Führen durch Fragen? Verhören Sie Ihre Mitarbeiter oder führen Sie wirklich?
Fragen stellen ist hervorragend geeignet, um Mitarbeiter zu führen.
Führen durch fragen? Ja, aber Sie müssen die Fragen richtig formulieren und einsetzen. Andernfalls bewirken Sie das genaue Gegenteil von dem, was Sie erreichen wollen.
Sie müssen darauf achten, dass Ihre Fragen zielführend sind, aber gleichzeitig respektvoll ankommen.
Was ist eigentlich das Ziel Ihrer Fragen?
Je nach Situation gibt es verschiedene Ziele. Sie fragen, um Informationen zu erhalten oder um zu erfahren, wie der Stand eines Projektes ist oder um Ihren Mitarbeiter weiter zu entwickeln bzw. zu coachen.
Sie können mit den richtig gestellten Fragen aber auch moderieren, Besprechungen lenken und Konflikte schlichten.
Sie können unterstützen, Vertrauen wecken, Feedback geben, motivieren oder Mitarbeitern helfen, die eigenen Tätigkeiten zu reflektieren.
Es ist erstaunlich, was Sie alles mit unterschiedlichen Fragearten erreichen können.
Der negative Einsatz von Führen durch Fragen
Mit Fragen können Sie allerdings auch Druck ausüben, Macht demonstrieren und Angst und Schrecken verbreiten.
In manchen Unternehmen erlebe ich Manager, denen das gar nicht bewusst ist. Die merken nicht, wie dominant und bedrohlich sie durch ihre Fragen auf Ihre Mitarbeiter wirken.
In manchen Situationen fühlen sich viele Mitarbeiter wie in einem Polizeiverhör. Sie versuchen verzweifelt einen Sachverhalt zu erklären, werden aber immer wieder durch kurze bohrende Fragen des Vorgesetzten unterbrochen.
Obwohl vom Chef nicht gewollt, fühlt sich der Mitarbeiter im Laufe des Gesprächs zunehmend bedroht und in die Enge gedrängt. Schauen Sie sich das Video an:
Schießen Sie nicht mit Fragen!
Wenn beispielsweise ein Projekt schief gelaufen ist und Sie sprechen den verantwortlichen Mitarbeiter darauf an, vermeiden Sie eine Fragetechnik, bei der Sie kurze Fragen in rascher Folge stellen.
Das geschieht häufig besonders dann, wenn Sie ungehalten oder unter Zeitdruck sind. Vermeiden Sie dieses „Rapid Fire“ von Fragen unbedingt.
Eine Frage ist genug. Lassen Sie Ihrem Mitarbeiter Zeit zum Nachdenken und geben Sie ihm die Ruhe die richtige Antwort zu finden.
Entschärfen Sie kritische Fragen!
Je kürzer Sie Ihre Frage formulieren, umso bedrohender wird sie durch Ihren Mitarbeiter wahrgenommen.
Ein Beispiel für diese kurze Fragen in solchen Situationen ist:
„Warum haben Sie so entschieden?“
Stattdessen könnten Sie die Frage mit einer persönlichen Aussage einleiten:
„Ich verstehe, dass Sie da in einer schwierigen Situation waren. Was führte denn dazu, dass Sie die Entscheidung so getroffen haben?“
Diese Art der Frage löst weniger Angst und Abwehr aus.
Schließlich wollen Sie Informationen, Sie wollen helfen oder verstehen – aber nicht erschrecken, demotivieren oder Angst verbreiten.
Offene Fragen
Wollen Sie einer Sache auf den Grund gehen, stellen Sie offene Fragen. Das sind Fragen, die Ihr Mitarbeiter nicht mit einem kurzen Statement oder einfach mit ja oder nein beantworten kann.
Mit offenen Fragen erhalten Sie in der Regel nicht nur mehr Informationen sondern bekommen auch einen Einblick in Motive, Bedürfnisse, Meinungen und Ängste Ihres Gegenübers.
Dadurch fördern offene Fragen auch eine gute Beziehung – zumindest wenn Sie Ihrem Mitarbeiter während seiner Antwort wertschätzend und aktiv zuhören.
Warum Fragen
„Warum?“-Fragen sind auch offene Fragen. Sie sollten damit allerdings vorsichtig umgehen.
„Warum ist Ihr Projekt schief gelaufen?“
Eine solche Frage nach dem Warum drängt die meisten Menschen in die Defensive. Sie löst Rechtfertigungsdruck aus.
Deswegen besteht häufig die Gefahr, dass Sie Ihr Gespräch mit Warum-Fragen in endlose Begründungsschleifen steuern und sich nur noch mit Problemen und der Vergangenheit beschäftigen.
Wenn möglich, vermeiden Sie „Warum?“ zu fragen. Fragen Sie stattdessen beispielsweise:
„Was können wir daraus lernen? Wie machen wir es in Zukunft besser?“
Kluge Antworten und weise Fragen
Der ägyptische Schriftsteller Nahgib Mahfuz hat es hervorragend auf den Punkt gebracht:
„Ob ein Mensch klug ist, erkennt man an seinen Antworten. Ob ein Mensch weise ist, erkennt man an seinen Fragen.“
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir immer die richtigen Fragen stellen…