Wer fragt, der führt oder wer führt, der fragt?
Jeder gute Vertriebsmann weiß: Wer fragt, der führt. Das ist ein alter Hut.
Und trotzdem ist vielen Führungskräften nicht bewusst, wie wichtig und hilfreich, aber auch machtvoll richtiges Fragen sein kann.
Natürlich sollen Sie im Mitarbeitergespräch Ihren Mitarbeiter zu Wort kommen lassen.
Stellen Sie Fragen – aber stellen Sie sie richtig.
Aber was sind die richtigen Fragen und worauf sollte man da als Führungskraft achten? In diesem Video gebe ich Ihnen einige Tipps mit Beispielen zu Fragetechniken:
Offene Fragen versus geschlossene Fragen
Im Mitarbeitergespräch sollten Sie als Führungskraft viele Fragen stellen. Denn nur so erfahren Sie die wichtige Dinge.
Aber was ist eigentlich das Ziel Ihrer Fragen?
Je nach Situation gibt es verschiedene Ziele. Sie fragen, um Informationen zu erhalten oder um zu erfahren, wie der Stand eines Projektes ist oder um Ihren Mitarbeiter weiter zu entwickeln bzw. zu coachen.
Sie können mit den richtig gestellten Fragen aber auch moderieren, Besprechungen lenken und Konflikte schlichten. Sie können unterstützen, Vertrauen wecken, Feedback geben oder Mitarbeitern helfen, die eigenen Tätigkeiten zu reflektieren.
Egal um was es geht. Der wichtigste Tipp dabei ist: Stellen Sei offene Fragen, keine geschlossenen. Was bedeutet das? Eine offene Frage lässt sich nicht mit ja oder nein beantworten.
Eine geschlossene Frage ist beispielsweise:
„Haben Sie das Projekt XY beendet?“
Eine offene Frage ist:
„Wie ist denn aktuell der Stand des Projekts XY?“
Sie erkennen an diesem Beispiel sicher, dass Sie mit einer offenen Frage wesentlich mehr und tiefergehende Informationen erhalten.
Mit offenen Fragen erhalten Sie in der Regel auch nicht nur mehr Informationen sondern bekommen auch einen Einblick in Motive, Bedürfnisse, Meinungen und Ängste Ihres Gegenübers.
Dadurch fördern offene Fragen auch eine gute Beziehung – zumindest wenn Sie Ihrem Mitarbeiter während seiner Antwort wertschätzend und aktiv zuhören.
Fragetechniken im Mitarbeitergespräch
Den Machtcharakter von Fragen erkennt man eindrucksvoll bei Verhören, wie sie in Krimis dargestellt werden.
Ein Verdächtiger wird beispielsweise von einem Polizisten ausgefragt. Durch schnell hintereinander folgende, kurze Fragen baut der Polizist Druck auf.
Der Verdächtige gerät immer mehr in eine defensive Rolle, in der er sich verzweifelt versucht zu rechtfertigen.
Wer fragt, der führt! Ähnlich geht es dem armen Mitarbeiter, der sich nach seiner Präsentation vor der Geschäftsführung den drängenden Frage-Attacken des Vorsitzenden erwehren muss.
Wer fragt der führt? Fragen als Machtdemonstration
Manche Führungskräfte setzen diese bedrängenden Fragen bewusst zur Demonstration Ihrer Macht ein.
Anderen ist aber in solchen Situationen gar nicht bewusst, dass Sie viel zu dominant auftreten und als bedrohlicher Ausfrager und Angreifer wahrgenommen werden. Das ist fatal.
Ein solches Verhalten wird als wenig wertschätzend wahrgenommen und löst bei den Mitarbeitern häufig Angst, Demotivation oder Frust aus.
Wenn autoritäre Fragetechniken von Vorgesetzten gar zur Unternehmenskultur wird, führt das zu Unterwürfigkeit und Duckmäusertum. Innovation, Querdenken und Engagement können Sie in solchen Unternehmen vergessen.
Wie kann man Fragen entschärfen?
Aber wie kann man mehrere Dinge auf einmal erfragen, ohne dass die Fragesituation wie ein Verhör wirkt? Da gibt es mehrere Möglichkeiten.
Als Wichtigstes: Lassen Sie den Anderen ausreden und bauen Sie Pausen zwischen den Fragen ein. Denken Sie daran: Je kürzer eine Frage formuliert wird, desto bedrängender wird sie vom gegenüber erlebt.
Sie entschärfen Ihre Fragen dadurch, dass Sie zumindest einige Ihrer Fragen mit einer persönlichen Aussage einleiten. Statt:
„Warum haben Sie diese Entscheidung so getroffen?“
sagen Sie:
„Mir scheint, dass Sie da in einer schwierigen Situation waren. Was führte denn dazu, dass Sie die Entscheidung so getroffen haben?“
Auch können Sie den Hintergrund Ihrer Frage kurz in ein bis zwei Sätzen vorausschicken bevor Sie die eigentliche Frage stellen. So attackieren Sie Ihre Mitarbeiter nicht mit ständigen kurzen Fragen.
Vermeiden Sie mit „warum?“ zu kontern!
Achten Sie auch auf das klassische „warum?“. Kombiniert mit einer kurz formulierten Frage wirkt es fast immer wie ein Angriff.
Als Ein-Wort-Frage konfrontieren Sie mit „Warum?“ maximal. Sie können schließlich jede Antwort mit „Warum?“ kontern. Vermeiden Sie das unbedingt.
Wertschätzung bei Fragen
Mit Fragen lassen sich Gespräche strukturieren und steuern. Auch können Sie Andere hervorragend durch gezielte Fragen zum Nachdenken bringen.
Das funktioniert aber nur, wenn Ihr Gegenüber fühlt, dass er von Ihnen wertgeschätzt wird. Mit einem Fragen-Stakkato werden Sie das nicht erreichen.
Der ägyptische Schriftsteller Nahgib Mahfuz hat es hervorragend auf den Punkt gebracht:
„Ob ein Mensch klug ist, erkennt man an seinen Antworten. Ob ein Mensch weise ist, erkennt man an seinen Fragen.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie immer die richtigen Fragen stellen…
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