich bist, aber du musst auch mal Entscheidungen treffen, die gut für das Unternehmen sind, die aber vielleicht schlecht für einen Mitarbeiter sind. Das heißt, die Mitarbeiter müssen sich auf dich verlassen können, dass du verlässlich bist, dass du das tust, was du sagst, das nach bestem Wissen und Gewissen entscheidest, aber das bedingt in manchen Fällen, dass da auch Freundschaften daran kaputtgehen können. Das ist schwer, weil im Endeffekt heißt das: Du bist zwar im Unternehmen mit vielen Leuten zusammen, aber im Endeffekt bist du alleine.
Hossfeld:
Ja, das ist richtig. Ich habe persönlich gute Erfahrungen damit gemacht, tatsächlich Freunde einzustellen und auch Bekannte. Würde das auch nicht jemandem abraten. Es gibt viele Menschen, die davon abraten. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht.
Geropp:
Ich auch. Kann ich auch ganz klar sagen. Wenn die Freunde verstehen, welche Rolle du hast, und wenn du verstehst, welche Rolle du hast. Dann kann das gut funktionieren.
Hossfeld:
Richtig. Man muss da einfach, denke ich, auch sehr offen miteinander kommunizieren und auch klar sagen: „Okay, hier ist vielleicht eine Grenze erreicht, hier ist auch eine Verständnisgrenze erreicht“, und da muss man halt damit umgehen lernen. Ist auch für beide Seiten ein spannender Lernprozess.
Geropp:
Absolut, richtig. Nur, es kann auch falsch laufen dann. Also, wenn entweder du oder der Freund nicht versteht, welche Rollen ihr spielt, und die Grenzen nicht akzeptiert, dann kann das schieflaufen, und dann muss man sich vielleicht auch trennen. Dann kann auch eine Freundschaft daran kaputtgehen.
Das inspirierende Zitat
„Oft hilft einem die Not, Dinge zu entscheiden, fü rdie man vermeintlich im alltäglichen Leben keine Kraft besitzt.“
Raffaele Marti
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